Luftdicht bauen 4 – Wände und Qualitätssicherung bei der Sanierung
Während wir uns im vergangenen Artikel der Reihe mit der Luftdichtung bei Sanierungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen allgemein sowie speziell bei der Dachsanierung von außen beschäftigt haben, betrachten wir nun Wände und das Thema Qualitätssicherung.
Sanierungsmaßnahmen warten generell und natürlich auch hinsichtlich der Luftdichtung mit besonderen Herausforderungen für die zuständigen Planer auf. Dies liegt hauptsächlich daran, dass Planung und Ausführung durch vorhandene Gegebenheiten eingeschränkt bzw. erschwert werden, weil beispielsweise nur einzelne Teilbereiche modernisiert oder Bauteile nicht geöffnet werden sollen. Mit einer sorgfältigen Planung lassen sich jedoch auch im Sanierungsbereich sehr gute Lösungen erzielen – energieeffizient, behaglich, wohngesund und möglichst wirtschaftlich.
Wände – wo ist die Luftdichtung bzw. wo sollte sie hin?
Werden Außenwände modernisiert, stellt sich zunächst einmal die Grundsatzfrage, ob von außen oder innen gedämmt werden soll. Bei massiven Wänden besteht in in der Regel nur die Möglichkeit, Wärmedämmung zusätzlich zum bestehenden Wandaufbau aufzubringen. Eine Ausnahme bildet die Kerndämmung mehrschaliger Wände. Mit den Überlegungen zur Wahl des Dämmsystems außen oder innen ergibt sich dann auch die Anordnung der Luftdichtung.
Bei Innen- und Außendämmung ergeben sich jeweils unterschiedliche Anforderungen zu Art und Lage der Luftdichtung. Beides sollte zusammen mit dem Tauwasserschutz geplant werden, da die Luftdichtung (teilweise gleichzeitig Dampfbremse) hierauf erheblichen Einfluss hat. Es ist in allen Fällen erforderlich, dass die luftdichte Ebene eindeutig festgelegt wird. In der Realität tragen oft mehrere Bauteilschichten zur Luftdichtheit des Gesamtbauteils bei (z. B. Innenbekleidung und Dampfbremsbahn), was jedoch in der Planung nicht berücksichtigt werden darf. Die Luftdichtung soll das beheizte Gebäudevolumen einmal umlaufend umschließen ohne Lücken und Versprünge.
Luftdichtung bei Außendämmung
Die Luftdichtung kann bei Außendämmmaßnahmen prinzipiell durch den vorhandenen Innen- oder Außenputz erzeugt werden. Innenputz ist hierbei insofern problematisch, als dass Unterbrechungen, Fehlstellen und Durchdringungen vorhanden sein werden. Zu den Problemstellen zählen hier z. B. Installationen, einbindende Bauteile, insbesondere Holzbalkendecken oder Fehlstellen hinter Verkleidungen.
Da die Dämmarbeiten auf der Außenseite des Gebäudes erfolgen, ist die Ertüchtigung einer innen angeordneten Luftdichtung – die ohnehin relativ aufwendig wäre – in der Regel nicht sinnvoll, da Arbeiten im Innenraum eigentlich vollständig vermieden werden könnten. Daher empfiehlt es sich, die Luftdichtung außen anzuordnen. Dazu können sowohl Putzschichten als auch Bahnen dienen (Abb. 01).
Putzschichten können sowohl bei Wärmedämmverbund-Systemen aus geklebten oder gedübelten Dämmplatten mit späterer Putzbeschichtung als auch bei Holzbaulösungen mit zusätzlicher Aufrippung und Zwischendämmung als Luftdichtung dienen. Hierbei sollte der Putz vor Ausführung der Dämmarbeiten auf Risse und Fehlstellen überprüft werden, die ausgebessert werden sollten. Dies kann mit entsprechenden Fugenspachteln erfolgen, aber auch mit sprüh- oder streichbaren Kunststoff-Luftdichtungen, die schnell und wirtschaftlich aufgebracht werden können. Das Material haftet in der Regel sehr gut auf allen bauüblichen Untergründen, trocknet schnell und ist dauerelastisch sowie strapazierfähig (Abb. 02). Wird die Außendämmmaßnahme in Holzbauweise durchgeführt, kann auch hier der vorhandene (ggf. ertüchtigte) Außenputz zur Luftdichtung herangezogen oder eine Bahn dazu eingesetzt werden. Einfach befestigen lassen sich selbstklebende Luftdichtungsbahnen, die direkt vollflächig auf dem entsprechenden Untergrund haften.
Luftdichtung bei Innendämmung
Hier wird die Luftdichtung raumseitig der neuen Dämmung neu hergestellt. Bei sehr dünnen Dämmschichten kann evtl. auch der alte Innenputz der Bestandswand als Luftdichtung dienen. Dann müssen vorhandene Fehlstellen, Fugen und Durchdringungen dauerhaft abgedichtet werden, wozu auch hier entweder Putz oder streich-/sprühbare Abdichtungen verwendet werden können.
Aus welchem Material eine neu erstellte Luftdichtung auf der Innenseite bestehen sollte, hängt stark vom gewählten Dämmsystem ab; z. B. gibt es kapillaraktive Systeme mit Mineralschaumplatten, die zur Luftdichtung raumseitig verputzt werden. Bei Vorsatzschalen, z. B. in Holz- oder Trockenbauweise mit Metallprofilen, wird die Luftdichtung i. d. R. durch raumseitige Plattenwerkstoffe oder Dampfbremsbahnen hergestellt (Abb. 03).
Weil die Austrocknung von Feuchtigkeit durch eine bestehende Außenwand eingeschränkt ist, sollte der Diffusionswiderstand der innenliegenden Luftdichtung nur so dicht wie nötig, aber so offen wie möglich gewählt werden. Dann kann eingedrungene Feuchtigkeit auch wieder zum Innenraum hin entweichen. Dies ist natürlich nur in begrenzter Größe möglich, weshalb der Feuchteeintrag in die Konstruktion selbstverständlich so weit wie möglich verhindert werden sollte.
Beim Einsatz feuchtevariabler Dampfbremsen können größte Trocknungsreserven realisiert werden, da sich derartige Bahnen während der Tauperiode stark dampfbremsend einstellen, dabei den Feuchteeintrag aus der Innenluft begrenzen und bei Umkehrdiffusion dampfdurchlässig werden, wodurch Feuchtigkeit nach innen austrocknen kann. Damit diese feuchtevariablen Dampfbremsen rechtssicher eingesetzt werden können und über eine unabhängig überprüfte Dauerhaftigkeit verfügen, sollten sie über einen bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweis verfügen.
Drei wichtige Punkte für eine sichere Innendämmung: Schlagregenschutz, Schlagregenschutz, Schlagregenschutz
Bei der innenseitigen Dämmung von Außenwänden sollte unbedingt ausreichender Schlagregenschutz auf der Außenseite sichergestellt sein. Die Belastung kann hierbei regional sehr unterschiedlich ausfallen, weshalb der Gebäudestandort und die dort vorherrschenden Bedingungen stets mit berücksichtigt werden müssen. Diese Thematik darf keinesfalls unterschätzt werden, denn auch wenn es „nicht durch die Wand regnet“, kann Wasser über Wind oder durch Kapillarität weit nach innen getrieben werden. Bisher ohne Innendämmung, konnte Feuchtigkeit ggf. innen rasch abtrocknen, was sich mit der Sanierungsmaßnahme nun ändert. Dann können Schäden durch Pilzbefall oder Frost entstehen (Abb. 04).
Ausreichender Schlagregenschutz kann durch geeignete, vollflächige Putzschichten mit geringer Wasseraufnahme, vorgehängte Fassadenbekleidungen, Dachvorsprünge oder Hydrophobierung erzielt werden. Außen sichtbare Mauer- oder Fachwerkwände sollten zumindest auf der Hauptwetterseite vermieden bzw. verkleidet werden. Zusätzliche Sicherheit bietet ein vollflächiger Putz auf der Innenseite der Bestandswand vor Montage der Innendämmung. Dieser Putz sollte dann feuchte- und kälteunempfindlich sein. Empfindliche Schichten wie z. B. Gipsputze und Tapeten sollten hier entfernt werden.
Die anschließende Innendämmung sollte hohlraumfrei satt am Untergrund anliegen. Bei sehr unebenen Untergründen bzw. ungleichmäßigen Dämmstärken, empfiehlt sich der Einsatz von Einblasdämmung (Abb. 05).
Die raumseitig verlegte Luftdichtung (z. B. als feuchtevariable Dampfbremse) muss luftdicht an alle angrenzenden und durchdringenden Bauteile angeschlossen werden. Besonderes Augenmerk ist auf einbindende Holzbalkendecken zu legen. Hier empfiehlt es sich, die Balken am Auflager freizulegen, das Holz auf Schäden hin zu überprüfen und die Luftdichtung später umlaufend an jedem Balken sorgfältig anzuschließen.
Innendämmung: Feuchteschutz überprüfen
Neben dem Schlagregen- sollte auch der Tauwasserschutz der geplanten Konstruktion überprüft werden. Dabei ist die Anwendung des klassischen Glaserverfahrens nur bedingt geeignet bzw. in manchen Fällen sogar normativ (nach DIN 4108-3) unzulässig. Hintergrund ist, dass das Verfahren nur sehr grob zur Abschätzung von reinen Diffusionsvorgängen geeignet ist und viele weitere Vorgänge, wie z. B. sorptive Wasseraufnahme und -abgabe oder Schlagregen, gar nicht einbezogen werden.
Genauere Ergebnisse unter Berücksichtigung realistischer Wärme- und Feuchtevorgänge im Bauteil und lokaler Klimabedingungen liefern instationäre, hygrothermische Simulationen (z. B. mit der Software WUFI Pro).
Unter gewissen Voraussetzungen (z. B. hinsichtlich Schlagregenschutz, Innen- und Außenklima, begrenzter Dämmstärke) kann auch ein vereinfachter Nachweis entsprechend dem WTA Merkblatt 6 – 4 (Planungsleitfaden für Innendämmung) ohne aufwendige Simulation erfolgen. Generell bietet es sich an, den angedachten Aufbau vom jeweiligen Systemanbieter überprüfen und bestätigen zu lassen. Das erhöht die Planungssicherheit und nimmt den jeweiligen Hersteller mit in die Haftung.
Fenster und Türen
Werden die Außenwände eines Gebäudes saniert und der Wärmeschutz verbessert, lohnt auch der Blick auf Fenster und Türen, denn diese machen in der Regel ca. 1/3 der gesamten Fassadenfläche aus und „verbrauchen“ bis zu 40 % des gesamten Heizwärmebedarfs.
Oft ist der Austausch sinnvoll, weil dann auch die Einbaulage in die Dämmebene verschoben werden kann, was hinsichtlich der Wärmebrückenbildung günstig ist. Dann kann auch eine zusätzliche Dämmung in der Fensterlaibung angebracht werden, um auch hier Wärmebrücken zu reduzieren. Ob nun Bestands- oder Austauschfenster, in jedem Fall müssen auch hier die Anschlüsse an den Baukörper hergestellt werden. Nach aktuellen Regeln der Technik (z. B. RAL – Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren), soll der Anschluss dabei auf drei Ebenen basieren (Abb. 06):
1. Die Luftdichtung/Dampfbremse innen schützt vor Wärmeverlusten, Feuchteeintrag aus dem Innenraum und Zuglufterscheinungen
2. Die Fugendämmung sorgt für Wärme- und Schallschutz
3. Der Wetterschutz außen sorgt für Wind- und Schlagregendichtheit
Bei Fenstern das Prinzip „Innen (diffusions-)dichter als Außen“ anwenden.
Um einen entsprechenden Anschluss herzustellen, gibt es verschiedene Möglichkeiten – z. B. unter Verwendung von Dichtbändern, Anputzleisten oder Fensteranschlussbändern (auch Fensterfolien genannt). Das Ausschäumen der Fuge zwischen Fenster und Baukörper allein kann definitiv nicht alle Anforderungen erfüllen. Komprimierte Dichtbänder können zwar verwendet werden, stellen jedoch hohe Anforderungen an Untergrund, Spaltmaß und Verarbeitung und gelten daher auch als anspruchsvolle Lösung – zumindest zur Herstellung der Luftdichtheit innen. Relativ einfach handhabbar und sicher luftdichtend sind Fensteranschlussbänder. Diese werden sowohl mit dem Fensterrahmen als auch mit dem Baukörper umlaufend verklebt und können dabei auch größere bzw. ungleiche Abstände überbrücken. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie sowohl zusammen mit dem Fenster (dort stirnseitig verklebt) als auch nachträglich (über Eck verklebt) montiert werden können. Feuchtevariable Anschlussbänder können für inneren und äußeren Anschluss verwendet werden, da sie sich quasi automatisch entsprechend des Prinzips „Innen (diffusions)dichter als Außen“ einstellen.
Gute Materialien sind hinsichtlich ihrer Eignung unabhängig geprüft, beispielsweise beim Institut für Fenstertechnik (ift) in Rosenheim oder tragen das entsprechende RAL-Gütezeichen.
Wichtig beim luftdichten Fensteranschluss allgemein ist, dass in jedem Fall (unabhängig vom eingesetzten Anschluss-System) ein Putz auf der Laibung vorhanden ist oder dort aufgebracht wird, wo der luftdichte Anschluss erfolgt.
Bei Sanierungen unbedingt die Luftdichtheit überprüfen
Das gestaltet sich mitunter schwierig, da oft nur Teilbereiche bearbeitet werden oder die einzelnen Luftdichtheitsebenen in verschiedenen Bauabschnitten fertiggestellt werden. Idealerweise werden die Luftdichtheitsebenen jedoch zu einem Zeitpunkt überprüft, zu dem diese noch zugänglich sind und Nachbesserungen bei Bedarf durchgeführt werden können. Dabei ergibt sich aber unter Umständen das Problem, dass bei Verwendung von Differenzdruckverfahren (z. B. BlowerDoor) kein ausreichender Prüfdruck aufgebaut werden kann, weil Teilbereiche noch nicht luftdicht fertiggestellt sind.
Gerade bei der Dachsanierung von außen wird oft abschnittsweise vorgegangen und der Dachaufbau inklusive Wärmedämmung und Unterdeckung fertiggestellt, während in anderen Bereichen noch die alte Dacheindeckung vorhanden ist. Wenn bei derartigem Vorgehen dann die (Gesamt-)Luftdichtheit mittels BlowerDoor überprüft wird, ist das Bauteil bereits wieder geschlossen und die Luftdichtheitsebene nicht mehr zugänglich. Nachbesserungsarbeiten sind dann nur noch mit großem Aufwand beziehungsweise nur durch den Rückbau anderer Bauteilschichten möglich. Daher sollte größter Wert auf baubegleitende Qualitätssicherung gelegt werden, die nicht zwangsläufig unter Verwendung eines Differenzdruckverfahrens erfolgen muss. Durch sorgfältige Sicht- und Handprüfungen können oftmals schon viele Fehlstellen gefunden werden. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass man den Bauablauf entsprechend anpasst, sodass baubegleitend zu einem Zeitpunkt zumindest die Luftdichtheit einzelner Gebäudeteile soweit fertiggestellt ist, dass mittels BlowerDoor ausreichender Druck aufgebaut und Leckageortungen sowie ggf. Nachbesserungsarbeiten durchgeführt werden können. Dies setzt jedoch entsprechende Planung und Koordination voraus.
Rezept für eine gute (Sanierungs-)Luftdichtung
Bei der Sanierung von Wänden sollte zunächst grundlegend festgelegt werden, wo Dämmschicht und Luftdichtung angeordnet werden – in erster Linie, ob innen oder außen. Das hat weitreichende Konsequenzen hinsichtlich der Bauphysik (Wärme- und Feuchteschutz), der Detaillösung und letztendlich der Umsetzung zur Folge. Die Luftdichtung sollte das beheizte Gebäudevolumen umlaufend umschließen (Abb. 07). Ein Wechsel von Innen- zu Außenseite sollte, wenn möglich, vermieden werden, da dieser oft aufwendig herzustellen ist. Außen- und Innendämmungen bieten jeweils unterschiedliche Vorteile. Während Außendämmungen hinsichtlich Tauwasser- und Schlagregenschutz i. d. R. sehr robust sind, punkten Innendämmungen bei historischen Fassaden oder wenn nur abschnittsweise bzw. in Teilbereichen gedämmt werden soll. Hier sollte dann jedoch unbedingt der Feuchteschutz überprüft werden – rechnerisch sowie ggf. vor Ort hinsichtlich des Schlagregenschutzes. Grundlegend ist zu beachten, dass Mauerwerkswände zur Luftdichtung eine geschlossene Beschichtung aus Putz oder Flüssigkunststoff o. ä. benötigen, woran einbindende Bauteile entsprechend angeschlossen werden müssen – so z. B. Fenster idealerweise nach dem sog. 3-Ebenen-Prinzip (Luftdichtung, Fugendämmung, Wetterschutz). Wird die Qualitätssicherung zur Luftdichtung dann noch baubegleitend sinnvoll eingebunden und durchgeführt, ist eine sehr gute Luftdichtung auch bei Bestandsgebäuden möglich.
Vorteile Außendämmung
– bauphysikalisch (hinsichtlich Feuchteschutz) relativ unkritisch, da sich die tragende Wand in der Regel nicht im Tauwasser- bzw. Frostbereich befindet
– Optik und Witterungsschutz der Fassade können neu hergestellt werden
– durchgehende Dämmschicht (wenig bzw. schwache Wärmebrücken)
– ohne Eingriffe in den Innenraum umsetzbar (wenig Einschränkungen für Bewohner)
– kein Verlust von Wohnfläche durch zusätzliche Aufbaudicke
Vorteile Innendämmung
– auch abschnittsweise bzw. nur in Teilbereichen durchführbar
– bestehende Fassade kann unverändert bleiben (z. B. bei Denkmalschutz)
– keine Gerüstkosten
– Arbeiten innen geschützt vor der Witterung
– innengedämmte Räume lassen sich schneller aufheizen (hilfreich bei temporärer Nutzung)