Der „Fall Elbphilharmonie“

Stadt Hamburg reicht Klage gegen Hochtief wegen "Terminunklarheiten" ein

Stress ist schon länger, jetzt geht es damit zum Richter: Die Freie und Hansestadt Hamburg verklagt den Baukonzern Hochtief; der diesen Schritt nicht verstehen kann. Streitpunkt: DAS Prestigebauprojekt der Stadt, ihr Leuchtturm: die Elbphilharmonie. Entworfen von den so genannten Stararchitekten Herzog & de Meuron, bezahlt aus der Stadtkasse, gebaut auf einem ehemaligen Kaispeicher. So weit so gut, so lange schon, so schlecht bisher.

Kosten sollte der musikalisch prestigeträchtige Bau einmal 77 Mio. €, mittlerweile nähert sich die Bausumme dem Fünffachen. Gründe dafür gibt es viele, einer war die offenbar überschätzte Tragkraft des alten Speichers, ein anderer häufige Planungsänderungen; die allerdings in den Plänen nicht generell festzumachen gewesen seien – so jedenfalls der beklagte Konzern –, denn nicht immer wäre aktuelles Planmaterial von Architektenseite geliefert worden.

Seit Anfang des Jahres, so die mit der Abwicklung beauftragte Kulturbehörde, hätte man sich bei Hochtief um einen verbindlichen Terminplan bemüht, doch nichts sei gekommen. Falsch, so der Konzern, man hätte noch vor einer Woche die Übergabe eines aktualisierten Terminplans zum 16. April angekündigt. Da jeder Tag längerer Bauzeit die mit knapp 6 Milliarden € defizitäre Stadtkasse belastet, ist die Bauherrschaft an einer Termineinhaltung zumindest interessiert. Immer noch wird von Mai 2012 für die Fertigstellung des Leuchtturmprojektes im Hafen ausgegangen, doch was fertig ist und was nicht, darüber gehen die Meinungen offenbar auseinander. Denn für Hochtief bedeutet der Mai in zwei Jahren nicht die Eröffnung der Philharmonie: Alles werde pünktlich fertig, nur beim Großen Saal werde es ein Jahr länger dauern. Also fertig oder nicht fertig? Wohl "nicht fertig", denn was ist ein Konzerthaus ohne seinen Konzertsaal? In Hamburg immerhin schon mal eine Aussichtsplattform für alle unterhalb einem Luxusappartmentgebirge hinter innovativer Glasfassade für wenige. Das könnte, mit Blick auf die dann hoffentlich erfolgreiche Vermarktung des Ganzen, schon etwas sein, eine Elbphilharmonie allerdings nicht.

Die Opposition im Hamburger Landesparlament sieht das ähnlich und hierin eine Chance, sich öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen; sie verlangt nun einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der sich mit dem „Fall Elbphilharmonie“ beschäftigt. Zwei Jahre vor der nächsten Oberbürgermeisterwahl kommt dieser Ausschuss zu früh, mit Blick auf den Projektverlauf insgesamt aber wohl viel zu spät. Be. K.

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