Nachmittagsarchitektur
Erlebnistour „50er Jahre –Architektur in Münster“ 22.01.2018Nachmittagsarchitekur – so heißt eine von Brillux für Architekten und Planer neu konzipierte Veranstaltungsreihe. Der Name ist Programm, denn Nachmittagsarchitektur will auf regionale Architektur aufmerksam machen. Nach dem Auftakt zum Frankfurter Westhafen fand die zweite Veranstaltung zu dem Thema „50er-Jahre-Architektur in Münster“ sozusagen als Heimspiel des Münsteraner Unternehmens statt. Rund 30 Architekten und Planer folgten der Einladung am 30. Juni und erlebten eine spannende Erlebnistour durch Münster zu architektonischen Meilensteinen der 50er Jahre.
Zur Einstimmung referierte Brillux Farbdesignerin Doris Weegen über das „Phänomen Farbe“ und spannte den Bogen von Neuheiten im Jahre 2009 bis zurück in die 50er Jahre. Im Anschluss gab Stefan Rethfeld, Co-Autor des Architekturführers Münster, einen Ausblick auf die verschiedenen Stationen der Architekturexkursion. Diese startete stilecht in einem Bus der 50er Jahre und führte wie eine Zeitreise zurück in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, wo Bürger und Stadtplanung beschlossen, Münster auf altem Grundriss wiederaufzubauen – womit die Stadt deutlich vom Weg anderer Städte wie Hannover, Kassel oder Düsseldorf abwich. Eine junge Architektengeneration stand jedoch für modernere Lösungen. Und so erlebte Münster parallel zum bewahrenden Wiederaufbau der Altstadt 1956 einen „Donnerschlag": Das Stadttheater, der erste Theaterneubau der Bundesrepublik nach 1945, sorgte für Furore. Während die internationale Architekturkritik sich von den vier wagemutigen Nachwuchsarchitekten Harald Deilmann, Max von Hausen, Ottwin Rave und Werner Ruhnau, die ein demokratisches Theater propagierten, begeistert zeigte, waren die Münsteraner von so viel Moderne zunächst wenig angetan. Das Gebäude liegt diagonal zur Straßenkreuzung und erhebt mit seinem elliptischen Treppenturm und dem hufeisenförmig umlaufenden Foyer die Transparenz zum Programm, setzt sie in Annäherung an das "Totaltheater" von Gropius und Piscator im Inneren fort, wo die Raumgrenzen tendenziell aufgehoben werden, und gibt den Blick auf die Ruinen des Romberg'schen Adelshofs von 1781 frei.
Auch mit dem Bau der Landwirtschaftskammer, des Hauptbahnhofs und des Kiffe-Pavillons, in dem sich heute Karstadt-Sport befindet, gelang es, dem Geist eines konservativen Wiederaufbaus Zeitgenössisches entgegenzustellen. Anhand einzelner Bauten in der Innenstadt veranschaulichte die Tour die verschiedenen Strömungen, die es seinerzeit gab, und stellte diese zur Diskussion. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Frage, welche Möglichkeiten des Umgangs mit den Bauten aus dieser Zeit sich heute bieten. Im Anschluss an die spannende Architekturexkursion erwartete die Gäste ein Get-together in der ehemaligen Landwirtschaftskammer.
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