Bau- und Wohnungsgipfel, Berlin

Wissen Sie, welche Güter, welche Waren in diesem Land gute Umsätze machen? Also für das Steueraufkommen und damit für die Finanzierung des Staatshaushalts  essenziell sind? In einer Rateshow im Fernsehen überraschten Umsatzsteigerungen von 50 % in einer millionenschweren Branche, die man nicht auf dem Schirm hatte: Gesellschaftsspiele (700 Mio.  € aktuell). Im Online-Handel, der ständig wachsenden Konsumerplattform, liegt das Smartphone mit 42  Mrd. € deutlich an der Spitze. In einer anderen Liga spielen die Automobilbranche (gut 80 Mrd. € Umsatz), und natürlich das Bauhauptgewerbe (ca. 156 Mrd. €), in dem der Wohnungsbau mit gut 60 % Anteilen eine wesentliche Rolle spielt. Und während das Bauhauptgewerbe gerade mal wieder schrumpft (6 %), sind es in der Wohnungsbausparte gar 9 %. Ein Ende dieses Schrumpfungsprozesses ist erst einmal nicht abzusehen. Das Ifo-Institut erwartet einen weiteren Rückgang beim Wohnungsbau in Deutschland in den kommenden Jahren. Allein für 2025 rechnen die Forscherinnen nur mit 200 000 neuen Wohnungen. Das sind halb so viele, wie von der Bundesregierung jährlich versprochen (und 95 000 weniger, als in 2022 realisiert) worden sind.

Zeit also, dass die Politik zum zweiten Wohnungsbaugipfel einlud. Der Kanzler machte das Thema zur Chefsache, die Bundesbauministerin durfte referieren, allerdings vor einer nicht kompletten Runde. Zwei große Wohnungsbauunternehmen hatten ihre Teilnahme abgesagt, wohl, weil sie immer noch enttäuscht waren vom Wohnungsbaugipfel Nr. 1 in 2018, auf dem die damalige Kanzlerin 1,5 Mio. neue Wohnungen bis 2021 versprach, mehr als die sagenumwobenen 400 000/Jahr.

Es gab einen 14-Punkte-Plan [auf DBZ.de zum Download], der im wesentlichen ein Förderprogramm darstellt, Förderung privater Investitionen in Neubau. Die Anforderungen wurden gesenkt (EH-40 ab 2025 ist zunächst einmal gestoppt), es soll eine „Mieteroffensive“ geben, die im Umkehrschluss die Investition in den Geschosswohnungsbau wieder attraktiver machen soll.

Kein Wort zum Bestand, so, als könne man damit nichts verdienen. Dabei hatte eine Studie aus dem Ministerium von Frau Geywitz (BBSR-Studie „Unterstützung von Suffizienzansätzen im Gebäudebereich“, September 2023) nachgewiesen, wie man Wohnungsbau ressourcen- und flächenschonend und CO2-neutraler realisieren kann. Dazu Architects for Future: „Wir fordern eine Umsetzung dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse – nicht nur aus Gründen der Klimagerechtigkeit, sondern auch aus Sozial- und Generationengerechtigkeit.”

Tatsächlich ist dieser Plan wohl nur einer, der in Legislatur-Perioden-Länge denkt, kurzfristig werden Anreize geschaffen, Zahlen nach oben zu korrigieren; und damit Fakten, die Deutschland vermutlich Strafzahlungen an Brüssel bescheren, das Öko-Institut, Freiburg i. B., errechnete dafür schon 2021 eine Summe von rund 90 Mrd. €.

Deutschland ist gebaut, nur 8 % des Wohnungsbaus sind Neubauten, 92 % warten auf Ertüchtigung, Um-, Weiter- und Wiedernutzung. Leer­standsatlanten sind nötig, Gemeinnutz vor Eigennutz, eine Reform der Länderbauordnungen, eine temporäre Bundesbauordnung möglicherweise. Das Bauen im und mit dem Bestand ist ein Milliardengeschäft und es ist deutlich lukrativer, als der Neubau; aber für den Anfang unbequemer, gerade auch für die großen Wohnungsbauunternehmen, die sich allerdings zu Recht an den viel zu hohen Auflagen und der Unflexibiltät stoßen, die vom Baurecht provoziert wurden und teils einfach nicht mehr zeitgemäß sind. Da wäre die Politik gefordert, am besten mit den Wohnungseigentümerinnen und Wohnungssuchern zusammen. Wir bleiben dran. Be. K.

www.bmwsb.bund.de, www.bmwk.de, DBZ.de
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