Bodengleiche Duschen
abdichten
Verbundabdichtung im
Bestand

„Barrierefreiheit - das betrifft doch nur die Zielgruppe der Rollstuhlfahrer.“ Diese Einstellung hat sich glücklicherweise geändert. Denn Barrierefreiheit ist heute im Bereich der Normalität angekommen. Sie ist zu einem Oberbegriff für sinnvolles und vorausschauendes Bauen geworden, das neben der schon genannten Zielgruppe auch Menschen mit temporären Einschränkungen einbezieht, den Sportler zum Beispiel, der nach einem Beinbruch auf Gehhilfen angewiesen ist, die Familie, die mit Kinderwagen und Einkaufskörben hantieren muss, oder ältere Menschen, auch wenn sie vielleicht „nur“ unter einer einzigen Sinnesbehinderung wie zum Beispiel schlecht Sehen oder schlecht Hören leiden. Bauen ohne Barrieren ist ein großer Zukunftsmarkt für Menschen in jeder Lebenslage und –situation. Eine der größten Herausforderungen liegt dabei sicher darin, den Wohnungsbestand, der häufig durch Grund-

rissbeschränkungen, schmale Bäder, enge Türdurchgänge, Schwellen und Höhenversätze gekennzeichnet ist, in einen Zustand der größtmöglichen Barrierereduzierung zu bringen. Erhebliche Bedeutung im Rahmen dieser Umbaumaßnahmen kommt dabei dem Thema Abdichtung zu. Welche Normen, Vorschriften und welche Regeln sind dabei zu beachten und wie kann eine Abdichtung funktionssicher ausgeführt werden? Gemäß der europäischen Bauproduktenrichtlinie müssen Bauteile vor Feuchtigkeitsansammlung geschützt werden: „Produkte, die zum Feuchteschutz eingesetzt werden, tragen zur Erfüllung der Anforderungen bei, und sind somit von bauaufsichtlicher Relevanz und in die Bauregelliste aufzunehmen“.

Generelle Leitlinien

Hierbei zeigt es sich, dass Abdichtungswerkstoffe in unterschiedlichen Teilen der Bauregelliste wieder gefunden werden.

Die Bauregelliste A, Teil 1 beschreibt zum Beispiel geregelte Produkte, das heißt, dass alle Produkte bestimmte technische Regeln erfüllen und DIN-Normen in der Regel eingehalten werden müssen. Als Beispiel sind Bauprodukte für Bauwerksabdichtungen wie Bitumenschweißbahnen oder kalt selbstklebende Bitumendichtungsbahnen genannt.

In der Bauregelliste A Teil 2 dagegen sind nicht geregelte Bauprodukte beschrieben.

Diese nicht geregelten Bauprodukte benötigen entweder ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis oder eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung. Als Beispiele hierfür können Abdichtungsstoffe im Verbund mit Fliesen und Plattenbelägen mit nicht drückendem Wasser bei hoher Beanspruchung, wie zum Beispiel in Nassräumen im öffentlichen/gewerblichen Bereich genannt werden, aber auch Bitumendickbeschichtungen (KMBs).

In der Bauregelliste C sind grundsätzlich alle Produkte aufgeführt, die von untergeordneter Bedeutung sind und für die keine weiteren Anforderun­gen an Brand-, Schall- und Wärmeschutz gestellt werden. In der Regel müssen diese Produkte lediglich als mindestens normal entflammbare Produkte eingestuft worden sein. Als Beispiele können hier genannt werden: Abdichtungsstoffe bei mäßiger Beanspruchung, Abdichtungsstoffe im Verbund mit Fliesen- und Plattenbelägen gegen nicht drückendes Wasser, die zum Beispiel bei ausschließlich mit Spritzwasser belasteten Fußboden- und Wandflächen im Wohnungsbau sowie im Balkonbereich eingesetzt werden.

Als weiterhin zu beachtende Regelwerke können die Merkblätter des Zentralverbandes des deutschen Baugewerbes herangezogen werden, zu denen unter anderem das Merkblatt Verbundabdichtung zählt. Hier werden zugelassene Untergründe für in der Regel flüssig und pastös zu verarbeitbare Abdichtungswerkstoffe geregelt und es beschreibt die Notwendigkeit der Abdichtungen je nach Feuchtigkeitsbeanspruchungsklasse.

Bei der Anwendung von Abdichtungswerk­stoffen ist also zu unterscheiden zwischen Abdichtungen im bauaufsichtlich geregelten und Abdichtungen im bauaufsichtlich nicht geregelten Bereich. Für den bauaufsichtlich nicht geregelten Bereich sind Feuchtigkeitsbeanspruchungsklassen A0, A01, A02 und B0 beschrieben und für den bauaufsichtlich geregelten Bereich die Feuchtigkeitsbeanspruchungsklassen A, B und C.

Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass die in diesen beiden Regelwerken mit B bezeichneten Flächen grundsätzlich unterschiedliche Bedeutungen haben. Bei den bauaufsichtlich nicht geregelten Beanspruchungsklassen wer­den mit der Beanspruchung B0 Bauteile im Außenbereich, Balkone und Terrassen einbezogen, während bei den geregelten Bereichen mit B Wand- und Bodenflächen in Behälterauskleidungen (z.B. Schwimmbecken) gemeint sind.

Unter die Beanspruchungsklasse C fallen Wand- und Bodenflächen mit hoher Wasser- und chemikalischer Beanspruchung, wie zum Beispiel in Großküchen

Zusätzliche Leitlinien für den europäischen Raum

Über die bereits beschriebenen Abdichtungsmaßnahmen hinaus gibt es für eine europäisch-technische Zulassung gesonderte Leit­linien: Die ETAG 022 (European technical approval guideline). Sie führt unter Beachtung der hierin genannten Prüfungen zu einer ETA (european technical approval), also einer europäisch technischen Zulassung für Abdichtungen für Wände und Böden in Nassräumen.

Auch diese europäisch-technischen Zulassungen oder die europäisch-technischen Prüfvorschriften sind untergliedert in Teil 1 (flüssig aufzubringende Systeme), Teil 2 (Abdich

tungsbahnen mit und ohne Nutzschicht) und Teil 3 (Bausätze aus plattenförmigen Abdichtungen mit und ohne Nutzschicht, einschließlich Fugendichtungsbändern), wobei bis heute lediglich der Teil 1 von der Kommission verabschiedet worden ist. Die ETAG 022 als Richtlinie/Prüfvorschrift für Nassräume regelt die Bereiche: Häusliche Bäder, Bäder in Hotels/Pensionen, Öffentliche oder private Duschanlagen, Umgänge von Schwimmbädern im Innenbereich. Sie regelt nicht private und öffentliche Schwimmbecken, Wäschereien oder gewerbliche Küchen.

Prüfsystem unterscheidet sich von allen bisherigen Zulassungsprüfungen

Erstmalig ist über dieses System ETAG 022 ein Prüfsystem eingeführt worden, welches sich durch die Prüfung als Kit oder Bausatz wesentlich von allen anderen bisherigen Zulassungsprüfungen unterscheidet.

Hierbei werden nicht die Einzelkomponenten eines Abdichtungssystems geprüft, sondern die Abdichtung als zusammengefügtes System wird allen Prüfungen unterworfen. Damit ist im Sinne des Verbrauchers/Nutzers erstmalig sichergestellt, dass nicht nur die Flächenabdichtung, sondern auch die Zusammenfügung und die Übergänge, sowie das Einsetzen und Einbinden von Dichtungsbändern/–streifen, vorgefertigten Innen- oder Außenecken, Ausbildung von Durchdringungen und die Kombination mit den zu verwendenden Fliesenklebern entsprechend geprüft werden. Innerhalb dieses Systems werden jedoch nicht keramische Fliesen, Verfugungsmaterialien für Fliesen, Bodenabläufe und Rohre geprüft, sondern lediglich die Rohrdurchführung als Beispiel sowie die Einbindung dieser Rohrdurchführung in das Abdichtungssystem. Die nach diesem System geprüften Werkstoffe dürfen dann das CE-Kennzeichen führen. Nationalstaatlich erfolgt die bauaufsichtliche Einführung durch Aufnahme der ETAG 022 in die Bauregelliste B Teil 1 in Verbindung mit der Liste der technischen Baubestimmungen. Hiermit wird dem Grundgedanken der Vorbeugenden Gefahrenabwehr, wie er sich aus den §3,17, 25 der Musterbauordnung ergibt, Rechnung

getragen.

Ein wichtiger und zuweilen auch heikler Punkt in der Detailplanung barrierefreier Wohnungen ist sicherlich der zentrale Nassbereich - und dort insbesondere der Ausbau der geforderten schwellenlosen, also bodengleichen Dusche.

Abdichtung bei bodengleichen Duschen

Bodengleiche Duschen korrekt auszuführen ist eine Arbeit, die von dem ausführenden Handwerker sehr viel Sorgfalt erfordert.

Als Arbeitserleichterung – hinsichtlich der Arbeitszeit, aber auch der Gewährleistung – hat sich der Einsatz von vorgefertigten bodengleichen Duschelementen zur direkten Verfliesung erwiesen. Diese Produkte sind sowohl im Neubau als auch bei Renovierung/Umbau/Instandsetzung verwendbar. Sie sind im privaten Wohnungsbau, in öffentlich zugänglichen Gebäuden und Arbeitsstätten – wie in der DIN 18024 Teil 2 beschrieben - und vor allem zur Ausführung barrierefreier Wohnungen gemäß DIN 18025 Teil 1+2 einsetzbar. Die Bodenelemente weisen ein ausreichendes Gefälle auf, sind grundsätzlich mit dem Rollstuhl befahrbar (ab 50mm Fliesenkantenlänge) und in nahezu jeder Sonderabmessung lieferbar. Die in solchen Systemen verwendeten Bodenablaufvarianten sind alle so ausgelegt, dass sie die üblicherweise anfallenden Wassermengen in normal genutzten Duschbereichen jederzeit abführen können. Grundsätzlich steht bei solchen Systeme immer auch ein Element zur Verfügung, um die Deckendurchbrüche brandschutztechnisch sicher ausführen zu können.

Neben Ablaufvarianten mit zentralem oder dezentralem (rechteckigem oder rundem) Ablaufsystem stehen mittlerweile auch Systeme mit Linienentwässerung zur Verfügung, die abdichtungstechnisch nach den gleichen Kriterien zu beurteilen sind, wie die zuvor genannten Elemente. Sie ermöglichen dem Planer die Gestaltung von Bodenflächen auch mit großformatigen Fliesen ohne Unterbrechung des Fugenschnitts.

Als Fazit lässt sich sagen, dass für die barrierefreie Duschgestaltung durch den Einsatz von geprüften Duschelementen Sicherheit sowohl für den verantwortlichen Planer und Handwerker als auch letztendlich für den Bau­herren geschaffen wurde. Die verfliesbaren Bodenelemente sind nicht nur praktisch und zuverlässig, sie eröffnen dem Planer und Architekten auch völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten für Nassräume und Bäder.

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