Grundlagen
der Akustikplanung
Luftschalldämmung und Schallabsorption

Betrachtet man die akustischen Qualitäten in einem Gebäude muss im Wesentlichen zwischen zwei Bereichen unterschieden werden: Die Bauakustik befasst sich mit den Anforderungen einer ausreichenden Lärmpegelreduktion zwischen zwei Räumen und somit mit den Eigenschaften von Trennbauteilen, den Schall an der Weiterleitung in angrenzende Bereiche zu hindern. In welchem Maße ein Bauteil dazu fähig ist, beschreibt das Schalldämm-Maß R in Dezibel (dB). Die Raumakustik hingegen befasst sich mit der akustischen Qualität innerhalb eines Raumes. Eine wesentliche Kenngröße hierfür ist die Nachhallzeit T in Sekunden. Je höher die Nachhallzeit, desto halliger klingt der Raum. Soll die Nachhallzeit reduziert werden, müssen schallabsorbierende (schallschluckende) Materialien eingebracht werden. Je höher die Schallabsorbtion des Materials ist, desto weniger Flächen müssen mit diesem Material belegt werden, um die gewünschte Nachhallzeit zu erzielen. Sowohl für das Schalldämm-Maß, als auch für die Nachhallzeit werden in Abhängigkeit des Verwendungszwecks differenzierte Anforderungen gestellt. Mit den bauakustischen Anforderungen befassen sich unter anderem die DIN 4109 – Schallschutz im Hochbau und VDI 4100 – Schallschutz im Hochbau. Ein großer Teil der raumakustischen Qualitäten wird mit der DIN 18041 – Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen abgedeckt.

Kenngrößen zur bauakustischen Planung der Luftschalldämmung

Die DIN 4109 – Schallschutz im Hochbau bezieht ihre Anforderungen und Empfehlungen auf Einzahlangaben. Demnach muss eine Wohnungstrennwand in Geschosshäusern ein bewertetes Luftschalldämm-Maß von R’w = 53 dB[1] aufweisen. Da sich der Schall jedoch nicht nur über das betrachtete Trennbauteil ausbreitet, sondern auch über den Boden, die Decke und anderweitige Trennwände, müssen bei der Planung sämtliche beteiligte Begrenzungsflächen berücksichtigt werden. Ein vereinfachtes Verfahren zur Dimensionierung der beteiligten Bauteile wird ebenfalls in der DIN 4109 beschrieben. Darin heißt es, dass die Anforderung an den Schallschutz erfüllt ist, wenn jedes zu betrachtende Bauteil min. 5 dB über den Anforderungen liegt. Für die Auswahl einer geeigneten Wohnungstrennwand müsste diese demnach ein Schalldämm-Maß von Rw,R ≥ 58 dB[2] erfüllen. Das vereinfachte Verfahren zur Auslegung der Bauteileigenschaften beschreibt einen schnellen Weg der bauakustischen Planung, neigt jedoch partiell zur Überdimensionierung. Ein detailliertes Verfahren wird in der DIN EN 12354 Teil 1 beschrieben. Diese Herangehensweise ist im Allgemeinen zu bevorzugen und sollte durch einen Fachplaner begleitet werden.

In den meisten Fällen ist das Planen der bauakustischen Qualität anhand von Einzahl­angaben ausreichend. Bei komplexeren Anforderungen, beispielsweise für Tonstudios, Kinoräume oder Konzertsäle, ist es jedoch unabdingbar, die Planung frequenzabhängig durchzuführen. Auch für akustische Optimierungen von Bauteilen ist eine frequenzabhängige Betrachtung des Verlaufs der Schalldämmung zwingend notwendig, um das Schalldämm-Maß eines Bauteils nicht durch gutgemeinte Verbesserungsvorschläge zu verschlechtern.

Akustisches Verhalten von Bauteilen

Aufgrund des unterschiedlichen Verhaltens muss aus akustischen Gesichtspunkten zwischen einschaligen und mehrschaligen Bauteilen unterschieden werden:

Luftschalldämmung einschaliger Bauteile

Unter einschaligen Bauteilen versteht man in der Akustik Bauteile, die als eine Masse mit der gleichen Auslenkung schwingen. Dabei können durchaus mehrere Materialien wie beispielsweise Holzwerkstoffplatten flächenbündig miteinander verbunden sein.

Bei der Betrachtung des Frequenzgangs (Abb. 2) ist zwischen drei Bereichen zu unterscheiden. Die Eigenschwingungen des Bauteils treten üblicherweise außerhalb des re­levanten Frequenzbereiches auf und haben so­mit keinen bis kaum einen Einfluss auf die schalldämmenden Eigenschaften. Bei einer Verdoppelung sowohl der Masse als auch der Frequenz einschaliger Bauteile erhöht sich zwischen den Einbrüchen von Platteneigenschwingungen und dem Einbruch der Schalldämmung, bei dem die Luftschallwellen das Bauteil zu höchsten Schwingungsamplituden anregt (Koinzidenzbereich), die Schalldämmung üblicherweise um 6 dB. Im Bereich des Koinzidenzeinbruchs verringert sich das Schalldämm-Maß erheblich. Bei der Dimen­sionierung der Bauteile muss daher darauf ge­achtet werden, dass dieser Einbruch möglichst außerhalb des bauakustisch relevanten Frequenzbereichs (100 Hz bis 2 000 Hz) liegt. Über der Koinzidenzgrenzfrequenz nimmt die Schalldämmung mit 6 dB pro Masseverdoppelung und 9 dB pro Frequenzverdoppelung zu. Ab welcher Frequenz der Koinzidenzeinbruch stattfindet hängt im Wesentlichen von der Steifigkeit (Biegesteifigkeit) des Materials und von der flächenbezogenen Masse in kg/m² ab.

Materialien werden in ihrer Biegesteifigkeit in drei Bereiche eingeteilt:

– Man spricht von ausreichend beigesteif, wenn der Einbruch der Grenzfrequenz unter 100 Hz liegt. Der Einbruch der Schalldämmung liegt somit nicht mehr in üblich vorherrschenden Frequenzbereichen.

– Weder ausreichend biegeweich noch ausreichend biegesteif sind Bauteile, deren Frequenzeinbruch zwischen 100 Hz und 2 000 Hz liegt. Die Schalldämmung nimmt in diesem Bereich stark ab. Folglich sind Schallsignale aus angrenzenden Bereichen deutlicher wahrnehmbar.

– Ausreichend biegeweich werden Materialien genannt, deren Grenzfrequenzen über 2 000 Hz liegen. Der Schalldämmungseinbruch liegt außerhalb des relevanten Frequenzbereiches. Des Weiteren ist das Schalldämm-Maß in diesen Frequenzbereichen meist ausreichend hoch, um einen Einbruch kompensieren zu können.

Die Luftschalldämmung einschaliger Bauteile ist überwiegend von deren flächenbezogenen Masse in kg/m² abhängig (Abb. 3).

In Abb. 4 sind die unter Berücksichtigung einer bau­ähn­lichen Situation zu erzielenden, bewerteten Schalldämm-Maße nach DIN 4109 angegeben.

Luftschalldämmung mehrschaliger Bauteile

In akustischer Hinsicht ist das Ziel eines mehrschaligen Aufbaus die Erhöhung der Schalldämmung. Da das Schalldämm-Maß einschaliger Bauteile im Wesentlichen von der flächenbezogenen Masse abhängt, ist zum Erreichen einer guten Schalldämmung eine hohe Masse notwendig. Bei der Betrachtung zweischaliger Bauteile (Abb. 5) liegt die Vermutung nahe, dass sich das Schalldämm-Maß aus der Summe beider Schalen bildet. Unterhalb der Resonanzfrequenz[3] beider Schalen verhält sich das zusammengesetzte Bauteil in der Tat wie ein Bauteil mit der flächenbezogenen Masse aus beiden Schalen. Im Bereich der Resonanzfrequenz erfährt das Schalldämm-Maß einen starken Einbruch und kommt anschließend schnell in den Bereich der Verbesserung. Tatsächlich liegt das zu erwartende Schalldämm-Maß als Einzahlwert jedoch unter der Summe des Schalldämm-Maßes aus beiden Schalen. Abweichend zum einschaligen Bauteil kann es zu häufigeren Koinzidenzeinbrüchen aufgrund der Mehrschaligkeit kommen. Darüber hinaus können Schallreflexionen im Wandhohlraum zu weiteren Einbrüchen führen. Diese Ein­brüche lassen sich nicht immer vermeiden. Lediglich der Frequenzbereich ist beeinflussbar. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Einbrüche der Schalldämmung außerhalb des akustisch relevanten Frequenzbereichs liegen. Dies gelingt unter anderem durch die Erhöhung der flächenbezogenen Massen der Bauteile, das Füllen des Zwischenraumes mit einem geeigneten Dämmstoff und bei zwei massiven, biegesteifen Schalen durch unterschiedliche Dicken.

Mehrschalige Bauteile sind Bauteile, bei denen die verwendeten Schichten unabhängig voneinander schwingen können, z. B.:

– Doppelschaliges Mauerwerk

– Gipskarton-Ständerwände

– Holzständerwände

– Decken mit Unterdecken

– Wände mit Vorsatzschalen etc.

Optimierungsmöglichkeiten von Bauteilen

Um im Nachgang bestehende Konstruktionen zu verbessern oder bereits während der Planungsphase Bauteile auf das notwendige Schalldämmniveau zu heben besteht die Mög­lichkeit, durch zusätzliche Aufbauten die Schalldämmung zu erhöhen. Dabei ist das zu erwartende Verbesserungsmaß abhängig von der akustischen Qualität des Grundbauteils (ein „schlechtes“ Grundbauteil verfügt über ein höheres Verbesserungspotential als ein Gutes), vom Abstand der Bauteile zueinander sowie der Dicke, dem Gewicht und der Biegesteifigkeit des angedachten Optimierungsbauteils. Dabei ist darauf zu achten, dass eine ­gewollte Verbesserung aufgrund von Resonanzeffekten, die auftreten können, wenn z. B. ein einschaliges Bauteil zu einem Zweischaligen „optimiert“ wird, nicht zu einer Verschlechterung führt.

Optimierung einschaliger massiver Wände

Die Optimierungskonzepte in Abb. 6 sehen den Einsatz von Vorsatzschalen vor einer massiven Kalksandsteinwand zur Anhebung des Schalldämm-Maßes vor. Dabei werden die Stellgrößen Schalenabstand und Plattengewicht der Vorsatzkonstruktion variiert.

Das zu optimierende Grundbauteil bildet eine 175 mm dicke Kalksandsteinwand mit einem Flächengewicht von ca. 330 kg/m² und einseitig aufgebrachter 5 mm dicken Putzschicht. Die Konstruktion weist ein Schalldämm-Maß von Rw,R = 55 dB auf.

Kenngrößen zur raumakustischen Planung

Neben der Nachhallzeit gibt es weitere, relevante Energiekriterien, auf die hier nicht weiter eingegangen wird. Die Nachhallzeit als ei­ne der wesentlichen Kenngrößen hängt zum einen mit dem Volumen des betrachteten Raumes und zum anderem mit den schall­- a­bsorbierenden Eigenschaften der Raumbegrenzungsflächen zusammen. Dieser Zusammenhang wurde bereits im frühen 20. Jh. von Wallace Clement Sabine, einem Physiker aus Amerika entdeckt. Von ihm stammt die noch immer angewandte Nachhallzeitformel, die das Volumen und die schallabsorbierenden Eigenschaften der im Raum vorhandenen Flächen ins Verhältnis setzt:

T = 0,163 × (V/A) sec.

Darin steht V für das Volumen [m³] und A für die äquivalente Schallabsorptionsfläche [m²]. Die äquivalente Schallabsorptionsfläche wird aus den akustischen Wirkungsgrads einer Fläche und deren Abmessung gebildet.

Es gilt folgender Zusammenhang:

A = S × α

S beschreibt die Fläche des betrachteten Bauteils [m²] und α den akustischen Wirkungsgrad. Besitzt eine Fläche einen akustischen Wirkungsgrad von 1, d.h. 100 % der auf die Fläche auftreffenden Schallenergie wird in Wärmeenergie umgewandelt, ist die äquivalente Schallabsorptionsfläche gleich der reellen Fläche. In der Tat werden vereinzelt schallabsorbierende Flächen mit αw = 1 [4] angetroffen. Raumakustische Planungen werden jedoch i.d.R. frequenzabhängig in den Oktavfrequenzen 125Hz bis 3 150 Hz durchgeführt. Obwohl kaum ein Produkt in der benannten Frequenzspanne eine Wirksamkeit von 100 % aufweist, ist es aufgrund der Bewertung nach EN ISO 11 654 möglich, dennoch sehr hohe Einzahlangaben zu erreichen. Häufig ist daher die Aussage der akustischen Wirksamkeit allein auf Grundlage des Einzahl­wertes nicht möglich bzw. fehlerhaft.

Für Räume, bei denen es auf eine ausreichende Versorgung der Anwesenden mit Schallenergie und einer angemessenen Reduktion des Lärmpegels im Raum ankommt, benennt die DIN 18041:2004 in Abhängigkeit des Verwendungszwecks und des Raumvolumens einzuhaltende Sollnachhallzeiten (Abb. 8).

Optimierungsmöglichkeiten zur Einhaltung raumakustischer Anforderungen

In akustisch unbehandelten Räumen herrscht unter Anwesenheit mehrerer Personen häufig ein hoher Lärmpegel, was unmittelbar mit den Schallreflexionen an den harten Begrenzungsflächen zusammenhängt. Durch das Vorsehen von schallabsorbierenden Flächen (Schallabsorber) in einer ausreichenden Anzahl kann nicht nur die Nachhallzeit auf das geforderte Niveau gesenkt, sondern auch der Lärmpegel deutlich reduziert werden. Ausgehend von einem Klassenzimmer mit den Abmessungen 9,0 m x 6,0 m x 3,0 m (L x B x H) ergibt sich nach Abb. 8 eine Sollnachhallzeit von 0,54 s. Unter der Annahme allseitig schallharter Begrenzungsflächen ergibt sich eine vorhandene Nachhallzeit von ca. 2,1 s.Geeignete Flächen für die Belegung mit Schallabsorberelementen in Klassenzimmer stellen häufig die Deckenfläche und Rückwand dar (Abb. 9).

Anmerkungen
[1] R’w: Der „Strich“ weist darauf hin, dass neben dem Trennbauteil alle beteiligten Begrenzungsflächen zu berücksichtigen sind. Der Index „w“ steht für die Ermittlung und Bewertung des Einzahlwertes aus frequenzabhängigen Messdaten nach DIN EN ISO 717 Teil 1
[2] Rw,R: Schalldämm-Maß des betrach­teten Bauteils ohne Nebenwege. Der Index „R“ steht für Rechenwert. Er wird aus dem Messwert im Prüf­stand unter Abzug eines Vorhaltemaßes von 2 dB gebildet.
[3] Im Bereich der Resonanzfrequenz schwingen bei zweilagigen Bauteilen nach deren Anregung beide Schalen mit ihrer maximalen Auslenkung gegeneinander.
[4] αw: Der Schallabsorptionsgrad wird mit dem Formelzeichen α abgekürzt. Der Index „w“ steht dabei für die Angabe als bewerteter Einzahlwert nach EN ISO 11 654.
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