Hinter dem Schleier
Technisches Betriebszentrum München

Das Technische Betriebszentrum der Stadt München ersetzt die ehemaligen, stark sanierungsbedürftigen Bauhöfe des Verkehrszeichenbetriebs sowie der Straßenbeleuchtung und Verkehrsleittechnik. Der Neubau integriert die unterschiedlichsten Funktionen, Werkstätten und Lager, Büros und Parkplätze sowie eine Kantine. Äußerlich ist davon nichts zu sehen. Ein Kleid aus Streckmetall umhüllt den komplexen Baukörper und verleiht ihm ein einheitliches Bild.

Ein „warmer“ Gebäuderiegel, ein „kalter“, dutzende Fahrzeuge, die Verkehrsleitzentrale, Büros, Werkstätten, Betriebshöfe, Lager und mehr; alles zusammengezogen aus den stark sanierungsbedürftigen Bauhöfen des Baureferats für die Straßenbeleuchtung, für die Verkehrsleittechnik, für den Verkehrszeichenbetrieb und für das Parkraummanagement: Das Technische Betriebszentrum der Stadt München ist ein gebauter Königsweg, ein Bauchladen voller unterschiedlicher Funktionen, geschickt verborgen hinter einem Schleier aus Streck­metall und funktional integriert in zwei parallele Gebäuderiegel mit einem schwebendem Glasdach dazwischen. Das dabei verwendete Material ist industrietypisch, robust und langlebig: Sichtbetonflächen, ein Stahltragwerk, eine verzinkte Stahl-Streckmetallfassade und Industrieverglasungen mit Profilglas.

„Vorgabe für die Planung war ein von der Stadt vorgegebenes, fundiertes Raumprogramm mit einem Lager- und Werkstattlayout, das von dem Logistikplaner T&O detailliert ausgearbeitet worden war“, erzählt Peter Hofmann, der als Architekt bei Auer Weber mit der Entwurfsplanung und künstlerischen Oberbauleitung des Projekts betraut war. Der Neubau war notwendig geworden, nachdem die über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen der alten Bau­höfe einer zeitgerechten und wirtschaftlichen Betriebsführung immer mehr im Wege gestanden haben. Aus diesem Anlass hatte die Stadt München schließlich einen Architektenwettbewerb ausgelobt und die Planung des 41 Mio. € teuren Baukörpers in der Schragenhofstraße 6 an den Gewinner vergeben.

Wichtiges Bindeglied – der städtische Ansprechpartner

Zusammen mit dem Logistikplaner, bwp Baumanagement als bauleitendem Büro und dem Ingenieurbüro EDR GmbH als Projektsteuerer erschufen bzw. begleiteten Auer Weber das Bauvorhaben bis zu seiner Fertigstellung. „Dabei stand uns seitens der Stadt von Anfang an ein Ansprechpartner zur Verfügung, der auf Bauherrenseite die Kommunikation und Kooperation organisierte“, beschreibt Hofmann. Alle vier bis sechs Wochen, bisweilen auch 14-tägig fanden sich die Planungs- und Projektbeteiligten zu Besprechungen zusammen. Daneben gab es regelmäßige Abstimmungsgespräche mit der Stadt als künftiger Nutzerin.

Die intensive Zusammenarbeit mit dem städtischen Ansprech­partner war insbesondere in der Anfangsphase des Projekts wichtig, da die ursprünglich errechneten Kosten das städtische Budget überschritten und um rund 10 % gesenkt werden mussten. Darüber hin­aus ging es in dieser Phase darum, die verschiedenen Bereiche minutiös zu planen und aufeinander abzustimmen, zumal Hochregallager einzuplanen waren, unterschiedliche Anforderungen an die Haustechnik aufeinander ab­zustimmen und nicht zuletzt die Verkehrsleitzentrale als das „alles steuernde Gehirn der Stadt“ in die Planung zu integrieren war, betont der Architekt.

Wirtschaftliche Bauweise eint Stahl- und Stahlbetontrakte

Aus diesen verschiedenen Vorgaben ergab sich ein zweigliedriger Baukörper mit einem Kalt- und einem Warmhaus. Im nicht beheizten Kalthaus sind die Parkplätze und Lager untergebracht. Im beheizten Warmhaus finden im Erdgeschoss verschiedene Werkstätten Platz. Im rückwärtigen Gebäudeteil ist darüber hin­aus ein 800 m2 großes Hochregallager integriert. In den beiden Obergeschossen des Mitteltrakts befinden sich Verwaltungs- und Bürobereiche. Der Kopfbau nimmt das Foyer und die Leitzentrale auf. Auch eine Cafeteria für die Mitarbeiter ist hier angesiedelt. Zwischen beiden Gebäudeteilen verläuft die sogenannte Magistrale, ein Verbindungsweg, der es den Angestellten ermöglicht, trockenen Fußes von einem Haus zum anderen zu gelangen und witterungsgeschützt Material zu verladen. Ein Glasdach oberhalb der Magistrale ist als Photovoltaikanlage ausgebildet: Rund 2 000 m2 amorphe Dünnschichtmodule erzeugen regenerative Energie.

Das auf 5 °C Mindesttemperatur ausgelegte und mit einer Luftheizung ausgestattete Kalthaus, dessen LKW-Garage, der Hochregallagerbereich und das Dach über der Magistrale wurden als Stahlkonstruktionen ausgeführt, da sich dies entsprechend vergleichender Berechnungen als wirtschaftlichste Möglichkeit erwies, um eine weitgehend stützenfreie Konstruktion zu erstellen. Das Warmhaus basiert auf einem Stahlbetonskelett und wurde entsprechend der zum Planungszeitpunkt gültigen EnEV 2009 errichtet. Geheizt wird mit einer Hackschnitzelheizung, Spitzenlasten deckt eine zusätzliche Gastherme ab.

Um das beheizbare Hochregallager optimal, energieeffizient und gleichzeitig kostengünstig belichten zu können, wählten die Planer eine Industrieverglasung mit transluzenter Wärmedämmung. Drei- bis vierfache Lagen dieses Materials resultieren in einem U-Wert von 0,8 W/m2.

Im Visier: Brand- und Schallschutz sowie die Verkehrsplanung

Da der Neubau an Wohngebiete angrenzt, mussten bei der Planung und Ausführung nicht nur die energetischen Aspekte, sondern auch die Schallemissionen im Betrieb berücksichtigt werden. Die Werkstätten im Erdgeschoss erhielten daher Schallschutzverglasungen, die seitlich angrenzenden Gebäudeteile schirmen die Magistrale ab.

„Zu den weiteren Herausforderungen der Planungen gehörten Brandschutzthemen, schließlich koppelt das Gebäude viele unterschiedliche Funktionsbereiche miteinander“, erinnert sich Hofmann. So mussten der Kalt-riegel und die einzelnen Lagerebenen des Hochregallagers gesprinklert werden, während die restlichen Bereiche kaskadenförmige Fluchtwege und -treppen mit Ausgängen hinter der Streckmetallfassade bzw. zur Magistrale erhielten. Für den Fuhrpark standen darüber hinaus exakte Fahrzeuglisten mit detaillierten Größenangaben zur Verfügung, sodass die dreigeschossige Parkgarage mit Hilfe eines Verkehrsplaners maßgeschneidert werden konnte. Dabei wurden die Positionen der Stahlstützen entsprechend der Schleppkurven der Fahrzeuge so optimiert, dass diese nun souverän rangieren können.

Maximum ausgereizt

Bei der Planung der mit einer umlaufenden Galerie ausgestatteten zweigeschossigen Verkehrsleitzentrale zog die Stadt Experten von Obermeyer Planen + Beraten hinzu, um für das „Gehirn der Stadt“ eine optimale Lösung zu erarbeiten. „In der Entwurfsphase wurde auch die Nachrüstbarkeit jener Zentrale thematisiert, respektive die Möglichkeit, bei einem wachsenden Raumbedarf hier eine zusätzliche Decke einzuziehen“, so Andreas Fritz aus dem Baureferat der Landeshauptstadt München. Auch die anderen Abteilungen bzw. Bereiche innerhalb des neuen technischen Betriebszentrums sind so konzipiert, dass sie den jeweiligen Anforderungen angepasst werden können. Denn München wächst und dies wirkt sich natürlich auch auf die städtischen Einrichtungen aus.

So ist es durchaus möglich, dass das, was heute optimal ist, in einigen Jahren bereits zu klein sein wird. „Eine bauliche Erweiterung des neuen Technischen Betriebshofes stand jedoch bei der Planung nicht im Fokus“, bedeutet Fritz. Schon deshalb, weil das Grundstück durch die Außenflächen des Neubaus weitgehend ausgereizt ist. „Es ist bis zu 80 % versiegelt. Dies ist das Maximum dessen, was baurechtlich möglich ist.“ Sollten die Kapazitäten des Gebäudes daher eines Tages nicht mehr ausreichen, wird wohl wieder umge-zogen werden. Doch davon ist derzeit noch nicht die Rede. Schließlich ist der Neubau ein gelungener Königsweg. Er funktioniert, sieht gut aus und jeder ist zufrieden damit. Christine Ryll, München

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