Audi plädiert für Tempo 130

Der Bundesbauminister fährt den Audi A1 e-tron und setzt auf elektromobilen Autoverkehr

Rupert Stadler, CEO bei Audi, hatte es uns gesagt: Das Auto wird des Menschen liebster Freund bleiben. Allerdings soll es in Zukunft weniger Stickoxyde, weniger CO2, weniger schädliche Gase insgesamt emittieren. Flüsterleise wird es dann werden, wenn die Fahrbahnbeläge leiser, die Reifen weicher, die Geschwindigkeiten gedrosselt werden.

Natürlich werden auch die Elektroautos – eines davon fuhr vor Tagen der Bundes- , Verkehrs- und Bauminister medienwirksam im Stadtverkehr der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn – schädliche Emissionen freisetzen, denn dass der Strom aus der Steckdose irgendwo – und demnächst vermehrt – produziert und transportiert werden muss, sollte jedem Elektroautohersteller und -fahrer bekannt sein. Vielleicht passt es da ganz gut, wenn aktuell die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängert werden konnten, denn mit regenerativen Energien wird der Stromhunger demnächst tatsächlich kaum zu decken sein.

Anlässlich des PR-Termins in Bonn testete der Bundesminister auf Zeit den Audi A1 e-tron erstmals auf einer öffentlichen Straße. Sukzessive sollen bis Mitte nächsten Jahres 20 dieser Elektroautos im Rahmen eines Flottenversuchs auf die Straße kommen, nicht in Bonn, in München. Denn das „Flottenprojekt“ läuft im Rahmen der vom Bundesverkehrsministerium geförderten „Modellregion München“. Die Projektpartner sind hier Audi, AKW-Betreibergewinner E.ON, Stadtwerke-Verlierer Stadt München (SWM) und die Technische Universität München (TUM).

Anlässlich seines erfolgreichen Fahrversuchs kommentierte Ramsauer: „Mein Ziel steht fest: Ich will Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität machen und bis 2020 mindestens eine Million Elektrofahrzeuge auf die deutschen Straßen bringen. Deshalb fördert das Bundesverkehrsministerium die Elektromobilität in acht Modellregionen unter Alltagsbedingungen. Die hierfür anvisierten Mittel konnten wir nun auf 130 Millionen Euro erhöhen. Davon fließen rund 10 Millionen Euro in die Modellregion München. Denn eines ist sicher: Investitionen in die Elektromobilität sind Investitionen in die Zukunft!“

Dass der Audi mit dem 75 KW starken Antrieb 130 km/h maximal erreicht, errscheint fast schon ein wenig wie die Ironie der Geschichte: Denn haben nicht jahrzehntelang Verkehrs- und andere Experten für die deutschen Autobahnen das "Tempolimit 130" gefordert? Zwecks Energieeinsparung und vor allem: größerer Sicherheit auf der Bahn? Dass Audi hier ebenfalls den Vorreiter macht, ist löblich. Doch irgendwie kommt einem immer wieder der Satz in den Sinn, den der Audi-Chef der DBZ gegenüber im Rahmen der Audi Urban Future Award Verleihung machte: „Neben aller alternativer Fahrzeugtechnik wird es immer auch die Premium-Mobilität geben.“ Meint: PS-starke, von finanzstarken Fahrern gelenkte Fahrzeuge, die sich dem Tempo-130-Anspruch spielerisch entziehen werden können.

Was das alles mit Architektur zu tun hat? Jede Menge, die Entwürfe, die sich Audi über den Award für die kommende Stadtzukunft ins Haus geholt hat, deuten auf gravierende Veränderungen im Stadtgefüge. Die für Elektromobilität nötigen Infrastrukturen verlangen ebenfalls nach neuen architektonischen Konzepten. Und nicht zuletzt: ein Bundesbauminister, Retrofan (Schloss) und Verfechter einer unsinnigen Milliardeninvestition in ein obskures Schienenprojekt (Stuttgart21) legitmiert durch eine fröhliche Spritztour das Festhalten an alten Mobilitätszöpfen. Und gibt damit einer autofreien Stadt, einer Entschleunigung im Wachstumswettlauf, einer gegenwartsbezogenen und gebrauchstüchtigen Architektur keine Chance. Be. K.

Audi: "Der Audi A1 e-tron fährt mit permanentem Elektroantrieb. Dank seiner Leistung von 75 kW (102 PS) erreicht der A1 e-tron eine Spitzengeschwindigkeit von 130 km/h. Ist die Energie der Batterie erschöpft, lädt ein kompakter Verbrennungsmotor, ein sogenannter Range Extender, die Batterie im Bedarfsfall nach und erhöht die Reichweite auf insgesamt bis zu 250 km. Auf den ersten 50 Kilometern, etwa im Stadtverkehr, ist das kompakte Elektroauto emissionsfrei unterwegs. Als Batterie fungiert ein Paket aus Litium-Ionen-Modulen, das vor der Hinterachse in der Bodengruppe liegt. Der viersitzige A1 e-tron ist damit speziell für den täglichen Einsatz in Ballungsräumen konzipiert."

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