UMBAU.Nonstop Transformation

gmp-Ausstellung im Salone Verde in Venedig noch bis Ende November 2023

Als am 18. Mai 2023 die Ausstellung UMBAU.Nonstop Transformation im Salone Verde in Venedig eröffnet wurde, war es sehr voll. Aus zweierlei Gründen. Zum einen ist der Ort – eine wunderbare Oase der Ruhe und der Konzentration mitten in Venedig – nicht der größte: Zwei den beiden länglichen Ausstellungsräumen liegt ein etwa ebenso großer, langgestreckter Hof, fertig. Dann hatte das ausstellende Büro, gmp, sämtliche Prominenz eingeladen. Von Bauherrnseite (auch chinesische Delegationen waren vor Ort), von Kollegen- und Verbändeseite, der Baukultur und denen, die sich der Baukultur zugehörig fühlen. Und ja, die Presse war auch da.

Und weil es gmp war, die eingeladen hatten, und weil es auch irgendwie zum Thema Umbau vice versa passte, war auch die Bundesbauministerin, Klara Geywitz, anwesend, die zum Auftakt mit der Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Petra Wesseler, ein paar ermunternde Worte zur versammelten Gemeinde sprachen. Es sprachen noch Sergio Pascolo, Präsident des Kooperationspartners Venice Urban Lab, die Kuratoren der Ausstellung, Stephan Schütz und Nikolaus Goetze und – last but never least - Volkwin Marg, einer der beiden Gründungspartner von gmp. Meinhard von Gerkan wäre sicher ebenfalls gerne mit dabei gewesen,  alle vermissten (die Presse zumindest) den im vergangen Jahr Verstorbenen.

Ausstellungsansicht, Kulturpalast Dresden
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Ausstellungsansicht, Kulturpalast Dresden
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Ausstellungsansicht, Blickrichtung Shanghai Academy of Fine Arts zur Alsterschwimmhalle Hamburg
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Ausstellungsansicht, Blickrichtung Shanghai Academy of Fine Arts zur Alsterschwimmhalle Hamburg
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Die Ausstellung UMBAU möchte einen Aspekt von gmp in den Fokus schieben, der in den vergangenen Jahrzehnten zwar immer auch da war, aber nie publik gemacht wurde, zu sehr war der Fokus auf Gestaltung, ästhetische Werte, auf Funktionalität und Effizienz gerichtet. Gmp war – und ist immer noch – eine Architekturproduktionmaschine, hinter der sich viele kluge und hervorragend arbeitenden Architekt:innen, Ingenieur:innen und viele weitere Fachleute verbergen. Gmp steht bis heute für so genannte deutsche Tugenden im Bauen: Genauigkeit, Eleganz, Solidität und auch Marke.

Bundesbauministerin Klara Geywitz mit Volkwin Marg
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Bundesbauministerin Klara Geywitz mit Volkwin Marg
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Ausstellungsansicht, Gasteig HP8
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Ausstellungsansicht, Gasteig HP8
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Dass das heute nicht mehr ausreicht, das kann man daran erkennen, dass das Umbau, also die Arbeit im Bestand, nun einen solchen und eben nicht kostenlosen Auftritt erhält; vor aller Augen, im Rahmen einer internationalen Architekturausstellung: „Seit über vierzig Jahren beschäftigen sich die Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) mit UMBAU. Die Ausstellung in Venedig stellt sieben von über sechzig Umbauprojekten als konkrete Fallbeispiele vor. Es sind öffentliche Bauten aus Deutschland und China. Beispielhaft zeigt die Auswahl die architektonische Praxis des UMBAUs: Aus der umfassenden Erkundung heraus werden auf den Bestand bezogene Konzeptionen entwickelt, die eine zeitgemäße Nutzung gewährleisten. Im Kern geht es dabei immer wieder um die Reaktivierung des Vorhandenen in all seiner Vielfalt.“ Soweit der Pressetext. Die Ausstellung zeigt ausgewählte Projekte aus Deutschland und China, die bereit fertiggestellt sind oder im Bau oder sich noch in Planung. So sind zu sehen das Berliner Olympiastadion (1936 fertiggestellt / UMBAU 2004), der Kulturpalast Dresden (1969 / 2017), die Transformation einer ehemaligen Trafohalle in München (1929 / 2021) als Teil der Isarphilharmonie Gasteig HP8, Konstruktionen des Betonschalenbaus mit der Alster-Schwimmhalle in Hamburg (1973 / 2023) und der Hyparschale in Magdeburg (1969 / 2024). Außerdem die Umwandlung der größten Edelstahlfabrik Shanghais (1986 / seit 2021) zur Shanghai Academy of Fine Arts und die Staatsbibliothek Berlin am Kulturforum (1978 / seit 2019).

Ausstellungsansicht, Blickrichtung Gasteig HP8 zum Olympiastadion Berlin
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Ausstellungsansicht, Blickrichtung Gasteig HP8 zum Olympiastadion Berlin
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Präsentiert über große Videoscreens, die nun auch einmal den Abriss von Bestandsteilen zeigen, die Ausschnitte aus dem Musikprogramm in München zu Klingen bringen (hier könnte man stundenlang zuhören an diesem Ort, allerdings ist die Tonschleife leider zu kurz … der GEMA geschuldet!?), auf kleinen Erläuterungstexten, die auf schweren Kunststoffplatten (quadratisch!) aufgebraucht wurden, Platten, die einmal auf der Baustelle empfindlichen Untergrund vor Schaden durch Arbeitsfahrzeuge verhinderten und nun, noch einmal komprimiert, in der Ausstellungs als Erläuterungstafeln oder Sitzflächen dienen. Montiere sind diese schwarzen Kunststoffplatten auf Gabbione im Würfelformat.

Ausstellungsansicht, Alster-Schwimmhalle Hamburg
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Ausstellungsansicht, Alster-Schwimmhalle Hamburg
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Wer in Venedig ist, sollte den Salone Verde unbedingt aufsuchen, ein Kunst- und Kulturort, der wie die hier gezeigten Projekte allerdings für die Ausnahme in der großen Aufgabe des Umbauens steht. Denn dieser Ort wie auch die Projekte, die gmp hier zeigt, sind Hingucker, Denkmale, hochsubventionierte Kulturbetriebe, die der Gemeinschaft dienen können, einer gesellschaftlichen Bildung. Aber die eigentliche, viel schwierigere Aufgabe liegt doch tatsächlich im Umbau des Wohnungsbestands, von dem hier in Venedig – im Salone Verde wie auch in den Giardini und Arsenale der Architekturbiennale nichts oder nur marginal etwas zu sehen war.

Eröffnungsworte von Politik- und Architektenprominenz im Salone verde, Hofraum

Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Eröffnungsworte von Politik- und Architektenprominenz im Salone verde, Hofraum
Foto: Benedikt Kraft / DBZ

Nonstop Transformation, das könnte ein Auftakt sein. Vielleicht können die Kuratoren diese Ausstellung, die ja wandern gehen wird, noch um diesen Aspekt ergänzen? Und damit nachweisen, dass das Bauen im und mit dem Bestand tatsächlich gelingen kann und wir damit auch unsere Ziele, Umbauarchitektur zukünftig zu leisten, auch erreichen werden können.

Ausstellung

UMBAU. Nonstop Transformation

19. Mai bis 26. November 2023, Dienstag bis Sonntag, 10-18 Uhr. Eintritt frei
Ort: Salone Verde, Sestiere Santa Croce 2258, Calle della Regina, 30135 Venedig

https://umbau.gmp.de

Kuratoren

Stephan Schütz, Nikolaus Goetze
Kuratorische Beratung und Redaktion Florian Heilmeyer

Thematisch passende Artikel:

09/2009

Konzepte für Venedig 12. Architekturbiennale Venedig 2010: Generalkommissar gesucht!

Die Architekturbiennale Venedig ist die bedeutendste internationale Architekturausstellung in Europa. Der deutsche Beitrag für die Architekturbiennale wird durch das Bundesministerium für Verkehr,...

mehr
03/2018

Keine Leistungsschau in Venedig

Im Anschluss an die Pressekonferenz am 5. Februar 2018 in Berlin gab es ein paar erwartbare Fragen, dann Fernsehinterviews und die auf solchen Veranstaltungen schon nicht mehr üblichen Häppchen. Ort...

mehr

Rem Koolhaas 2014 in Venedig

Der 68-Jährige Niederländer wird die 14. Architekturbiennale in Venedig kuratieren

Nach Kurt W. Forster, Richard Burdett, Aaron Betsky, Kazuyo Sejima und David Chipperfield, um nur die letzten Kuratoren der Internationalen Architekturausstellung in Venedig seit 2004 zu nennen, kommt...

mehr
03/2023

Wegen Umbau geöffnet – deutscher Beitrag Architekturbiennale Venedig 2023

Alle Jahre wieder: Architekturbiennale in Venedig. Immer eine Augenweide, meist Architekturarbeiten vom Feinsten. Aber darf, ja, kann das so weitergehen? Die Kurator:innen des deutschen Beitrags sehen...

mehr

Baukultur im Dialog

Podiumsdiskussion „Baukultur im Klimawandel“ am 30. Januar 2009, Frankfurt/Main

Die Reihe Baukultur im Dialog knüpft im Rahmen der Ausstellung „Updating Germany - Projekte für eine bessere Zukunft“ an die aktuelle Diskussion über neue Konzepte, Denkweisen und Strategien für...

mehr