„Das Spektrum zeigen“

Der DEUBAU-Preis 2012 geht an Architekten in Nürnberg und Berlin

Der Wettbewerb um den bekanntesten Förderpreis für junge deutsche Architektinnen und Architekten, den DEUBAU-Award 2012, war mit 82 eingereichten Arbeiten sensationell gut besetzt. Der erstmals zweistufige, zum insgesamt bereits 24. Mal ausgeschriebene Wettbewerb, hatte in der ersten Phase mehr exzellente Teilnehmer-Projekte zu bieten als Plätze für die Nominierung zur zweiten Runde zu vergeben waren.

15 Bewerber wurden für die Endrunde ausgewählt, die am 07. April 2011 ihre Werke vor der Jury unter Vorsitz von Hartmut Miksch, Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, präsentierten.

Auch bei der aktuellen Auslobung wurde die Jury des DEUBAU-Preises vor eine schwere Aufgabe gestellt: Die Nominierungen zeigten das ganze Spektrum junger Architektur, darunter Projekte in Planung und bereits realisierte Werke. Bei aller Unterschiedlichkeit der vorgestellten Arbeiten war sich die Jury einig, dass jedes der Werke auf seine Weise ein hohes Maß an Engagement und Kreativität erkennbar werden ließ. Nach einer langen und intensiven Diskussion wurde der Preis ex aequo an zwei Nominierte vergeben.

Den DEUBAU-Preis 2012 für junge Architektinnen und Architekten teilen sich Johannes Kappler, Nürnberg mit dem Projekt „Palladiumflat, Wohnhochhaus in Groningen (NL)“ und die Architekten Saetti, Bochmann und Schwirtz von „Studioinges Architektur und Städtebau“, Berlin mit dem Projekt „Experimenta Science Center, Heilbronn“.

Preis 1: Wohnhochhaus „Palladiumflat“ von Johannes Kappler in den Niederlanden

Das Projekt „Palladiumflat“ von Johannes Kappler ist Teil einer Wohnungsbaukampagne der Stadt Groningen für eine Randlage der Kernstadt. Das neue, innovative Wohnhochhaus wurde aus einem Bausystem von wenigen vorgefertigten Betonelementen gefügt und zeichnet sich durch ungewöhnliche Proportionen, aber vor allem durch neue Wohnungsgrundrisse mit ungewöhnlichen Raumqualitäten aus: die 37 Meter hohe, aber nur etwa 8,70 Meter tiefe Wohnscheibe ermöglicht nicht nur das Durchwohnen und großzügige, lichte Räume, sondern, bei gegebener Stützenfreiheit, extrem flexible, und veränderbare Grundrisse.

In einer sich schnell verändernden Gesellschaft mit Bedarf nach großer Flexibilität in den Lebensbedingungen stellt das Projekt einen hochinteressanten Beitrag zum Wohnungsbau da. Trotz der enormen Flächenwirkung der Scheibe versteht es der Preisträger, eine wohlproportionierte und sinnfällige Fassade auszubilden, gleichwohl bleiben noch Bedenken in der ähnlichen Ausprägung der Fassaden nach Nord und Süd.

Trotz guter Durchlüftung, grundsätzlich richtiger Ausrichtung des Gebäudes und einer Minimierung der Ost-West-Seiten, vermisst die Jury eine weitergehende Auseinandersetzung mit Fragen der Energieeffizienz, die aber möglicherweise der lokalen Baukultur geschuldet ist. Dem Entwurfs-Verfasser gelingt es nach Auffassung der Jury anscheinend mit Leichtigkeit, Kosteneffizienz, Stimmigkeit der projektimmanenten Struktur wie auch Sinnfälligkeit vom Detail bis zur städtebaulichen Haltung zusammenzuführen.

Preis 2: Experimenta Science Center von studioinges, Saetti, Bochmann, Schwirtz

Das Projekt „Experimenta Science Center“ von studioinges, Dipl.-Ing. Francesca Saetti, Thomas Bochmann, Stefan Schwirtz, bereichert in Heilbronn ein bisher vernachlässigtes Areal am Rande der Innenstadt um ein attraktives Zentrum des öffentlichen Lebens, das eine Fülle von Bildungsangeboten für unterschiedliche Altersgruppen bietet. Die Preisträger ergänzten ein ehemaliges Speichergebäude durch einen Neubau, der in Kubatur und Material dem Bestandsbau entspricht, doch durch eine leichte Verschiebung eine vertikale, gläserne Fuge eröffnet, die durch ihre Gestaltung als Foyer und Treppenlandschaft mit starker Farbgebung ein stadträumlich wirksames Zeichen setzt.

So tritt das Ensemble aus Alt- und Neubau zunächst mit großer Selbstverständlichkeit auf und überrascht doch mit unerwarteten Raumfolgen, Material-, Farb- und Lichteffekten, die – thematisch wohlüberlegt – zur Entdeckungsreise in die Ausstellungen, Labore und Werkstätten im Inneren des Gebäudes einladen. Als ausgeprägte Lösung für ein verbreitetes Problem des Umgangs mit dem historischen Baubestand bieten Umbau und Erweiterung des „Experimenta Science Center“ einen Modellfall für Situationen, die sich in vielen Städten ähnlich stellen.

Sowohl in der jetzt stadtbildprägenden Wirkung als auch in der architektonischen Komposition und Durchgestaltung bis ins Detail überzeugt das Projekt als exemplarisches Beispiel für den gelungenen Umgang mit dem Bestand und zugleich als Beitrag zu einer verlockenden Einführung in die Welt der Wissenschaft durch spielerische Annäherung.

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