Hotel Ottilia, Kopenhagen/DK
Auf stolzen 30 ha produzierte die bekannte dänische Brauerei Carlsberg bis zur Verlagerung der Produktion im Jahr 2008 mitten in Kopenhagen ihre Biere. Der Name und die prägnante Architektur blieben dem „Carlsberg Byen“, dem Carlsberg-Quartier, erhalten. Zwei unter Denkmalschutz stehende Bauten, werden nun auf besondere Weise nachgenutzt: In die ehemalige Mälzerei und das Lagerhaus 3, die zusammen ein L bilden, zog das Hotel Ottilia als viertes Brøchner-Hotel und erstes mit Konferenzbereich ein. Der Name des Hotels ist eine Reminiszenz an die Frau von Carl Jacobsen, den Gründer und Braumeister von Carlsberg.
Mit viel Respekt vor dem Bestand
Das ehemalige Lagerhaus 3 wurde 1969 nach Plänen des Architekten Svenn Eske Kristensen errichtet und beherbergt heute die drei verschiedenen Doppelzimmer-Typen. Zur straßenabgewandten Seite hin prägen große, runde Fenster die denkmalgeschützte Backsteinfassade. Die gegenüberliegende Fassade war dagegen bis dato komplett geschlossen. 64 goldfarbene Schilde, jedes ein Symbol für einen im Lager untergebrachten Biertank und dessen Durchmesser aufnehmend, verwandeln sie in ein elegant schimmerndes Kunstwerk. Um auch in diesem Bereich Zimmer einbauen zu können, ließ das Team von Arkitema Architects, dem für den Hochbau zuständigen Architekturbüro, in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde neben den goldenen Elementen einzelne übereinanderliegende Steine entfernen. Die entstandenen „Reißverschlussfenster“ lassen nun ausreichend Tageslicht in die Zimmer und wirken, als hätte sie es schon immer gegeben.
Die angrenzende Mälzerei wurde bereits 1881 nach Plänen von Vilhelm Dahlerup fertiggestellt und zeigt sich zur nordöstlichen Straßenecke hin mit einem markanten Turm. In diesem Gebäudeteil befinden sich die Lobby, verschiedene Lounges, die den Hotelgästen viele Möglichkeiten bieten, sich auch außerhalb ihrer Zimmer aufzuhalten, und die Suiten, deren Schlafzimmer teilweise zwischen den runden Mauern des Turms eingerichtet sind. In den westlichen Teil der Mälzerei wurden in die unteren Geschosse unter anderem Technikräume und die Küche eingebaut. Die 3. bis 5. Etage bieten dem Konferenzbereich Platz.
Einzig neu hinzugefügt wurde das Restaurant Tramoto auf dem Dach des Lagerhauses. Die filigrane, nur knapp 10 m schmale Stahl-Glaskonstruktion ermöglichte es, eine Dachterrasse anzulegen. Von dort genießen die Gäste einen ebenso tollen Blick über die Stadt wie vom Innenraum.
An vorhandene Qualitäten anknüpfen
Bei der Ankunft am Hotel weisen nur ein vollverglaster Fassadenbereich und ein dezenter goldener Schriftzug – farblich passend zu den darüberliegenden Schilden – auf den Eingang ins Hotel hin. Per Aufzug gelangt man ins 1. Obergeschoss mit seiner außergewöhnlichen „Rezeption“. Sie ist als Bar mit viel Edelstahl gestaltet, sodass sich die Anreisenden direkt mit einem Drink verwöhnen lassen können. Die rauen Sichtbetonoberflächen der gegenüberliegenden Getreidesilos kontrastieren die modernen Elemente auf gelungene Weise und spiegeln sich unscharf in der glänzenden Oberfläche des Edelstahls. Von der Lobby-Bar aus erreicht man unter anderem die sogenannte Dipylon-Halle mit einer Geschosshöhe von bis zu drei Etagen. Mit ihren rostbraunen Stahlstützen und -trägern sowie den weiß gestrichenen Ziegelwänden zeigt sie den Charakter der Gebäude ganz besonders. Die zurückhaltende Möblierung in verschiedenen Brauntönen und in Hellgrau sowie die chromglänzenden Stehleuchten nehmen sich darin dezent zurück. Eine Lichtinstallation aus weißen Bändern schlingt sich um die rohen Stahlträger und verleiht dem Raum eine verspielte Eleganz.
Bereits in diesen Räumen, die nur einen Teil des Hotels ausmachen, wird das Leitmotiv des Umbaus deutlich. Mit Respekt vor dem Vorhandenen arbeitete die Innenarchitektin Mette Fredskild dessen Werte und Qualitäten heraus und ergänzte mit neuen Einbauten, Möbeln unterschiedlicher, oft lokaler Unternehmen und verschiedenen Kunstwerken. So entstand eine einzigartige Kombination aus originalen Stahlträgern, Sichtbetondecken und Getreidesilos sowie neuen zeitgenössischen Elementen.
Strenge Architektur, wohnliche Accessoires
Die zum Innenhof ausgerichteten Superior-Zimmer haben einen klassisch rechteckigen Grundriss und ein offenes Badezimmer. Vom Waschtisch schweift der Blick über das Bett hinaus in die Stadt. Ein mit Edelstahl verkleidetes Regal grenzt diese Zone zum Flurbereich hin ab und bietet sehr viel Stauraum für Handtücher und Kosmetikutensilien. Die rötlich-braunen bis schwarzen Wand- und Bodenfliesen greifen die Keramikfassade des Gebäudesockels auf und harmonieren bestens mit den hellgrauen Flächen des sandgestrahlten und staubbindend beschichteten Sichtbetontragwerks, den weißen Wänden und dem warmen Farbton des Eichenparketts. Ein 3,4 m und damit raumhoher Vorhang sorgt in den Zimmern mit ihren glatten Oberflächen für eine angenehme Akustik und verdunkelt auf Wunsch das Fenster.
Auf der gegenüberliegenden Seite fanden die ArchitektInnen eine abweichende Tragstruktur vor, weshalb sie die Badezimmer zum Schlafbereich hin versetzt anordneten und ein
Z-förmiger Grundriss mit interessanten Blickbeziehungen zwischen den alten Betonstützen hindurch entstand. Die Materialität dieser Standard-Zimmer ist bis auf den hellgrauen, fein strukturierten Teppichboden identisch zu jener des Typs Superior.
Im 2. und 3. Obergeschoss der Mälzerei sind jeweils vier Suiten in die bestehenden und bereits kleinteiligen Grundrisse integriert. Nur an wenigen Stellen wurden Wände geschlossen oder neue für die Badezimmer eingezogen. Die 4. Etage war – vom Turm abgesehen – ein großer offener Raum, den die ArchitektInnen in die drei größten Suiten umgestalten ließen. Die Schlafzimmer sind mit einem dunkelroten Teppichboden ausgelegt, während sich in den Aufenthaltsräumen Fischgrätparkett findet.
Aufgeräumte Gestaltung für klare Gedanken
In den Konferenz- und Besprechungsräumen zeigt sich der Industriecharakter ebenfalls sehr deutlich, den die sichtbaren metallenen Rohre der neu eingebauten Lüftungsanlage unterstreichen. Der Teppichboden wurde mit seinem abstrahierten Distelmotiv eigens für dieses Hotel entworfen: Ottilia Jacobsen war gebürtige Schottin und liebte die Nationalblume ihrer Heimat. Die Distel ziert als Erinnerung an die Namensgeberin an 15 weiteren Stellen das Hotel. Wer es schafft, alle zu finden, darf sich über ein Glas Wein auf Kosten des Hauses freuen.
Simone Hübener, Berlin
Projektdaten
Objekt: Hotel Ottilia
Standort: Bryggernes Plads 7, Kopenhagen/DK
Bauherr: Brøchner Hotels
Architektur: Arkitema Architects, Aarhus/DK, www.arkitema.com
Innenarchitektur: Morten Hedegaard and Mette Fredskild, Kopenhagen/DK, www.mettefredskild.dk
Fertigstellung: 2019
Anzahl der Zimmer: 155 Zimmer und Suiten
Preis pro Übernachtung: ca. 131 €
www.brochner-hotels.com/hotel-ottilia
Hersteller
Beleuchtung: RUBN A/B, www.rubn.com
Möbel: OX Denmarq, www.oxdenmarq.com, by Lassen, www.bylassen.com, &Tradition,
www.andtradition.com, Carl Hansen & Søn, www.carlhansen.com, Fogia, www.fogia.com, Martela, www.martela.com
Betten, Garderobe, Lederpolster in runden Fenstern: Komplet Interieur, www.komplet-as.dk
Teppiche in Konferenz und Besprechungsräumen: Ege Carpets, www.egecarpets.de
Fliesen Sanitärbereiche der Gästezimmer: Agrob Buchtal, www.agrob-buchtal.de