Opernhaus in Linz

Vieldiskutiertes Musiktheater eröffnet

„Nie war mehr Anfang als jetzt“ (Walt Whitman)

Das ist das einleitende Zitat der neuen Broschüre der Spielzeit 2013/2014, die, begleitend zur Eröffnung des Musiktheaters in Linz, erscheint. Große Worte wählten der Intendant des Theaters, der Chefdirigent und der Direktor des Orchesters für die Eröffnung des Neubaus am Blumauerplatz.

Nie war mehr Anfang? Es ist ein Anfang: die Eröffnung des Musiktheaters in Linz. Und gleichzeitig ist es auch ein Ende: das Ende politischer Streitigkeiten um den Standort.

Scherereien

Dass die Idee für den Bau zum ersten Mal schon 1977 von Landeshauptmann Josef Ratzenböck vorgetragen wurde und dass es ganze 35 Jahre dauern sollte bis das Gebäude fertig gestellt werden würde, interessiert heute nur noch am Rande. 2013 ist man stolz auf das Musiktheater, das am vergangenen Wochenende eröffnet wurde.

Erst 1992 wurde der Idee Ratzenböcks durch den Landtag zugestimmt. Sieben Jahre später gewinnt der Wiener Architekt Otto Häuselmayer den Wettbewerb für den Neubau des Musiktheaters – am Standort an der Donau unterhalb des Römerbergs. Doch zum ersten Spatenstich kommt es nicht aufgrund eines Referendums, in dem sich die Oberösterreicher mit großer Mehrheit gegen den Standort an der Donau aussprechen. Bis dahin waren schon 18 Mio. € investiert. Doch eine Bürgerinitiative hält an den Plänen eines Neubaus fest und schafft es, das Musiktheater im Gemeinderat erneut zur Diskussion zu stellen. Es stehen weitere Orte zur Auswahl: das Urfahraner Jahrmarktsgelände, der Donaupark zwischen Lentos und Brucknerhaus, der Hessenplatz und Blumau. 2004 einigen sich ÖVP, SPÖ und Grüne auf das Gelände des ehemaligen Unfallkrankenhauses am Blumauerplatz/Volksgarten. 2006 wird der Wettbewerb erneut ausgelobt, den der britische Architekt Terry Pawson aus London aufgrund seiner gelungenen Stadtanbindung und seiner zeitlosen Ästhetik für sich entscheiden kann. Die Linzer Architekturbüros Archinauten und Architektur Consult ZT werden mit der Ausführungsplanung betraut. Der Bau des Opernhauses beginnt 2009.

Schauplatz

Es war sicherlich eine strategische Entscheidung, die dazu führte, den Neubau der Oper am südlichen Ende der Landauerstraße zu positionieren. Im Laufe der letzten Jahre zeichnete sich ein Wandel im Quartier ab, der mit dem Wegzug von Geschäften einherging. Mit dem Neubau erhoffen sich die Verantwortlichen eine Revitalisierung des Viertels um den Volksgarten. Dass das Grundstück im Wettbewerb eine Herausforderung darstellte, unterstreicht Terry Pawson in einem Interview mit der Wiener Zeitung (vom 04.04.2013). Insbesondere die Anbindung an die Stadt war eine zentrale Aufgabe, die die Architekten mit der Verlegung der trennenden Straße zum Volksgarten effektiv lösen. Eine aufwendige, dennoch kluge Entscheidung. Der Neubau schafft einen städtebaulichen Abschluss der Nord-Süd-Achse, der bis dato fehlte. Gleichzeitig bildet er das räumliche Pendant zum am nördlichen Ende der Landstraße gelegenen Brückenkopf und Hauptplatz.

Musiktheater

Selbstbewusst steht das fünfgeschossige Gebäude dem Park zugewandt. Die Schauseite des Opernhauses ist über drei Ebenen zum Park hin verglast. Der großzügige Vorplatz der zum Gebäude hin leicht ansteigt, zieht den Besucher mit seiner geschwungenen Form in das Gebäude. Die Fassade, eigentlich aus rostfarbenem Metall entworfen – Pawson legte sieben Varianten vor, alle wurden abgelehnt – besteht nun aus vertikalen, weißen Beton-Lamellen. Sie legen sich in einem Abstand von 1,5 m wie ein Vorhang um das vieleckige Gebäude. Zum Eingang hin lösen sie sich auf und lassen ihn frei. Im Innenraum wiederholt sich das vertikale Motiv. Im Eingangs- und Pausenfoyer lösen sich die Wände in vertikale Lamellen aus Akazienholz auf. Im Auditorium sind die filigranen, vertikalen Strukturen als Raum bildende Elemente ebenfalls zu finden. Sie sind u. a. für die gute Akustik im Auditorium verantwortlich, da die Schallwellen ungehindert bis zur Holzverkleidung vordringen können.

Durch das Foyer gelangen die Besucher in die saalinternen Verbindungstreppen, die die Besucher auf ihre Ränge verteilen. Das kompakte Ringtheater, der Große Saal, bietet 970 bis 1150 Besuchern Platz. Auf ca. 44.000 m² sind vier Spielstätten untergebracht, ein Café, die Bühne, der Zuschauerraum, Depots und Proberäume. Die Besonderheit der neuen Spielstätte sind die Dekorations- und Prospektlager, deren zuvor am Flughafen erprobtes Lagersystem nun erstmalig in einem Theaterbetrieb angewendet wurde. Die Technik erlaubt vollständige Bühnenbilder auf Knopfdruck abzurufen. Ebenfalls machen es kleine Bildschirme möglich, in drei verschiedenen Sprachen (Deutsch, Englisch und Tschechisch) sowohl Librettotexte als auch Informationen zu Programm und dem Haus zu lesen.

Insgesamt ist ein Musiktheater entstanden, das aufgrund seiner technischen Ausstattung, seiner energetischen Bauweise (Niedrigenergiehaus) und dem hohen Tageslichtanteil - sogar die sonst eher dunklen Räume für die Theatermitarbeiter werden teils durch Tageslicht beleuchtet - den Titel „Modernes Opernhaus“ verdient. SC

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