Impulse durch den Stadtumbau
Fortschrittsuntersuchung zum ExWoSt-Stadtumbau West

Mit dem ExWoSt-Forschungsfeld Stadtumbau West hat der Bund gemeinsam mit den Ländern und Kommunen in den alten Bundesländern ein Lernfeld für die zukunftsorientierte Gestaltung des demographischen und ökonomischen Wandels eröffnet – eine Chance, die genutzt wurde, wie die 2008 durchgeführte Fortschrittsuntersuchung
zeigt. Von 2002 bis 2007 beteiligten sich
16 Kommunen aus den alten Ländern als „Stadtumbaupioniere“ an dem Forschungsfeld Stadtumbau West im Bundesprogramm Experimenteller Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt). Sie betraten damit für die alten Länder stadtentwicklungspolitisches und konzeptionelles Neuland im Hinblick darauf, wie städtebauliche Anpassungsprozesse an den demographischen und wirtschaftsstrukturellen Wandel zukunftsorientiert gestaltet werden können. Nach Abschluss des ExWoSt-Forschungsfeldes beauftragte das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) eine „Fortschrittsuntersuchung zum ExWoSt-Stadtumbau West“, die im BBR vom Bundes-institut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) betreut wird. Ihr Ziel war es, die Impuls- und Ausstrahleffekte der kommunalen Stadtumbauprozesse in den 16 Pilotkommunen zu analysieren und erste Erfolge und Wirkungen der experimentellen Förderung aufzuzeigen. Zugleich sollten Anregungen
für die Weiterentwicklung des Bund-Länder-Programms Stadtumbau West und des ExWoSt-Forschungsprogramms entwickelt
werden.


Vom Pilotstatus zum Stadtumbaualltag

Das ExWoSt-Forschungsfeld Stadtumbau West ist beendet, doch der Stadtumbau und seine Handlungsprinzipien werden fortgeführt. Die Mehrzahl der 16 Pilotkommunen legt  neue Stadtumbaugebiete fest  und vollzieht den Einstieg in die Regelförderung Stadtumbau West – ein Beleg für die positiven Erfahrungen mit den ExWoSt-Impulsprojekten und den dahinterstehenden Stadt-

umbaustrategien. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen zudem in neue Sanierungsgebiete ein und finden somit einen breiten Eingang in die Stadtentwicklungspraxis.

Zum Zeitpunkt der Fortschrittsuntersuchung war die Arbeit an der überwiegenden Zahl der Impulsprojekte bereits beendet. Dabei wurde sichtbar, dass die Projekte oftmals nicht im eigentlichen Sinne abgeschlossen sind, sondern einer „Nachsorge“ bedürfen, die ausgelöste Impulse verstetigt bzw. gewünschte Wirkungen verstärkt. Bewährt haben sich stabilisierende Maßnahmen wie eine begleitende aktive Öffentlichkeitsarbeit, Belebungskonzepte für neu gestaltete öffentliche Plätze, zukunftsfähige Trägerkonzepte etc. Ein positives Beispiel für die Verstetigung eines Impulsprojektes ist „Die Theo“ in Bremerhaven, ein soziokulturelles Zentrum, das in Trägerschaft des Arbeitsförderungszentrums geführt wird.

Mit Blick auf die weitere Stadtumbauarbeit nannten die Pilotkommunen als zukünftige Aufgabenbereiche insbesondere Maßnahmen zur Anpassung von Wohn- und Wirtschaftsstandorten an die neuen Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung, Stärkung des innerstädtischen Wohnens als Strategie zur Verhinderung eines Funktionsverlustes der Innenstädte sowie zunehmend soziale Themen wie die ausreichende Versorgung mit sozialer Infrastruktur, die Förderung der Aus- und Weiterbildung sowie die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.


Übernahme integrierter Konzepte

in den Planungsalltag

In allen Pilotkommunen hat die Teilnahme am ExWoSt-Forschungsfeld Stadtumbau West zu einer Veränderung des Handelns
in Verwaltung und Politik geführt. Sichtbar wurde eine Stadt(teil)entwicklungspolitik,
die in unterschiedlicher Tiefe und Ausprägung den aktuellen gesellschafts- und wirtschaftsstrukturellen Rahmenbedingungen Rechnung trägt. Anpassungsprozesse wurden kreativ zur Steigerung städtebaulicher Qualitäten genutzt. So wurden gesamtstädtische bzw. teilräumliche Entwicklungsziele und -strategien formuliert, die oftmals auf fachübergreifend erarbeiteten Handlungskonzepten basieren. Dem ExWoSt-Stadtumbau West gelang es, Stadtentwicklungspolitiken in Gang zu setzen, die den Wachstums-

gedanken nicht mehr automatisch in den Vordergrund stellen. Die Kontinuität dieses Verfahrens, das auch vom Erfahrungsaustausch unter den Pilotkommunen lebte, zeigt sich in der fortgesetzten Anwendung der erfolgreich erprobten Stadtumbaustrategien und -maßnahmen und in ihrer räumlichen Ausweitung auf weitere Stadtgebiete. Wichtig ist die Installation von Monitoringsystemen, wie z.B. in Wilhelmshaven, die den Kommunen dabei helfen, Erfolge sowie möglichen Korrekturbedarf in der Stadtentwicklungspolitik zu erkennen. Immer wiederkehrendes Thema ist aufgrund der Komplexität der Stadtumbau-

aufgabe die Bündelung verschiedener Förderprogramme und Finanzierungswege. Aus eben diesem Grund kann es jedoch keinen Königsweg geben, sondern lediglich individuelle Konzepte, die neben den öffentlichen Mitteln auch die privaten Investitionen einbinden. Die Erfahrung zeigt, dass eine flexible Kombination der verschiedenen Teilprogramme der Städtebauförderung hilfreich ist.
 

Stadtumbaugremien und persönliche

Ansprache

Die Erfahrung aus der bisherigen Praxis der integrierten Stadtentwicklung bestätigte sich auch im ExWoSt-Forschungsfeld Stadtumbau West: Eine Mitwirkung der Vor-Ort-Akteure sowie der Bewohner sind für den Projekterfolg von hoher Bedeutung. Bewährt haben sich eigens für den Stadtumbau geschaffene Gremien, die neben der Steuerung und Koordinierung des Stadtumbauprozesses auch der Sicherung von Beteiligung dienen. Erfolgreiche Beteiligungs- und Mitwirkungsmethoden waren vor allem aktivierende Maßnahmen, auch über  persönliche Kontakte. So wurden in Selb Schulbesuche durchgeführt, um das Thema Stadtumbau in der Zielgruppe der Jugendlichen zu besetzen und diese zu eigenen Projekten anzuregen. Auch Vor-Ort-Anlaufstellen wie Stadtteilbüros verbessern die lokale Ansprache erheblich, so die Erfahrung im Stadtumbaugebiet Gelsenkirchen-City. Gerade in Verwaltungen mit weniger Partizipationserfahrung haben die konsequent angewandten Beteiligungs- und Mitwirkungs-
verfahren einen Beitrag zur Veränderung der Planungskultur geleistet. Die weit reichende Kooperation mit lokalen Akteuren erleichterte es zudem, weitere inhaltliche Aspekte wie zum Beispiel soziale und ökonomische Fragestellungen in die räumliche Planung zu integrieren. Handlungsbedarf besteht weiterhin bei der Einbindung privater Einzeleigentümer. Die Erfahrungen der Pilotkommunen trugen mit dazu bei, dass derzeit das ExWoSt-Forschungsfeld zum Thema Eigentümerstandortgemeinschaften durchgeführt wird. Die in Kürze auch auf www.stadtumbauwest.de
dokumentierten Ergebnisse der Fortschrittsuntersuchung zeigen, dass das Thema Stadtumbau in den alten Ländern durch das ExWoSt-Forschungsfeld den vielleicht entscheidenden Schub bekommen hat. Das Forschungs-
feld konnte eine konstruktive Diskussion über den zukunftsorientierten Umgang mit den Herausforderungen des demografischen und wirtschaftsstrukturellen Wandels in den westdeutschen Kommunen anstoßen und den Stadtumbau nach anfänglicher Skepsis als
ein innovatives Instrument etablieren, das neue städtebauliche Qualitäten schafft.

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