Sun always shines in California
Was Peter Zumthor zum Neubau des LACMA beitragen möchte, und warum der Entwurf so ganz anders ist als erwartet 22.01.2018Die Projekte von Peter Zumthor sind nicht selten das Ergebnis langwieriger Verhandlungen, Planungen und immer auch unkonventioneller Beauftragungswege. Und so kann man dann immer wieder überrascht sein, wenn entweder etwas durchgesickert war, oder die schon weit gediehenen Pläne einem größeren Publikum präsentiert werden. Und weil das Atelier Zumthor die Projekte nicht im Halbjahresrythmus auf den Markt wirft, sondern in der genannten Art und Weise in vielleicht Zweijahresabständen bekannt macht, ist die Fangemeinde und die der wenigen Kritiker immer gleich hellauf begeistert von dem Ereignis. Die einen sind es, weil sie ihren Meister endlich wieder feiern können, die anderen, weil sie hier nach längerer Zeit eigentlich nutzlosen Geplänkels auf nationaler Architekturebene wieder einmal das ganz große, das international bedeutungsvolle Kritikerrad drehen können.
Anfang Juni 2013 kam nun also die Meldung aus Kalifornien, dass hier das „Los Angeles County Art Museum (LACMA)“ mit dem Schweizer zusammen einen weiteren Baustein im Ausbau des Museums verwirklichen möchte. Ja, Sie lesen richtig, der schüchtern scheue und extrem zurückhaltende Schweizer aus dem weltabgeschiedenen Haldenstein arbeitete und wird demnächst arbeiten unter den schönsten Sonne in der westlichen Welt. In einer Region, in der Oberfläche alles ist und Zeitgeist das, was gerade noch vor dem Sunset als solcher angenommen wird.
Das LACMA versteht sich als universales Kunstmuseum und als solches ist es das größte im amerikanischen Westen. Es gibt es seit 1901, doch ein festes Haus hat es erst 60 Jahre später an der heutigen Adresse erhalten (South Spaulding Avenue / Wilshire Boulevard, Los Angeles). Erweitert wurde der Ursprungsbau von William Pereira bereits durch Renzo Piano, der der großen Kiste Pereiras eine kleinere und sicherlich stilvoller gegenüber stellte. Peter Zumthor soll nun auf dem Gelände des Ursprungsbaus, der abgerissen wird, die zweite Erweiterung machen oder eher den zweiten Anlauf für ein veritables Haupthaus versuchen. Und wie man vielleicht überrascht sein kann, dass Peter Zumthor in Californien plant, einer Region, die einem Calvinisten eher eine Kulturwüste sein muss denn ein universal inspirierender Ort, überrascht auch das Modell, das zurzeit im LACMA präsentiert wird. Im Grundriss eine vielfingrige Amöbe, in der Farbe schwarz, umlaufende, geschossehohe Glasbänder, teils schwebt der Zweigeschosser, teils stelzt er auf, teils liegt er plan auf dem Wüstenboden. Es erinnert ein wenig an sein (immer noch) gescheitertes Projekt eines Restaurants auf der Inseln Ufnau im Zürichsee, ein wenig an den Serpentine Gallery Pavilion wegen der schwarzen Farbe. Viel näher aber rückt dieser Entwurf an SANAA heran, die mit dem schon genannten Pavillon-Projekt in London zwei Jahre vor Peter Zumthor eine spiegelnde Flachdachform in den Park stellten auf hohen Stützen, womit das Formlose bei SANAA zuerst da war. Auch ihr Projekt (in der Schweiz!) des Rolex-Learning-Centers von 2010 könnte man als direkten Vorläufer für den Zumthor-Entwurf in LA interpretieren.
Im Inneren des Museums ist allerdings Schluss mit Floating und Transzendenz: hier überraschen (wieder Überraschung!) die dicht gepackten und stringent geordneten Räume und Raumcluster, die, wenn sie denn so kommen, wie auf den ersten Modellskizzen zu sehen, das Universalistische der Sammlung exakt widerspiegeln. Und hier möchte man den Anspruch des Schweizers erkennen können, Architektur immer aus einen größeren Ganzen, einem enzyklopädisch geprägten Kulturverständnis zu entwickeln. Wunderkammerprinzip, Panoptikum, Vitrinenpräsentation …
„I'm going to California“ singt Kenny Chesney „A place where the sun always shines / I'm goin to California / And I'm leavin everything behind.“ Peter Zumthor hat eine ganze Menge hinter sich gelassen beim Entwurf zum neuen LACMA, mal schauen, zu welchen neuen Ufern der Sohn eines Tischlermeisters im Haldensteinschen Hinterland noch aufbricht! Be. K.