Luftdicht bauen 3 – Dachsanierung
Die vorangegangenen Artikel der Serie beschäftigten sich mit Luftdichtung und Tauwasserschutz im Allgemeinen. Im Folgenden betrachtet Stefan Hückstädt die Herausforderungen von Sanierungen im Bestand hinsichtlich der Luftdichtung – allgemein sowie speziell bei der Sanierung von Dächern.
Eine funktionierende Luftdichtung ist generell die Grundlage für die volle Wirksamkeit von Dämmstoffen. Die Luftdichtung reduziert Wärmeverluste über die Gebäudehülle und trägt damit wesentlich zur Energieeinsparung bei. Wie Wärme, so kann auch Feuchtigkeit über Luftströmung durch die Gebäudehülle hindurch transportiert werden und dort Schäden wie Schimmel verursachen – was es natürlich zu verhindern gilt. Auch in puncto Behaglichkeit spielt die Luftdichtung eine entscheidende Rolle, da eine intakte Gebäudehülle Zugluft und zu trockene Innenluft vermeidet.
Bei der Errichtung von Neubauten können meist aktuelle Anforderungen mit moderatem Aufwand erreicht werden, da das Gebäude neu geplant und nach entsprechenden Maßgaben errichtet wird. Man hat beinahe alle Möglichkeiten. Anders verhält es sich jedoch bei Sanierungen von Bestandsgebäuden, wo je nach Sanierungsgrad Gegebenheiten bestehen, die nicht oder nur mit hohem Aufwand geändert werden können. Das betrifft natürlich auch die Luftdichtung (Abb. 01).
Gebäudebestand stellt Herausforderungen
Zunächst einmal stellt sich bei energetischen Modernisierungen hinsichtlich der luftdichten Gebäudehülle die Frage, ob diese überhaupt intakt vorhanden ist. Gerade bei reinen Dämmmaßnahmen wird dieser Aspekt oft außer Acht gelassen. Beispiel: Montage eines Wärmedämm-Verbundsystems auf Außenwänden mit punktueller Verklebung, wo die Feuchtigkeit im kaminartigen Hohlraum zwischen alter Außenwand und neuer Dämmschicht nach oben steigen und dort ggf. im Dachanschlussbereich Schäden verursachen kann.
Ein häufiger Trugschluss: „Was vor der Sanierung funktioniert hat, wird es auch danach – es kann ja nur besser werden.“
Häufig wird die Meinung vertreten, dass jede Maßnahme zur Luftdichtung automatisch eine Verbesserung darstellt. Dies trifft vielleicht im Hinblick auf Lüftungswärmeverluste zu, jedoch nicht zwangsläufig bezüglich der Vermeidung von Feuchteschäden. Oftmals entstehen bei älteren, oft sehr undichten Gebäuden, bei denen man eigentlich von unzähligen Feuchteschäden ausgehen müsste, aus den beiden folgenden Gründen keine Feuchteschäden:
– extreme Undichtheit bzw. viele Leckagen in der Luftdichtung, auf die sich dann die Durchströmung verteilt
– Leckagen sind oft groß und direkt; feuchte Luft kann dann schnell auf kurzem Strömungsweg nach außen entweichen (Abb. 02/03).
Werden jetzt Abdichtungs- oder Dämmmaßnahmen nur teilweise oder halbherzig durchgeführt, besteht die Gefahr, dass die Feuchtigkeit dann auf langen Wegen langsam durch das Bauteil strömt, wobei das Risiko von Feuchteschäden steigt.
Bestandsaufnahme schafft Klarheit und Sicherheit
Bevor sinnvolle Einzelmaßnahmen oder ein Paket festgelegt werden können, muss eine sorgfältige Bestandsaufnahme erfolgen. Bei bestehenden Bauteilen ist zu klären, in wie weit eine Luftdichtungsebene gegeben ist. Ist überhaupt eine Schicht im Regelaufbau vorhanden, die prinzipiell als Luftdichtung dienen kann (z. B. vollflächiger Innenputz auf Mauerwerk)? Kann davon ausgegangen oder überprüft werden, ob Luftdichtheitsebenen im Bauteilinneren auch lückenlos intakt sind (z. B. eine vor Jahren verbaute Dampfbremsbahn mit unbekannter Ausführungsqualität)?
Um hier mehr Planungssicherheit zu erhalten, empfiehlt es sich vorhandene Planungsunterlagen (sofern vorhanden) zu studieren und Bauteile vor Beginn der Maßnahmen bzw. vor Ausführungsplanung lokal an neuralgischen Punkten (z. B. Vorwandinstallationen, Deckeneinbindung an Außenwänden, Traufe und Ortgang des Daches) zu öffnen. Dabei sollten auch die Anschlussflächen von angrenzenden Bauteilen untersucht werden.
Luftdichte Anschlüsse werden hier meist durch Klebeverbindungen hergestellt. Damit diese durchgeführt werden können, müssen die Oberflächen ausreichend eben, tragfähig und relativ staubfrei sein. Unter Umständen müssen Fehlstellen ausgebessert oder Untergründe vor Verklebung entsprechend vorbehandelt werden – z. B. durch sorgfältige Reinigung und ggf. Grundierung mithilfe von sogenannten Primern. Fehlstellen in Putzschichten können beispielsweise mit sprüh- oder streichbaren Dichtstoffen ergänzt werden.
Die Luftdichtung bei der Dachsanierung
Generell empfiehlt es sich bei der Dachsanierung, die Luftdichtung durch neu verbaute Bahnen oder Platten herzustellen, da die vorhandene Qualität in der Regel fraglich ist (Abb. 04). Werden Dachflächen von innen saniert, unterscheidet sich die Verlegung der Luftdichtung in der Fläche nicht wesentlich von der in Neubauten. Überprüft werden sollten hier jedoch die Außenseite der Wärmedämmung sowie ggf. der Tauwasserschutz. Ist beispielsweise keine intakte Unterdeckung („zweite wasserführende Ebene“ unterhalb der Dacheindeckung) vorhanden, ist die Dämmung ggf. unzureichend vor Schlagregen, Flugschnee und abtropfendem Kondensat geschützt.
Es besteht dann die Möglichkeit, wannenförmig von innen eine diffusionsoffene Winddichtungsbahn vorzusehen. Diese Behelfsmaßnahme ist jedoch nicht vergleichbar mit einer vollflächig von außen verlegten Unterdeckung! Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass vorhandene Bauteilschichten ggf. stark dampfbremsend sind und eine Austrocknung von Feuchtigkeit nach außen hin kaum zulassen – z. B. „Dachpappen“, wie sie früher oft auch im Steildach verbaut wurden. Da hier die Umsetzung einer Hinterlüftung der Dämmebene oft nicht möglich ist, empfiehlt sich die Verwendung einer feuchtevariablen Dampfbremse auf der Innenseite in Verbindung mit einer Vollsparrendämmung. Dann kann auch unvorhergesehen eingedrungene Feuchtigkeit wieder nach innen austrocknen.
Dachsanierung von außen – viele Wege zur Luftdichtheit
Wird ein Dach von außen saniert, weil beispielsweise der Innenbereich bereits ausgebaut ist und dort nicht eingegriffen werden soll, bestehen mehrere Möglichkeiten der Ausbildung von Wärmedämmung und Luftdichtung (Abb. 05):
– Zwischensparrendämmung mit raumseitiger Luftdichtung
– Aufsparrendämmung mit ebenflächiger Luftdichtung oberhalb der Sparren
– Kombination aus Zwischen- und Aufsparrendämmung mit mittiger Luftdichtung↓
Bei Variante 1 wird als gängigste Luftdichtungsmaßnahme von außen eine Dampfbremsbahn in sog. Sub-and-Top oder schlaufenförmiger Verlegungsweise eingebaut. Im Prinzip wird die Kontur des „nackten“ Daches komplett luftdicht nachgefahren. Daraus ergibt sich eine bauphysikalische Besonderheit: Im Bereich der Dachbalken verläuft die Luftdichtung/Dampfbremse auf der Kaltseite der Konstruktion. Damit hier keine Feuchteschäden entstehen, ist an diesem neuralgischen Punkt wichtig, dass Feuchtigkeit zügig nach außen entweichen kann. Dies wird durch die Verwendung von feuchtevariablen Dampfbremsbahnen sichergestellt. Diese stellen sich auf der Sparrenoberseite dampfdurchlässig ein, wodurch Kondensat vermieden wird. In DIN 4108-3 (klimabedingter Feuchteschutz) sind Angaben gemacht zu Aufbauten, die keines rechnerischen Tauwassernachweises bedürfen unter Verwendung definierter feuchtevariabler Dampfbremsen (Abb. 06).
Um den kritischen Balkenbereich hinsichtlich des Feuchteschutzes weiter zu „entschärfen“, ist es sinnvoll, durch eine zusätzliche, diffusionsoffene Aufsparrendämmung (z. B. aus Holzfaser- oder Mineralwolleplatten) den Temperaturverlauf in der Konstruktion zu verschieben. Dadurch fällt im Sparrenbereich weniger Feuchtigkeit an.
Es gibt auch Systeme, die eine zusätzliche Überdämmung nicht zwingend erfordern. Dies kann ein entscheidendes Kriterium sein! Denn ist keine Überdämmung möglich (z. B. aufgrund vorgegebener Anschlusshöhen durch angrenzende Gebäude(teile) oder aus Gründen des Denkmalschutzes), ergibt sich bei einer Dachsanierung von außen beinahe zwangsläufig Variante 1.
Hinsichtlich der Verarbeitung ist zu beachten, dass die Bahn an den Balkenflanken durchgängig mechanisch mit Halteleisten fixiert wird. Prinzipiell ist der Verarbeitungsaufwand der schlaufenförmig verlegten Dampfbremse erhöht aufgrund der Abwicklung entlang der Balken. Dies gilt insbesondere bei gegliederten Dachflächen mit Kehlen und Graten. Hier ist die Einarbeitung in die spitz zulaufenden Gefache schwierig. Mit erhöhtem Aufwand verbunden ist auch die Anarbeitung der Dampfbremsbahn an Zangen, die seitlich an Sparren angebracht sind.
Soll der Zwischenbalkenraum von außen mit Einblasdämmstoff verfüllt werden, hat die Verlegungsweise den Vorteil, dass die Luftdichtung nicht für den Einblasschlauch durchdrungen und anschließend wieder abgedichtet werden muss.
Als Witterungsschutz während der Bauphase empfiehlt es sich, die Dachflächen zusätzlich abzuplanen. Die verwendeten Bahnen sind zwar unter Umständen zur Freibewitterung geeignet, aufgrund der Verlegungsweise ergeben sich jedoch Bereiche, wo Niederschlagswasser nicht ablaufen kann.
Bei Variante 2 (Aufsparrendämmung) wird oberhalb der Tragkonstruktion oder darüber angeordneter Dachschalung eine Luftdichtungsebene aus Dampfbremsbahnen oder Holzwerkstoffplatten erstellt. Anschließend können druckfeste Dämmplatten oder flexibler Dämmstoff in Form von Matten oder Einblasdämmung zwischen einer zusätzlichen Sparrenaufdopplung vorgesehen werden (Abb. 07). Der Vorteil dieser Variante ist die einfache Verlegung von Luftdichtung und Dämmstoff insbesondere bei der Verwendung druckfester Dämmplatten, die eine homogene Dämmschicht ergeben. An den Diffusionswiderstand der Dampfbremsen werden hier i. d. R. keine besonderen Anforderungen gestellt. Oft sind Bahnen oder Platten mit einemkonstanten sd-Wert von ca. 2–5 m zur Diffusionskontrolle ausreichend. Übrigens sollte auch bei der Verwendung dampfbremsender Dämmstoffe (z. B. Hartschaum) unterhalb zusätzlich eine Bahn oder Platte vorgesehen werden; in erster Linie nicht als Dampfbremse, sondern als Luftdichtung, da die Dämmstoffplatten in Stoß- oder Anschlussbereichen nicht luftdicht sind.
Sinnvoll ist, Bahnen als Luftdichtung zu verwenden, die auch temporär als Witterungsschutz der Baukonstruktion geeignet sind. Dieser ist durch die ebene Verlegung schnell hergestellt und wirkungsvoll. Bahnen mit Selbstklebezonen erleichtern und beschleunigen die Verarbeitung zusätzlich.
Ein Nachteil der reinen Aufsparrendämmung ist, dass der Zwischensparrenraum nicht oder nur in geringem Maße zu Dämmzwecken genutzt wird, was ein Effizienzdefizit darstellt. Die dadurch bedingte Erhöhung der Gebäudehöhe ist bei vorgegebenen Anschlusshöhen zu berücksichtigen.
Besonderes Augenmerk sollte bei dieser Variante auf die Anschlussdetails an Traufe und Ortgang gelegt werden. Hier muss die Luftdichtung des Dachs unbedingt mit den Luftdichtheitsebenen der Außenwände (z. B. Putzschichten) verbunden werden. Dazu muss, sofern vorhanden, eine Dachschalung zumindest im Randbereich aufgenommen bzw. unterbrochen werden.
Luftdichtung mittig zwischen Auf- und Zwischensparrendämmung vereint Vorteile der Systeme
Bei Variante 3 wird der Zwischensparrenraum voll ausgedämmt, eine Luftdichtungsbahn jedoch erst anschließend ebenflächig auf den Sparren verlegt. Die Verarbeitung ist damit deutlich einfacher als die schlaufenförmige Verlegung – analog zu Variante 2 mit reiner Aufsparrendämmung. Der reduzierte Arbeitsaufwand kommt insbesondere bei komplizierten Dachformen zum Tragen (Abb. 08).
Da hier die Luftdichtung relativ weit außen im Aufbau angeordnet wird, können keine klassischen Dampfbremsen verwendet werden. Hier kommen hoch diffusionsoffene Luftdichtungsbahnen zum Einsatz. Sicherer Tauwasserschutz wird bei diesem System dadurch gewährleistet, dass große Mengen an Feuchteeintrag über Luftströmung (Konvektion) verhindert werden und verhältnismäßig geringe, kalkulierbare Mengen an Diffusionsfeuchte zügig durch den dampfdurchlässigen Aufbau entweichen können und zusätzlich zum Teil in sorptiven (feuchteaufnehmenden) Dämmmaterialien gepuffert werden. Ganz ohne Aufsparrendämmung geht es jedoch auch hier nicht. Je nach Systemanbieter gibt es hierzu unterschiedliche Empfehlungen. Ein Beispiel für die minimal erforderliche Überdämmung ist, dass diese mindestens der halben Stärke der Zwischensparrendämmung entsprechen muss.
Bei dieser Variante wird also das Gefach voll zur Wärmedämmung genutzt in Kombination mit der einfachen Verlegung der Luftdichtung auf den Sparren. Auch hier kann ein temporärer Witterungsschutz der Konstruktion schnell und effektiv erzielt werden. Diese Sanierungsvariante, die seit über zehn Jahren in der Praxis erfolgreich umgesetzt wird, vereint also ein Stück weit die Vorteile der ersten beiden Systeme. Dennoch sollte die einfache Anwendung in der Fläche nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch hier die Anschlüsse an Ortgang und vor allem Traufe mitunter aufwendig sind. Um zu vermeiden, dass jeder einzelne Sparren umlaufend luftdicht im Bereich der Bahnendurchdringung an der Traufe abgedichtet werden muss, kann ggf. auch der Sparrenkopf abgeschnitten und der Dachvorsprung später durch aufgedoppelte Hölzer oder auskragende, starke Konterlatten wieder neu hergestellt werden. Dies ist jedoch in der Regel nur bei kleinen Dachvorsprüngen möglich bzw. sinnvoll.
Wie mehrfach erwähnt, kommt der Luftdichtung eine entscheidende Rolle bei der Energieeinsparung, der Vermeidung von Feuchteschäden und der Sicherstellung von gesünderem und behaglichen Raumklima zu. Für Erfolg und Wirkung der gesamten Sanierung ist die Luftdichtung also enorm wichtig. Gerade weil bei der Sanierung von Bestandsgebäuden die Ausführungsmöglichkeiten eingeschränkt sind im Vergleich zum Neubau, ist eine sorgfältige Planung in Verbindung mit entsprechender Bestandsaufnahme erforderlich. Bei guter Kenntnis über Aufbauten und Anschlussdetails können dann auch hier hochwertige Lösungen erzielt werden – bis hin zum Passivhaus-Niveau.
Bei der Dachsanierung von außen bestehen mehrere Möglichkeiten der Anordnung von Wärmedämmung und Luftdichtung. Hier sollten die Gegebenheiten und Anforderungen beim jeweiligen Bauvorhaben mit den möglichen Systemen abgeglichen werden. Kann der Dachaufbau nicht wesentlich erhöht werden, empfiehlt sich die Verwendung einer Luftdichtung in Sub-and-Top-Verlegungsweise in Verbindung mit Zwischensparrendämmung. Ist eine Aufsparrendämmung möglich und soll die Luftdichtung möglichst einfach und wirtschaftlich in der Fläche zu verlegen sein sowie ggf. auch als temporärer Witterungsschutz während der Bauzeit dienen, macht die mittige Luftdichtung mit diffusionsoffenen Bahnen Sinn.
Im nächsten Beitrag beschäftigen wir uns mit der Luftdichtung bei Sanierungen von Wänden und Fenstern sowie der Qualitätssicherung bei Luftdichtungsmaßnahmen im Bestand.