Keine Pause für den Klimaschutz
Neubau Mensa Lehrte

Mit einer vorbildlichen Kommune als Bauherr, energiebewussten Architekten und engagierten Schülern kamen in Lehrte starke Partner für nachhaltiges Bauen zusammen.

Die Stadt Lehrte ist umweltpolitisch stark engagiert. Sie ist Mitglied in der Alianza del Clima e.V., Frankfurt/Main, einem Zusammenschluss deutscher Kommunen mit dem Ziel der CO2-Reduzierung. Bei der Solaren Regionalliga belegte Lehrte zwei Mal Platz 2 in der Region Hannover. Großes Augenmerk wird auf die energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden gerichtet. Folgerichtig sollte auch der Neubau der zentralen Schulmensa für die innerstädtischen Schulen nicht nur energieeffizient gebaut, sondern auch nachhaltig genutzt werden.

Nach einer Untersuchung von Standortalternativen wurde die Mensa als Anbau an die Albert-Schweitzer-Schule errichtet. Mosaik Architekten entwarfen hierfür einen kompakten Baukörper, bei dem im Erdgeschoss der gesamte Mensabereich mit den Küchenanlagen untergebracht ist. 210 Personen können hier gleichzeitig ihr Essen einnehmen. Neben der Anbindung der neuen zusätzlichen Räume und Einrichtungen im Obergeschoss an das vorhandene Gebäude und die Mitnutzung der vorhandenen Infrastruktur (Pausenbereiche, Lehrerzimmer, WC-Anlagen, Hausanschlüsse) wurde das Gebäude einschließlich der Haustechnik mit Passivhausstandards errichtet. Damit wurde gewährleistet, dass auch in Zukunft ein wirtschaftlicher Betrieb dieses Gebäudeteils möglich bleibt.

Das Gebäude wurde in Massivbauweise mit Passivhauselementen gebaut. Im Hochbaubereich wurden extreme Außendämmungen und Fenster mit Dreifachverglasungen ausgeführt. Die Beheizung und Belüftung der Räume erfolgt über eine zentrale Lüftungsanlage mit Wär-
merückgewinnung und Filterstufen. Die Luftansaugung erfolgt über einen im Erdreich verlegten Ansaugkanal, in dem die Luft im Winter vorgewärmt und im Sommer gekühlt wird. Insgesamt wurden unter dem Schulhof 13 Kunststoffrohre im Durchmesser von 56 cm und einer Länge von 25,5 m verlegt, die zwischen zwei begehbaren Betontunneln verlaufen und von diesen aus gereinigt werden können. Ein weiterer Gewinn ist die wirtschaftliche Nachtauskühlung, denn durch die Speichermassen der massiven Betondecken und Wände wird ein zusätzlicher Kühleffekt geschaffen. Über die Lüftungsanlage werden Luftqualität und Temperatur geregelt. Die übergeordnete Führungsgröße ist die Luftqualität, der notwendige Luftaustausch wird raumweise sichergestellt. In den Klassenräumen wird die frische Luft über Quellluftauslässe, in der Mensa über Weitwurfdüsen eingebracht. Im ersten Betriebssommer (2009) war der Effekt der Kühlung durch den Erdkanal spürbar. Stichpunktartige Messungen haben Temperatur-
unterschiede von ca. 3-4°C ergeben.

Die Heizung ist an die vorhandene Anlage im Altbau angekoppelt. Dadurch ist eine energetisch günstigere Auslastung der Kesselanlage erreicht, Stillstands- und Auskühlverluste werden reduziert. Im Sanitärbereich wurden wassersparende Selbstschlussventile eingebaut, bei denen Mengen und Laufzeiten einstellbar sind. Die dezentrale Warmwasserversorgung wurde auf die notwendigen Verbrauchsstellen reduziert. Alle Anlagen werden über eine moderne Gebäudeleittechnik geregelt, überwacht und gesteuert. Die Anforderungswerte der EnEV 2007 konnten erheblich unterschritten werden (HT´= 0,19 gegenüber 0,66 kWh/m²a; Qp = 308,4 gegenüber 425,5 kWh/m²a).

Auch die Schüler des Gymnasiums Lehrte ließen sich von dem Klimaschutzengagement ihrer Stadt anstecken und ergriffen Initiative. Auf dem Dach des neuen Gebäudes wurde auf 40 m² eine privat betriebene Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 5,3 kWh installiert. Der Betreiber ist eine eigens für dieses Projekt gegründete Schülerfirma „new energy“, die mit fachlicher Unterstützung eines Lehrers und eines Ingenieurbüros die Anlage geplant, finanziert und montiert hat. Auch den Betrieb der Anlage und die gesamte Verwaltung wickeln die Schüler selbst ab.

Beteiligte

Bauherr: Stadt Lehrte
Architekt: Mosaik Architekten BDA, Hannover;www.mosaik-architekten.de

Energieplaner/Fachingenieure

Haustechnik: IG Grabe, Hannover; www.grabe-ingenieure.de
Tragwerksplanung: Ing.-Büro Hartwig Sellmann, Hannover; www.sellmann.net
Energiekonzept:
Gebäudehülle:
Dach: 24-30 cm Stahlbetondecke; Dampfsperre; Ø 40 cm Gefälledämmplatten WLG 0,35; 2-lagige Bitumendachabdichtung
Außenwand EG: 24 cm Stahlbetonwand; 18 cm Mineralwolle WLG 0,35; Fingerspalt; 11,5 cm Verblendmauerwerk
Außenwand OG: 24 cm Stahlbetonwand; 28cm Hartschaumdämmplatten
WLG 0,35; 2 cm Putz
Fenster: hochwärmegedämmte Aluminiumfenster mit 3-fach Isolierverglasung, Einbautiefe 75 mm, bzw. 105 mm
Boden: 12 cm hochdruckfeste EPS-Dämmplatten WLG 0,40; 40 cm Stahlbetonbodenplatte (Erdfallgebiet); 18 cm EPS-Dämmplatten WLG 0,35; 8 cm Estrich; Bodenbelag
U-Wert Außenwand = 0,12 W/(m²K),
U-Wert Bodenplatte = 0,10 W/(m²K),
U-Wert Dach = 0,10 W/(m²K),
Uw-Wert Fenster = 0,75 W/(m²K),
Ug-Wert Verglasung = 0,55 W/(m²K),
Ug-total (mit Sonnenschutz) = 0,70 W/(m²K),Dreifachverglasung mit Lamellen im Scheibenzwischenraum
Luftwechselrate n50 = 0,6/h
Haustechnik:
Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, Vorkonditionierung der Luft über Erdkanal

Energiebedarf

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