Buchrezension: Durch Manhattan

Von Niklas Maak und Leanne Shapton an die Hand genommen. Erschienen bei Carl Hanser

Wenn einer eine Reise tut ... dann sollte er vorher oder dabei oder ja, auch im Nachhinein die Bücher lesen, die über die Reise, den Zielort, die Menschen am Reiseziel, ihre Ess- und Feierkultur etc. etc. geschrieben wurden. Am Besten allerdings liest man die Bücher - oder das EINE - schon zeitig vor der Reise.

Ich tat das mit Niklas Maaks "Durch Manhattan", das weniger wie ein klassischer Reisefüher mit Tipps und Tricks für das Leben am Reiseziel und den Weg nach dorthin aufwartet, sondern wie ein Erzählband daher kommt. Eben: Carl Hanser Verlag und nicht ... Es fehlen also in diesem Reiseführer die immer viel zu kleinen und häufig zu schlechten Farbfotos von Monumenten und Restaurants, von Denkmälern und Einkaufspassagen, Märkten und Trachtenlandschaften und all den anderen Assessoires des Touristischen, die uns den Mund wässrig machen sollen. Oder uns schlicht auf das vorbereiten, was uns erwartet. Es fehlen - wie schon gesagt - die Tipps für günstige oder exzeptionelle Locations, für günstige Einkäufe oder Geburtshäuser berühmter Menschen in abgelegenen Gassen. Es fehlen Seitensprünge, Exkurse und der ganz große Blick auf Land und Leute: davon nichts!

Und was soll man sagen: Bücher über Manhattan gibt es hundertfach! Große und kleine, häufig im Hochformat, weger der Hochformate der Fotografien, die wegen der hochformatigen Hochhäuser so sein sollten. Warum also noch ein Buch, das zudem so wenig über Manhatten zu bieten hat?

Man sollte es sich kaufen, wenn man das Zentrum New Yorks schon so einigermaßen kennt. Oder: Wenn man ein ziemlich konkretes Bild hat von dem Stadtteil, der so magisch anziehend auf uns alle wirkt. ... Magisch ... Das ist es wohl, was dieses Buch uns ein wenig näher bringt, denn hier werden Geschichten erzählt. Erlebnisse, die der Autor und Erzähler Niklas Maak und die Künstlerin Leanne Shapton uns auf ihrem zweitägigen Spaziergang (eher eine stramme Wanderung!) durch Manhattan mitbringen: von Süden, vom Staten Island Ferry Terminal, bis hinauf zur 220sten Straße, zu welcher kaum noch jemand gelangt, auch während eines einwöchigen Aufenthalts nicht. Sie folgen einer imaginären Linie, die irgendwie das Wachstum des im 17. Jahrhundert noch Neu Amsterdam seienden New York nachzeichnet. Ein - hier bei Hanser - oranger Farbstreifen, der sich im Lesebändchen farblich wiederfindet. Dieser Linie entlang laufen die beiden, der eine Notizen schreibend, die andere ihre Eindrücke über kleine Tusche(?)bilder/-flächenarrangements/-muster dokumentierend, an Bildern vorbei, an Menschen. Augenblickhaft und interpretierend, fabulierend und immer auch mit einem Blick auf die Geschichten, die wir alle schon kennen.

Aber es gibt - und das ist auf einem solcherart geplanten Spaziergang - eben auch Unvorhergesehenes, Neues. Menschen, die aus Autos steigen, Menschen, die vor oder hinter einem den beinahe gleichen Weg laufen, Menschen, die in der Nähe wohnen oder arbeiten und davon erzählen. Oder schweigen. Und sie treffen diejenigen, die auch im hiesigen Kulturbetrieb einen Namen haben und man zweifelt an diesen Stellen am Authentischen, zweifelt daran, dass diese Spaziergangerlebnisse wirklich im Gehen entstanden sind, ob das Gehen nicht doch einer Choreografie folgt oder doch dem Gesetz des willenlosen Flanierens.

Am Ende, also mit den beiden hoch oben im Norden Manhattans angekommen - und die Lesereise in kommodem Tempo braucht weniger als zwei Tage - ist man schlauer, versteht man möglicherweise mehr von einer Seite Manhattans ... auch, dass das längst nicht ausreicht; aber welches Buch kann das schon leisten?! "Durch Manhattan" ist vor allem das eine: Literatur. Solides Erzählen, das zudem sehr assoziatiionsreich illustriert wurde. Mit (sehr reduziertem) Stadtplan. Be. K.

Durch Manhattan. Von Niklas Maak (Text) und Leanne Shapton (Illustrationen). Carl Hanser Verlag, München 2017, 224 S., 25 €, ISBN 978-3-446-25666-8

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