Ideenwettbewerb für das Museum des 20. Jahrhunderts am Berliner Kulturforum

Herzog & de Meuron gewinnen am Kulturforum

Der Realisierungswettbewerb für das Museum des 20. Jahrhunderts am Berliner Kulturforum wurde entschieden. 2022 soll der Neubau fertig sein

Gestern, am 27. Oktober 2016, auf einer Pressekonferenz im Vortragssaal des Kunstgewerbemuseums Matthäikirchplatz, also auf dem Berliner Kulturforum, wurde das Tuch über dem Siegermodell gelüftet: Darunter wurde der Entwurf des Schweizer Architekturbüros Herzog & de Meuron sichtbar. Dieser so ungelenk dramatisch inszenierte Tusch, den die anwesenden Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien und Stiftungsratsvorsitzende der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Arno Lederer, Vorsitzender des Preisgerichts, Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Regula Lüscher, Senatsbaudirektorin, Berlin und der Gewinnerarchitekt hatte allerdings seine Wirkung ein wenig dadurch eingebüßt, weil einer der Partner aus dem Gwinnerbüro, Jacques Herzog, bereits vor der Enthüllung neben der Bauherrenvertreterin Monika Grüters Platz genommen hatte.

Das Modell zeigt den Entwurf des Museums „Neue Nationalgalerie – Museum des 20. Jahrhunderts", das zwischen Mies Nationalgalerie und Scharouns Staatsbibliothek und seiner Philharmonie am Berliner Kulturforum nach langen Standortdiskussionen dort seinen Platz hat. Zusammen mit Landschaftsarchitekten AG, Zürich/Berlin entwickelten die Basler ein Volumen, das sich recht nah an Scharouns unrealisiertem Entwurf für ein Gästehaus am Kulturforum orientiert. Weniger in dessen skulpturierter Form, viel mehr in seiner Zurückhaltung und Schlichtheit, die Ausdruck eines fast schon arrogant erscheinenden Understatements ist.

In ihren Erläuterungen schreiben Herzog & de Meuron von einem HAUS aus Backstein, das sie für die Kunst des 20. Jahrhunderts errichten wollen: „Ist es eine Lagerhalle? Oder eine Scheune? Oder vielleicht eine Bahnhofshalle? Ist es nicht vielmehr ein Tempel mit den exakt gleichen Giebelformen wie die Alte Nationalgalerie von August Stüler? Tatsächlich ist es ein Ort des Lagerns wie eine Lagerhalle, ein Ort der Vorräte und der Nahrung wie ein landwirtschaftlicher Betrieb, ein Ort der Begegnung und der Verbindung wie eine Bahnhofshalle. Und – wie ein Tempel – ist es auch ein Ort der Stille und des Nachdenkens, der Wahrnehmung von Kunst, der Wahrnehmung von sich selbst.“ 

Ganz wichtig ist dem Basler Büro die Einbindung ihres Entwurfs in ein städtebauliches Ganzes am Kulturforum. Herzog & de Meuron planen eine Ost-West-Achse, die bis zur Piazzetta führt und das neue Haus wie ein „Tor“ erscheinen lässt, und einen „Nord-Süd-Boulevard“, der unter der Sigismundstraße hindurch von der Philharmonie bis zur Neuen Nationalgalerie reicht. Auch in ihrem Raumkonzept gehen sie von zwei sich kreuzenden inneren Straßen aus, die die in vier Quadranten angesiedelten Museumsräume erschließen. Durch das große Satteldach und den hohen zentralen Boulevard soll Licht ins Gebäude eintreten. Im nordöstlichen Quadranten mit der denkmalgeschützten Platane sind ein Café und ein Restaurant geplant.

Im Februar 2016 gab es eine erste Entscheidung in einemIdeenwettbewerb, zu welchem 460 Arbeiten eingereicht wurden und aus dem zehn Büros prämiert wurden. Ziel des Ideenwettbewerbs war es, Erkenntnisse für den Realisierungswettbewerb zu gewinnen, der Mitte 2016 startete. Neben den zehn Preisträgern des Ideenwettbewerbs wurden weitere, bis zu 12 Arbeitsgemeinschaften eingeladen, als dritte Teilnehmergruppe waren Büros dabei, die sich über einen internationalen Teilnehmerwettbewerb qualifiziert hatte. In dieser Gruppe aus dem Ende 42 setzten sich Herzog & de Meuron am Ende durch. Auf Platz zwei kamen Lundgaard & Tranberg Arkitekter A/S, Kopenhagen, auf den dritten Platz das Berliner Büro Bruno Fioretti Marquez. Für den Neubau hatte der Bundestag 2014 200 Mio. € bereit gestellt. Das Museum soll von 2022 an erstmals ausreichend Platz für die renommierte Sammlung der Nationalgalerie bieten. Die Nutzfläche wird mit etwa 14.700 m² angegeben, von denen etwa 9.200 m² als Ausstellungsflächen genutzt werden können. Zum Vergleich: die Miesche Nattionalgalerie bietet rund 4.000 m² Ausstellungsfläche, die ebenfalls benachbarte Gemäldegalerie 7.000 m². Be. K.

Zur Wettbewerbsauslobung im letzten Jahr.

Zur Homepage des Auslobers.

Herzog & de Meuron, Basel

Vogt Landschaftsarchitekten, Basel

Staatliche Museen Berlin

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