Gesichter des Planens und Bauens in der DDR

Ein Digitalisierungsprojekt am Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) stellt rund 7000 Fotographien von Architekten und Planern in einer Online-Datenbank zusammen

Individuelle Planungsleistungen wurden in der DDR durch die Dominanz von Kollektiven in Architektur und Städtebau kaum wertgeschätzt. Dennoch haben tausende Einzelpersonen das Bauen und Planen geprägt. Wer waren diese damals und heute wenig bekannten Planer und Architekten? Ein aufwändiges Digitalisierungsprojekt am Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) stellt nun rund 7.000 Fotographien von Architekten und Planern in einer Online-Datenbank zusammen. Ausgehend vom Portrait bietet dieser Informationspool künftig ein großes Potenzial für biographische und netzwerkorientierte bauhistorische Forschung.

Das Vorhaben ist Teil des Digitalisierungsprojekts DigiPortA, in dem neun Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft Porträts von Wissenschaftlern, Technikern, Planern, Pädagogen und Architekten scannen und archivieren. „In den Historischen Sammlungen zur Bau- und Planungsgeschichte der DDR verfügen wir mit den Aufnahmeanträgen zum Bund deutscher Architekten der DDR über eine einzigartige Sammlung von Portraits“, sagt Projektleiter Dr. Harald Engler. Die Fotos werden in der Datenbank mit Angaben zu Biographie, Arbeitsstätten und Bauwerken verknüpft, sodass neben individuellen Werdegängen auch Einblicke in die Funktionsweise und Zusammenhänge des Systems von Planen und Bauen in der DDR möglich werden. „Man auf diese Weise Kollektivbiographien identifizieren oder räumlich-personale Netzwerke finden, etwa von Frauen in Brandenburg. Ebenfalls spannend wäre die Analyse von Generationenentwicklungen.“

Neben den Porträts aus den Aufnahmeanträgen scannen die Historiker auch Gruppenaufnahmen aus Bau- und Planungskontexten. Durch die Verknüpfung mit biographischen Daten der beteiligten Personen werden Arbeitszusammenhänge und Netzwerke besonders deutlich. „Da nicht ausschließlich Planer oder Architekten auf diesen Fotos abgebildet sind, sondern beispielsweise auch Politiker und Funktionäre, erlauben die Digitalisate auch Einblicke in Macht- und Entscheidungsstrukturen des Bauwesens der DDR“, erläutert Engler.

Die Datenbank wird Fotos und Informationen zu einer Vielzahl von Planern und Architekten erstmalig online verfügbar machen. Ein Grunddatensatz wird öffentlich verfügbar sein, bei wichtigen Personen der Zeitgeschichte werden deutlich größere Datensätze generiert. Ende 2013 sollen die Digitalisierungen abgeschlossen sein.

Weitere Informationen zum Projekt DigiPortA am IRS bietet das beigefügte Interview mit Dr. Harald Engler. Es in der März-Ausgabe 2013 des Instituts-Magazin „IRS aktuell“ erscheinen.

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