Warum gibt es einen Hochhaus Preis?

In der Paulskirche in Frankfurt am Main wurde soeben der Internationale Hochhaus Preis 2012 verliehen; warum eigentlich?

Warum gibt es einen Architekturpreis, einen internationalen dazu, welcher wie der Internationale Hochhauspreis IHP alle zwei Jahre seit 2004 – in diesem Jahr also zum fünften Male – dem weltbesten Hochhaus verliehen wird? Warum einem Bautypus, der in vielerlei Hinsicht umstritten ist und nicht, wie gerade auch in Architektenkreisen gerne behauptet, das allein seelig machende Mittel sei, die nötige Dichte in den großen Metropolen dieser Welt zu erzeugen, die einem Ausufern entgegensteht. Aber warum nicht: ausufern im Zusammenspiel mit einem effektiven, leistungsfähigen und öffentlichen Nah-/Fernverkehr?!

Da gibt es einmal den einen Partner und Spiritus rector in der Auslobermannschaft, das Deutsche Architekturmuseum Frankfurt a. M. Das möchte mit diesem Preis Aufmerksamkeit auf sich ziehen und ein irgendwie ethisches Statement zur Architektur abgeben; auch international, da aber wenig erfolgreich, schaut man jenseits der Grenzen in die großen Medien. Da ist die das Ganze finanzierende DekaBank, die mit solcherart herausragenden und teils dreistellige Millionenbeträge teuren Immobilien weltweit ein gutes Geschäft macht. Da ist die den Preis beheimatende Stadt Frankfurt am Main, die sich gerne „Mainhattan“ nennt und sich ganz offensichtlich mit Hochhäuser einfach sehr wohl zu fühlen scheint. Und dann gibt es die Architekten, die entweder Gottes- oder Geldhäuser oder beides zum Höchsten dessen erklären, was man als Architekt auf die Beine stellen kann.

Den Vorwürfen/Vorurteilen, Hochhäuser wären maßstabslos, Autisten im städtischen Gewebe, Energieschleudern und ab einer gewissen, zurzeit häufig überschrittenen Höhe auch viel zu teuer und damit per se nicht für sozialen Wohnungsbau geeignet, Hochhäuser würden ihre Nachbarschaft verzwergen/verschatten und starke wie böige Winde im Straßenraum erzeugen, Hochhäuser würden seekrank machen und seien im Brandfall eine tödliche Falle, allen diesen und natürlich dem der (Männer)Machtsymbolik, hielten die Verantwortlichen für diesen Preis entgegen: Wir brauchen Hochhäuser! Wir verdienen mit Hochhäusern! Wir zeigen der Welt, wie sie Hochhäuser besser machen kann!

Interessant war in diesem Zusammenhang der Satz der Laudatorin und Direktorin eines Hochhaus Museums in Manhatten, Carol Willis. Die sprach davon, dass im Gegensatz zur Hochhauseuphorie in „Mainhattan“ eine solche im Mutterland der hohen Häuser längst einer Skepsis gewichen sei, und diese speise sich aus all den oben genannten Vorwürfen/Vorurteilen. Warum sie den Gewinner des IHP aber hier lobe, sei allein dessen Einbindung ins städtische Gewebe zu verdanken. Dass das Bürohochhaus „1 Bligh Street“ in Sydney (Architekten: Christoph Ingenhoven von ingenhoven architects und Ray Brown von Architectus) energetisch mustergültig entworfen und realisiert worden sei, verstehe sich mittlerweile doch von selbst.

Nun arbeitet die Implementierung des Bürohochhauses, das sich gegen vier Wohnhochhäuser in der Endrunde durchsetzen konnte (trotz der Kassandrarufe des DAM-Direktors und seiner Verteidigung des Hochhauses über seinen unbedingten Nutzen als Wohnhaustyp der nächsten Zukunft), allein mit einer großen Außentreppe, die vom Straßenniveau hinauf in ein schwindelerregend weil gebäudehohes Atrium hinaufführt. Im Aspekte-Film sitzen hier Menschen während ihrer Mittagspause auf den Betonstufen und genießen einen Ausblick. Das wäre eventuell noch zur Implementierung in den Stadtraum hinzuzufügen: die optische Wirkung. Und die soll – obwohl hierzu nur behauptet aber nichts gezeigt wurde – von jedem Platz aus in Richtung Sydney Harbour funktionieren. Treppe, Blickbeziehung, fertig. Fertig? Es scheint so. Im an die Verleihungszeremonie anschließenden, als exklusiv angekündigten Preview eines, man kann es nicht anders sagen, Werbefilms der ZDF Aspekte-Redaktion über das „1 Bligh Street“ stand diese Einbindung im Zentrum der Bildermacher; und der interviewten Architekten.

Sicher, der Turm hat Charme, er sieht rundum gelungen aus, er ist energetisch vernünftig im Gebrauch; aber auch in seiner Erstellung und späteren Entsorgung? Kann man ihn umnutzen eines Tages, ist er erweiterbar nach oben? Ist er, der Logenplätze bietet, mit seiner Verbauung von Aussichten von Bauten jetzt dahinter sozial? Und sollte man nicht aufhorchen, wenn Dr. Matthias Danne, Immobilienvorstand der DekaBank, mit glänzenden Augen erklärt, die Mieteinnahmen durch „1 Bligh Street“ seien erfreulich hoch und lägen auf dem zweiten Rang hinter einem ungenannten Spitzenplatz in Sydney?

Einen Sonderpreis gab es auch noch, er ging an die „Neue Deutsche Bank-Türme “, die stehen in Frankfurt am Main (Architekten: Mario Bellini Architekten, Mailand; gmp – von Gerkan, Marg und Partner, Hamburg). Wurden aufwändig und vorbildlich saniert für eine weitere Büronutzung. Ein paar hundert Meter entfernt davon entsteht zurzeit ein Bürohochhaus (schon wieder nicht Wohnen!) der CoopHimmelb(l)auschen Sonderklasse: der EZB-Doppelturm am östlichen Cityrand. Ein Kandidat für einen Sonderpreis bei IHP 2014? Ökologisch gesehen passt das wohl, ästhetisch gesehen darf gestritten werden, ob die EZB allerdings in 2014 überhaupt noch so viel Büroraum braucht, ist eine andere Frage; die man den Architekten stellen sollte. Be. K.

Während der Preisverleihung wurden auch die übrigen vier Finalisten-Gebäude geehrt.

Eine Urkunde erhielten das 164 Meter hohe Wohnhochhaus 'Pinnacle@Duxton' (Singapur), die 204 Meter, 177 Meter und 160 Meter hohen Türme des 'The Troika' (Kuala Lumpur),

das 265 Meter hohe 'Eight Spruce Street' (New York)

sowie die 179 Meter und 161 Meter hohen Türme der 'Absolute Towers' (Missisauga).

Die Ausstellung „Best Highrises - InternationalerHochhaus Preis 2012“, die das Deutsche Architekturmuseum (DAM) vom 17. November 2012 bis 13. Januar 2013 zeigt, würdigt Preisträger und Finalisten 2012 und präsentiert das breite Spektrum der insgesamt 26 nominierten Projekte. Katalog

 

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