Heute Olivenbäume pflanzen

Werner Sobek wünscht sich einen "Zielerreichungsgrad", den jeder auf seine Weise erreichen kann. Lesen Sie das Interview.

Der Erde wird es letztendlich egal sein, ob wir Menschen uns hier noch länger aufhalten, oder ob, wie manche vermuten, das letzte Jahrtausend für die Spezies Menschen eingeläutet ist. Irgendwo in der Welt wird schon an Evakuierungsszenarien zum Mars gebastelt, doch die Meisten von uns, denen eine solche Flut zu teuer und irgendwie auch wenig attraktiv erscheint, setzen (immer noch) auf den gesunden Menschenverstand.

Der allerdings wird seit dem ersten so genannten UN-Klimagipfel, dem Umweltgipfel in Rio de Janairo 1992, immer wieder beleidigt durch Interessenkonflikte, die sich auf nationale Anspruchshaltungen gründen; als wäre das Weltklima das Problem von Nationen. Der zweite Gipfel mit dem Oberthema Weltklima fand 1995 als Conference of the Parties No. 1 in Berlin statt. Von da an gab es im Jahresrhythmus weitere Weltklimakonferenzen, die sich alle dadurch auszeichneten, dass auf ihnen entweder vage Absichtserklärungen unterzeichnet wurden, Beschlüsse der Vorjahre revidiert oder aber mangels Beteiligung der großen Umweltveränderer nichts von Gehalt beschlossen werden konnte.

Aktuell gab es eine Konferenz in New York und wieder gibt es Vorwürfe, dass das Signal: „Handeln – und zwar jetzt“ zwar die Dringlichkeit von verbindlichen und durchaus radikalen Beschlüssen signalisiert, konkrete Zahlen und Vorgaben aber nicht von allen Beteiligten genannt und schon gar nicht geschlossen kommuniziert wurden. Es war zwar klar, dass der Klimagipfel in New York nicht das Ziel hatte, ein bindendes internationales Abkommen zu erreichen. Ein solches bleibt der UN-Konferenz in Paris Ende 2015 vorbehalten. Doch wenn zu einem so wichtigen Termin einige Staats- und Regierungschefs ihre Fachminister entsenden – so neben den Chinesen und Indern beispielsweise Deutschland, dessen Chefin Kanzlerin Merkel die Umweltministerin Barbara Hendricks über den Atlantik schickte – dann schwant einem, was auf der Pariser Konferenz beschlossen werden wird: Ein paar neue Grenzwerte, etwas mehr Milliarden für akute Maßnahmen, die Wiederbelebung des Handels mit so genannten Umweltzertifikaten oder andere, bisher wenig wirksame Werkzeuge. Wie gesagt, der Erde ist das alles völlig egal.

Weniger egal ist das den Menschen in der Welt und in diesem Land, die gerade wegen der Missachtung des New Yorker Gipfels durch die Aussendung eines „es gibt gerade Wichtigeres“-Signals auf die Barrikaden gehen und hunderttausendfach vor dem Gipfel in 150 Ländern der Welt gegen die Langsamkeit und gegen die Lobbyistenhörigkeit der Politik protestierten. Ob Werner Sobek Zeit hatte, an diesem Tag auf die Straße zu gehen sagte er nicht, doch man könnte es vermuten, liest man das Interview, das er schon kurz vor Jahresmitte gab und das wir aus gegebenen Anlass hier noch einmal veröffentlichen.

In dem Gespräch beklagt der Ingenieur vor allem die Kurzsichtigkeit der Politik, aber auch der Industrie. Wir müssen, so Sobek, aus unserer aktuellen Situation des Wohlstandes auf die Generationen nach uns schauen. Wer heute einen Olivenbaum pflanzt, so der Erfinder des Aktivplus Hauses, von dem ein Modell in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart steht, der wird die Früchte seinen Kindern und Kindeskindern bereitstellen, selbst aber von ihnen nichts probieren können.

Er fordert mehr individuelles Handeln, das alle schon Innovationen produziert. Die Politik müsse deutlicher aufklärend unterwegs sein und weniger normativ. Aber lesen Sie selbst … Be. K.

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