Liebe Leserinnen und Leser,

während ich das hier schreibe, brennt draußen die Sonne vom Himmel. „Erbarmunglos“ drängt sich auf, aber die Sonne macht einfach nur das, was sie immer schon gemacht hat: Sie brennt und fusioniert und erlischt irgendwann einmal. Dass es bei uns so heiß (und auch trocken) geworden ist, hat weniger mit der Sonne zu tun, es ist vielmehr das Kohlendioxid, das sich in der Atmosphäre sammelt und den Treibhauseffekt bewirkt. Der bewirkt nun die Erwärmung der Erdoberfläche, was wiederum CO2 freisetzt, das sich in der Atmosphäre sammelt … und so fort, könnte man lapidar schreiben, stünde hinter diesem „und so fort“ nicht eine so noch nie für die Menschheit dagewesene, globale Herausforderung.

Und andererseits und gleichzeitig könnten wir die Strahlung der Sonne nutzen, unseren Energiehunger anders zu stillen, als durch den Verbrauch endlicher und eben CO2 freisetzender Rohstoffe. Nun kommen die Architekten und die Ingenieure. Die schon lange mit der Sonne planen, passiv sowieso, jetzt immer mehr auch aktiv über den Einsatz von PV-Modulen, diesen hässlichen, bläulich schimmernden Platten, die auf Dächer geschraubt werden oder, dicht gestellt auf ganze Felder, zu Energiefarmen konzentriert werden. Geht da nicht mehr? Vielleicht einmal nicht nur auf dem Dach, auch auf der Fassade?

Wir sprachen mit Rudi Scheuermann von Arup, Berlin, der im letzten Jahr Heftpate zum Thema Fassade war und der immer von der Gebäudehülle gesprochen hatte. Rudi Scheuerman schickte uns ohne lange Umschweife nach Amsterdam. „Sprecht mit den Leuten von UNStudio, die sind da ziemlich weit.“ Also bezogen auf die Implementierung von solar aktiven Flächen auf der gesamten Hülle eines Gebäudes. Wir fuhren hin, nach Amsterdam, und sprachen mit Astrid Piber, Partnerin des Architekturbüros von Ben van Berkel und Caroline Bos, und mit Tom Minderhoud, Senior Architect / Associate.  Und schnell war klar: Dieses Heft unter dem Titelthema Fassade würde ein solares werden. Allerdings nicht bloß bezogen auf das, was UNStudio mit der eigenen Firma „Solar Visuals“ voran treibt, auch passive, aber auf die komplette Gebäudehülle bezogene Energiekonzepte wurden in der Diskussion in Amsterdam an der Singelgracht ausgewählt. Ein Projekt – ein Hotel – steht in Amsterdam selbst, ein anderes in Lausanne. Zwei recht unterschiedlich mit PV-Modulen arbeitende Häuser wurden in Seoul und in Kopenhagen realisiert.

Deutlich wurde in unserem Gespräch mit den Architekten das eine: Noch ist die Wandlung solarer Strahlung in Energie nur ein Teil eines größeren Energiekonzepts (s. dazu auch das Interview auf S. 34f., das wir im Anschluss an die Dokumentation des Projektes von UNStudio mit Ben van Berkel geführt haben). Aber wir sollten schnellstmöglich dazu übergehen, dass wir die im Überfluss vorhandene solare Energie in jedem Neubauprojekt, bei jeder energetischen Sanierung, bei jeder Entwicklung neuer Siedlungsflächen im Bestand (!) im Blick haben. „Zapft die Sonne an!“ forderte Manfred Hegger schon 2007 die Architekten-/Ingenieurskollegen auf, der Blick auf das, was mittlerweile hier möglich, vor allem aber auch nötig ist, sollte uns das Nachdenken über Hemmnisse auf diesem Weg verbieten. Los geht’s, zapfen wir die Sonne an!

Viel Vergnügen dabei wünscht

Ihr

Benedikt Kraft

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