Museumsstadt in Kunststadt

Architekten von Gerkan, Marg und Partner (gmp) bauen die Neue Kunsthalle Mannheim

Nun also ist es soweit: Heute, am 5. Dezember 2012 wurde entschieden, dass der Neubau der Kunsthalle Mannheim mit einem Investitionsvolumen von knapp 70 Millionen Euro von der Architektensozietät gmp - von Gerkan, Marg und Partner aus Hamburg gebaut wird. gmp hat sich in einem zweistufigen Wettbewerbsverfahren mit einem ungewöhnlichen Raumkonzept in transluzenter Metallhülle gegen eine starke internationale und am Ende deutsche Konkurrenz durchgesetzt (in der Endrunde mit dabei waren noch Peter Pütz Architekten (Berlin) und Staab Architekten GmbH (Berlin). Anerkennungen gingen bereits am Ende der ersten Runde im Juni 2012 an Karl Hufnagel Architekten (Berlin), Schneider + Schumacher Planungsgesellschaft mbH (Frankfurt/M., Wien), Ortner & Ortner Baukunst GmbH (Berlin), Annette Gigon / Mike Guyer Architekten (Zürich) und Rafael Moneo Arquitecto (Madrid).

Die Entscheidung für gmp fiel nach einem intensiven Verhandlungsverfahren am Montagabend unter Einbeziehung von Architekturexperten und Gemeinderäten in der Stiftung Kunsthalle Mannheim einstimmig. Zum sechsköpfigen Stiftungsrat aus Unternehmern und städtischen Vertretern zählen der Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Dr. Peter Kurz, und Dr. h.c. Hans-Werner Hector, der mit seiner 50-Millionen-Euro-Spende 2011 den Anstoß für den Neubau gegeben hat. Nach der Zustimmung des Gemeinderats am 18. Dezember 2012 wird die private Stiftung bis 2017 den Neubau auf dem städtischen Grundstück der Kunsthalle am Friedrichsplatz errichten.

Die Wettbewerbsaufgabe an städtebaulich zentraler Position im Zentrum Mannheims war eine Herausforderung: gefordert waren „höchstes architektonisches Niveau, unverwechselbarer Wiedererkennungswert auf der einen Seite, eine hocheffiziente Infrastruktur für den zeitgemäßen dynamischen Museumsbetrieb auf der anderen.“ Zudem wurde ein Dialog mit dem singulären Denkmalensemble des Friedrichsplatzes und der Jugendstil-Kunsthalle gefordert, aber – wie könnte es in diesen Zeiten anders sein – „auch ein maßstabssetzendes Null-Energiekonzept.“

Der Entwurf von gmp zeigt eine Museumsstadt in der Stadt, umgeben von einer schimmernden transluzenten Metallhülle – eine zeitgenössische Antwort auf den roten Sandstein des umgebenden Denkmalensembles. Um das zentrale Tageslicht-Atrium, das sich – überspannt von einem großflächigen Glasdach – über die gesamte Gebäudehöhe erstreckt und Sichtbezüge nach allen Seiten bis in das zentrale Treppenhaus des Jugendstilgebäudes eröffnet, gruppieren sich wohlproportionierte Ausstellungs-Häuser, die der Besucher über Brücken und Stege, Terrassen und Plätze erreicht. Während die schwebend anmutenden Ausstellungskuben im Inneren die Konzentration auf die Kunst und ein ungewöhnliches Raumerlebnis schaffen, korrespondiert die gestaltprägende kupferfarbene Aluminium-Röhrenkonstruktion, die das Gebäude komplett umhüllt, auch farblich mit der Stadtstruktur von Mannheim. Die filigrane Fassadenhaut, durch die die helle dreidimensionale Kubenkomposition im Innern durchscheint, lässt die Stadt am Leben im Museum teilhaben.

In seiner Präsenz am Friedrichsplatz hat der Museumsbau sowohl repräsentative wie auch identitätsstiftende Wirkung. Das Wechselspiel zwischen Innen- und Außenraum, Tag- und Nachtoptik soll Neugier wecken und zu Austausch und Dialog einladen. Raum- und Blickachsen verändern sich beim Umrunden im Stadtraum ebenso wie beim Flanieren durch den Innenraum. Ein zentraler Punkt ist der begrünte Skulpturengarten unter freiem Himmel auf der zweiten Etage, von dem aus die Besucher den Friedrichsplatz mit dem Mannheimer Wahrzeichen des Wasserturms überblicken. Ein Projektraum für junge Kunst, Veranstaltungs- und Seminarräume, vor allem aber ein autonomes und dennoch eng mit den Ausstellungsräumen verzahntes Funktionscluster für Kunstvermittlung und Publikumsprojekte sollen neue Formen der Partizipation ermöglichen.

Die neue Kunsthalle Mannheim von gmp fügt sich durch präzise Maßstäblichkeit selbstbewusst in den Stadtraum ein. Seine Höhen- und Breitenausdehnung bezieht sich auf den gegenüberliegenden Rosengarten. Der Baukörper hat eine Gesamtdimension von 21,5 m (Höhe) x 79,2 m (Breite) x 51,6 m (Tiefe). Die Bruttogeschossfläche beträgt 16.002 m², die Nettogeschossfläche liegt bei 13.878 m². Auf die Programmfläche entfallen 9.414 m², davon sind für die Präsentation von Kunst (Sammlung und Wechselausstellungen) 4.672 m² vorgesehen. Die Ausstellungskuben sind 250 bis 500 m² groß. Die Kunstdepots umfassen 1.340 m². Foyer, Gastronomie- und Veranstaltungsbereich entfalten sich auf 1.260 m² im Erdgeschoss. Der autonome Kernbereich der Kunstvermittlung umfasst Flächen von über 250 m².

Die ca. 70 Millionen Euro, die in den Neubau eines Museums für moderne und zeitgenössische Kunst investiert werden, speisen sich aus der Spende des SAP-Mitbegründers Hans-Werner Hector in Höhe von 50 Millionen Euro und einem Zuschuss der Stadt Mannheim von 10 Millionen Euro. Darüber hinaus wird das Land Baden-Württemberg und über das Energiethema voraussichtlich auch das Bundeswirtschaftsministerium Fördermittel zur Verfügung stellen.

Die Architekten des Planungswettbewerbs waren:

David Adjaye Associates Berlin, London

Architekturbüro Paul Böhm – Köln, Dubai

ARGE Martin Herrmann I Michael Schneider I Benjamin Kropp – Frankenthal

Caruso St. John Architects London, Zürich

David Chipperfield Architects Berlin, London, Milan, Shanghai

Max Dudler Architekten AG Berlin

Annette Gigon / Mike Guyer Architekten Zürich

gmp Generalplanungsgesellschaft mbH Hamburg, Rio De Janeiro, Peking, Shanghai, Moskau

Jabornegg & Pálffy – Wien

kadawittfeldarchitektur GmbH Aachen

Karl Hufnagel Architekten – Berlin

Henning Larsen Architects Damaskus, Kopenhagen, Reykjavik, Riyad

Lindemann Architekten Mannheim

LOOC/M Architekten GbR – Frankfurt am Main

Kister Scheithauer Gross Architekten und Stadtplaner – Köln, Leipzig

Kuehn Malvezzi GmbH – Berlin

mlzd Biel-Bienne (Schweiz)

Rafael Moneo.Arquitecto – Madrid (Pritzker-Prize 1996)

Nieto Sobejano Architects Berlin, Madrid

Neutelings Riedijk Architecten Rotterdam

Ortner & Ortner Berlin, Köln, Rostov a. D., Wien

Peter Pütz Architekten Berlin

Schmucker und Partner Planungsgesellschaft mbH Mannheim

Kazuyo Sejima + Ryue Nishizawa/Sanaa Tokio

Schneider + Schumacher Planungsgesellschaft mbH Frankfurt/M., Wien

Staab Architekten GmbH – Berlin

Heinz Tesar ZT-GmbH / Moser Architekten ZT-GmbH Wien

wps Architekten Schwäbisch Gmünd

Zaha Hadid Architects Hamburg London

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