Palladianesimo

In einer zurückliegenden Rezension der hier vorliegenden – und das sei gleich gesagt: hervorragenden – Arbeit über Rezeption und Wirkung der Schrif­ten und Bauten Andrea Palladios in der weiteren Welt, endet der Autor mit der Hoffnung, Werner Oechslin könne doch die Menge des vorliegenden Materials zur gegenwärtigen Palladio-Wirkung zu einer weiteren Publikation nutzen. Nun, in der deutschen Ausgabe hat Oechslin diesen Hinweis aufgegriffen. Zwar nicht in einer erhofften zweibändigen Ausgabe, aber immerhin fügte er dem italienischen Original „Palladianesimo. Teoria e Prassi“ von 2007 hinten ein paar Seiten mit Blick auf die letzten Jahre an. Davor erhalten wir einen Einblick in die Welt Palladios und seiner Nachfolge. Man glaube nun nicht, Oechslin hätte sich aus sekundärer Quelle bedient, das meiste Textliche, alle Drucke und Stiche sind Büchern seiner Bibliothek entnommen. Weil ihm offenbar die Lektüre so nahe und wohlsortiert vor Augen ist, schöpfte er tief und ohne Rücksicht auf uns Halbgebildete; die vielleicht kein Italienisch oder Französisch lesen können.

Zentrales Anliegen Oechslin ist es, die in der Palladio-Rezeption schon früh einsetzende Trennung in Theorie (Quattro libri) und Praxis (Bauten) aufzuheben, um die bis zur Moderne anhaltende rein stilistische, wie andererseits rein typologische Beschäftigung mit dem Werk als einen Irrweg zu entlarven. Zwar arbeitete Palladio in der systematischen Abfolge von Aufmessen, Verstehen und Aufzeichnen, doch hieraus eine allgemeingültige Grammatik entwickeln zu wollen, wie wir sie bei Vitruv finden, würde eine unzulässige Eindimensionalität erzeugen.

Wie sich dieses alles nun in den Folgejahrhunderten theoretisch und bauästhetisch realisiert hat, können wir nachlesen. Und betrachten. In großartigen Fotografien, in zeitgenössischen Stichen. Dass der Palladianismus auch im Jahre des 500. Geburtstages des großen Unbekannten wirksam ist, davon ist auszugehen. Palladio, das weiß man spätestens nach der Oechslin-Lektüre, ist ein Moderner, und der steht – erstmal noch – über den Zeitläuften. Mit Personenregister.

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