Vom Kaffee inspiriert
Firmenzentrale Kaffee Partner, Osnabrück

Gestapelte Kaffeetassen? Cappucino-Haube? Oder Kreuzfahrtschiff? Die Gestaltung des neuen Firmengebäudes von Kaffee-Automaten-Hersteller Kaffee Partner lässt viele Deutungsvarianten offen. Das ist von den Architekten auch so beabsichtigt. Das Designkollektiv 3deluxe spielt gern mit vielschichtigen Elementen und frei assoziierbaren Formen.

Entwurf

Das Thema Vielschichtigkeit zeigt sich schon in der Grundkonzeption des Entwurfs. Hinter den fließenden organischen Formen verbirgt sich eine geometrisch stringente Anordnung von funktionalen Baukörpern. Die in Skelettbauweise erstellten Industriebauten – eine Lagerhalle mit Werkstatt, das Zentrum für die Kundenbetreuung sowie das Hauptgebäude für die Verwaltung – formen zusammen einen U-förmigen Komplex mit gestaffelten Gebäudehöhen. Das Bürogebäude mit dem zentralen Eingang und Forum bildet den Dreh- und Angelpunkt des Ensembles. Mit skulpturalen Schwüngen und fließen den Übergängen schufen die Architekten eine Klammer, die alle Gebäudeteile zu einem Ganzen verbindet. Wie eine ideelle zweite Hülle geben die drumherum geschlungenen weißen Balkonaden dem Ensemble eine poetische Qualität, die dem Betrachter bei jedem Perspektivwechsel neue Eindrücke verschafft. Mit diesem Konzept hatte 3deluxe den von Kaffee Partner ausgelobten Wettbewerb gewonnen. „Zusammenbringen“ war ein wichtiges Stichwort: Der Entwurf versprach, Bauteile, Arbeitsbereiche, Funktionen über die Gestaltung zu verbinden. Mit der Idee eines zentralen Forums, durch das alle Arbeitnehmer – Handwerker, Büroangestellte, Putzkolonne, Chefs – sowie die Besucher das Gebäude betreten, konnten die Architekten überzeugen. In der lebendig anmutenden Fassadengestaltung erkannten die Bauherren ihre Firmenphilosophie wieder, die Mitarbeiter fördert und kreative Ideen unterstützt.

Corporate Architecture

Wie viele ihrer Entwürfe verstehen 3deluxe auch diesen als Corporate Architecture. Das Gebäude soll unterschwellig Kaffeewelten repräsentieren und das Wesen des Unternehmens widerspiegeln. Die Offenheit der Unternehmenskultur wurde in eine emotionale Architektursprache übersetzt, die mit ihren expressiven Formen den Spaß an dem Gebäude fördern soll. Mitarbeiter sollen gerne dort arbeiten, Anwohner gerne dran vorbeigehen, Kunden gerne wiederkommen. Für alle wurde nebenan mit dem Coffee Perfect, dem kleinen Bruder des Firmengebäudes, ein öffentlicher Ort geschaffen, wo Kaffeegenuss als Kaffeebar und Drive-thru zelebriert wird. „Gute Architektur muss sich darüber definieren, dass sie genutzt wird, dass die Benutzung funktioniert und dass das Benutzen Spaß macht. Man muss etwas spüren, ein Erlebnis dabei haben,“ erklärt Björn Asmussen von 3deluxe seinen Entwurfsansatz.

So ist auch die Fassade weit mehr als eine Applikation. Ihre asymmetrisch geschwungenen Fassadenbänder und die verschieden weit auskragenden Deckenplatten sind das emotionale Element, das dem orthogonalen Konstruktionsraster der Betonskelettbauten erst die bewegte Leichtigkeit verleiht. Auf die Augenhöhe des Betrachters designed, erzeugen die wellenförmigen Brüstungen eine tiefenräumliche Dynamik, lassen die geschichteten und überlappenden Deckenuntersichten fast lebendig erscheinen und präsentieren die Gebäude zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten oder von unterschiedlichen Standpunkten mit immer wieder neuen Ansichten. Die aus 150 unterschiedlichen und passgenau vorgefertigten Betonformen zusammengesetzten Brüstungsbänder wurden vor Ort mit den Deckenplatten vergossen und deren Unterseiten mit einer Deckenfolie verkleidet, um einen homogenen Eindruck entstehen zu lassen. Sie umschlingen das Hauptgebäude wie ein lose darüber geworfenes Band, das zur Lagerhalle und zum Kundenzentrum in ein gradliniges Streifenrelief ausläuft. Bis zuletzt, bis die Schalungsbretter in die CNC-Fräse gelegt waren, wurde an dem 3D-Modell der Formen gearbeitet und die ästhetische Wirkung perfektioniert, um den optimalen atmosphärischen Effekt herauszukitzeln.

Innenraumkonzept

Innenarchitektonisch wird das Gestaltungskonzept konsequent fortgesetzt. Im Forum wurden völlig unterschiedliche Funktionen in einer subtilen Farbwelt aus abgestuften Weißtönen und Kaffeefarben zusammengefügt. Der Empfang, der Ausstellungsbereich mit dem Kaffee Partner Museum, die Lounges sowie die offene Cafeteria und Pausenzone für die Mitarbeiter wurden mit weißen Raum-in-Raum Formen und grafischen Linien zu einem Kommunikationstempel vereint, indem alles ineinander zu fließen scheint. Die orthogonalen Raumgrenzen wurden aufgelöst, Nischen geformt, Übergänge geschaffen.

Architektonische und grafische Elemente überlagern sich spielerisch, bilden „multilayered atmospheres“, wie 3deluxe ihren Designansatz verschlagworten. Ovale Lichtdecken und eingelassene weiße Linien im kaffeebraunen Holzfußboden gehören dazu, ebenso wie Multimedia-Features am Welcome-Board und holografische Projektionen in der Ausstellung. Auch die Farben überlagern sich, strahlen ab auf das Weiß und komponieren mit den Schatten der ornamentierten Paravents lebendige Farb- und Lichtspiele auf das frei geformte Mobiliar. 

Offenheit und Kommunikation galten als Prinzipien für die Konzeption der Büroetagen, auch wenn hier die Gestaltung funktional geblieben ist. Auf jeder Etage, in jeder Einheit gibt es eine breite Spange, die den Funktionen Kommunikation, Kaffee trinken und Austausch vorbehalten ist. Um diese freien Mittelflächen herum angeordnet sind die Büroräume, die sich mit Glaswänden oder völlig frei zum zentralen Kommunikationsfeld hin öffnen. Auf jeder Etage, in jeder Kaffee-Zone wurden andere Kaffeeautomaten installiert, sodass die Kunden von Kaffee Partner bei der Vorführung der Geräte durch das ganze Gebäude und die verschiedenen Arbeitswelten gelotst werden. Die sogenannten Cubes der Vorstandsbüros, eine als Penthouse aufgesetzte Stahlkonstruktion im Obergeschoss, wurden von 3deluxe mit maßgefertigten Schreibtischen, Sideboards, einem Kaminzimmer und mit einer kaffeebraunen Intarsie in der weißen Wand sowie einer elliptoid geschwungenen Empfangstheke ausgestattet.

Multilayered ist auch das Farbspiel auf der Fassade. Fensterbänder und Sonnenschutz wurden mit einem kupfernen Sonderfarbton eloxiert. Sie reflektieren einen leichten Goldschimmer auf die weißen Fassadenschwünge. Man sieht und staunt und hat irgendwie Kaffeeduft in der Nase.

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