Plattenbaustädte in Ostdeutschland

Die größte Stadtneugründung wird 50 – Halle-Neustadt, dazu jetzt ein Buch

Planstädte im Osten Deutschlands waren als ‚sozialistische Städte‘ konzipiert, in denen der ‚neue Mensch‘ entstehe. 1990 wurden sie gleichsam über Nacht von geplant expandierenden zu ungeplant schrumpfenden Städten. Seither sucht man dort nach einem produktiven Umgang mit der Schrumpfung.
Die größte und bedeutendste dieser Stadtneugründungen der DDR war Halle- Neustadt.

Seit 1964 errichtet wird Halle-Neustadt – heute größter Stadtteil von Halle (Saale) – in diesem Jahr 50 Jahre alt. 25 der bisherigen Jahre lagen in der DDR, weitere 25 dann im vereinigten Deutschland. Unumstritten war Halle-Neustadt von Beginn an nicht. Der industrielle Plattenbau brach gründlich mit der Vorstellung von der gewachsenen Stadt. Neuankömmlinge in der Stadt, die lange Zeit zudem eine Großbaustelle war, waren hin und her gerissen zwischen dem seinerzeit ungewöhnlichen Wohnkomfort und der etwas spröden Anmutung der Betonblöcke. Auswärtige konnten sich meist nie recht vorstellen, dass man sich inmitten dieser Architektur heimisch fühlen könne. Doch die Einwohner arrangierten sich.

Ab 1990 verwandelte sich Halle-Neustadt in rasend kurzer Zeit vom Prototyp der geplant expandierenden sozialistischen Stadt in der DDR zum Prototyp der ungeplant schrumpfenden Stadt in Ostdeutschland. Indes: So wie die einst gebraucht worden war für 90.000 Menschen, so wird sie heute benötigt für 45.000.

Wir nehmen das Jubiläum dieses heute gescheiterten Stadttypus zum Anlass, auf eine Publikation hinzuweisen. In dieser haben Peer Pasternack und 46 weitere AutorInnen auf rund 600 Seiten, illustriert mit etwa 300 sw-Abbildungen, kontroverse Ansichten geliefert zu dieser größten Stadt, die nach 1945 im Osten Deutschland errichtet worden war.

Peer Pasternack u.a.: 50 Jahre Streitfall Halle-Neustadt. Idee und Experiment. Lebensort und Provokation, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2014, 608 + XXXII S., 19,95 €, ISBN 978-3-95462-287-0

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