Menschen

Das Riffraff in Zürich ist als vielleicht bestes Schweizer Kino nur ein kleines Stückchen, ein allerdings gewichtiger Erinnerungsbrocken an den sozial wie kulturell höchst engagierten Marcel Meili, der am 18. März 2019 mit gerade einmal 65 Jahren einem Krebsleiden erlag. Mit Blick auf die Projekte, die aktuell ausstehen, kann man über die Alterszahl hinaus den Eindruck bekommen, dass da jemand aus dem Leben gerissen wurde.

Meili war Gründungspartner des heute international erfolgreichen Büros Meili, Peter & Partner Architekten AG, das 1987 als „Meili & Peter Architekten AG“ in Zürich gegründet wurde. 2008 besprach ich die Monografie „Marcel Meili, Markus Peter 1987–2008“, gut zehn Jahre ist das jetzt her. Und doch gibt es wenige Bücher über Architekturbüros der Gegenwart, die mir so gegenwärtig sind wie dieses eine, das Meili selbst voller Understatement als „Akquisemittel“ herunterspielte. Der nachhaltige Eindruck, den diese Monografie hinterlassen hat, mag an der Qualität der Projekte liegen, an der ihrer Darstellung auf den Seiten. Das liegt aber wohl vor allem daran, dass Markus Peter und Marcel Meili mit ihrem Team einen Platz in der Schweizer Architektur besetzt haben, den niemand anderes wird so ausfüllen können. Umso schwerer wiegt der Verlust und nicht nur ich stelle mir die bange Frage: Was kommt ohne Marcel?

Warum auch immer in dieser Rubrik „Mensch“ so oft von Todesfällen die Rede ist und ganz sicher auch, weil wir gerade schon das Thema Bücher und Büchermachen hatten, ist von einem weiteren Architekten zu reden, der uns verlassen hat: Friedrich Achleitner. Der war Architekt mit ganzer Seele, allerdings einer, der beobachten und seine Beobachtungen in fabelhafte Worte fassen konnte. Denn Achleitner, dem wir viele Bücher und viele Neuentdeckungen wichtiger, aber irgendwie ins Vergessen geratener Kollegen zu verdanken haben (z. B. den bewunderungswürdigen Bogdan Bogdanović), war vor allem auch Schriftsteller und Schöpfer anspruchsvoller (konkret) poetischer Werke. Dass wir dem Mitbegründer der „Wiener Gruppe“ soviel zur Architekturbeob-achtung, Architekturkritik, zu Hinweisen auf ganz neue Architekturthemen zu verdanken haben, resultiert aus Achleitners tiefer Verbundenheit mit Intellektuellen, Handwerkern oder auch den Bauherren selbst, die möglicherweise seine Romane kannten und seine großartige Arbeit über die „Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert“. Die erzeugte im Entstehungsprozess 22 340 Karteikarten zu den Objekten, 2 690 Karteikarten zu den ArchitektInnen, 66 500 Foto-Negative, 37 800 Dia-Positive, 13 800 Foto-Abzüge, 570 Plandarstellungen, 250 Begehungspläne und exakt 1 030 Bücher, Broschüren, Kataloge, Zeitschriften (z. T. komplette Zeitschriften-Jahrgänge) sowie topografisch geordnete Materialschachteln.  Welche samt und sonders dem Architekturzentrum Wien als Vorlass übergeben wurden. Be. K.

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