Dokumentarisch offen
Es ist eher eine Art Zeitschrift, von der Bindungher, dem Format, dem Papier. Kein Buch, das Fotokunst verspricht, eher die sauber gemachte Doktorarbeit; hier allerdings nur der eigenständige (Bilder-)Anhang mit zahlreichen sw-Fotografien, ein kurzer Textteil als Einleitung ins Thema davor. Nüchternheit strahlt das Ganze aus, die betont grafische Titelgestaltung (verfremdetes Fachwerk) tut ihr Übriges. Wir werden aber solche Druckwerke immer wieder öffnen müssen und uns überraschen lassen. In diesem Fall: positiv.
Die Zeitschrift mit Buchambition liegt schon länger auf dem Schreibtisch unter allem Möglichen. Sie wurde von einem Freund zugesandt mit der verklausulierten Bitte um Besprechung/Vorstellung/Bekanntmachung. Beim Aufräumen dann die Idee, diesem Titel endlich eine Chance zu geben. Hineingeblättert, gelesen, geschauen und dann: Das Ganze noch einmal von vorne.
Es geht zum einen um die Antwort auf die Fotodokumentation der beiden Becher, Bernd und Hilla, die in den frühen 1960er-Jahren schlichte Wohnhäuser in Eiserfeld ablichteten. In ihrer typischen, das Dokumentarische feiernden Fotokunst kontrastarmer Frontale, hatten die beiden 20 Fachwerkhäuser abgelichtet, die nun - zwei weniger, da nicht mehr vorhanden – vom Siegener Fotokünstler Kellner erneut dokumentiert wurden. Auf seine ganz eigene Weise, vor allem aber im Zustand nach Becher. Was sie uns zeigen? Veränderung, veränderte Ansprüche, mangelhaftes Verständnis vom Vorgefundenen, die Sehnsucht nach einer anderen Behaglichkeit. Wohin uns das führt? Zu einem wacheren Geschichtsbewusstsein und der Überzeugung, dass das Dokumentarische nichts Überzeitliches sein kann und immer zu hinterfragen ist. Dafür Dank! Be. K.