Deutsch-tschechische Kulturprojekte

Der Schuhfabrikant Tomas Bata, wie Henry Ford ein Selfmademan des Industriezeitalters, errichtete zu Beginn der 20er Jahre eine der bedeutendsten funktionalen Stadtentwürfe der Moderne: Zlin, im südlichen Mähren gelegen, ist untrennbar verbunden mit der Erfolgsgeschichte des Unternehmens, das in den 30er Jahren zur Weltmarktführerschaft in der Schuhproduktion aufstieg, die es bis heute inne hat. Die „City of Functionalism“ war auf Effizienz getrimmt, griff aber auch die Ideen der Gartenstadt auf. Zlin verkörperte die ökonomische Symbiose von Stadt und Fabrik, Gesellschaft und Individuum. 

Vom 19. bis 23. Mai 2009 veranstalten Zipp - deutsch-tschechische Kulturprojekte ein internationales Symposium in Zlin und Prag. „Utopie der Moderne: Zlin“ widmet sich den Widersprüchen dieses Beispiels europäischer Industriegeschichte. Wie sieht das Alltagsleben heute in diesem Denkmal der Moderne aus, über dem noch der Geist des Systems Bata schwebt? Das Symposium beleuchtet vier Aspekte des Experiments Zlin („Das Phänomen Bata und die Moderne“, „Sozialutopien / Stadtutopien“', „Moderne und Urbanität - Ein Widerspruch?“, „Marketing einer Sozialutopie“), die in Vorträgen und thematischen Stadtspaziergängen vorgestellt werden. Gespräche mit Bewohnern und ehemaligen Bata-Mitarbeitern sowie Diskussionen mit Architekten, Kulturwissenschaftlern, Soziologen und Stadtplanern vertiefen die Frage nach der Zukunftsfähigkeit dieser frühen Stadt- und Sozialutopie. 

Batas Gesellschaftsidee stand ganz im Dienst der Firmenphilosophie: Seine Arbeiter wohnten in modernen Häusern, es gab Schulen, Sportstätten und Krankenhäuser. Der Traum von Wohlstand und Harmonie wurde gleichgesetzt mit Loyalität und völliger Identifikation mit der Firma. Die hohe soziale Kontrolle, aber auch die effiziente Arbeitsorganisation des Systems Bata symbolisiert der Außenfahrstuhl am Hauptquartier, in dem sich das Chef-Büro befand. So konnten die Mitarbeiter auf allen Etagen stets beobachtet werden. Seine Technikgläubigkeit bezahlte Tomas Bata mit dem Leben: 1932 zerschellte sein Privatflugzeug nach einem Zusammenstoss im Nebel über Zlin. Zlin wurde auch nach seinem Tod weiter in Serie hergestellt: Der Konzern errichtete seit den 20er Jahren in aller Welt Satellitenstädte nach diesem Vorbild.