Waren im rechten Licht

Nach der Sanierung des Münchener Einkaufszentrums Oberpollinger unterstreicht eine differen­zierte, behutsam auf das jeweilige Interior Design abgestimmte Lichtlösung das Einkaufserlebnis.

Text: Isabel Sternkopf

An essentiellen Stellen sind die Stromschienen in goldfarbene Rundrohre ­integriert, die mit den im gleichen Goldton ausgeführten Stromschienenstrahlern Akzente setzen und gleichzeitig eine Verbindung zu den ­architektonischen Messingelementen herstellen
Foto: Oberpollinger / KaDeWe Group

An essentiellen Stellen sind die Stromschienen in goldfarbene Rundrohre ­integriert, die mit den im gleichen Goldton ausgeführten Stromschienenstrahlern Akzente setzen und gleichzeitig eine Verbindung zu den ­architektonischen Messingelementen herstellen
Foto: Oberpollinger / KaDeWe Group


Der Oberpollinger in München zählt zu den bekanntesten Kaufhäusern Deutschlands. Seit 2016 wird das zur KaDeWe Group gehörende Luxuswarenhaus nach einem Masterplan des Architekten John Pawson umfassend umgebaut und transformiert. Die Entwürfe für das Interior Design stammen von unterschiedlichen Architekten und Designern. Involviert waren neben John Pawson die Büros Gonzalez Haase, Andrea Tognon und Vincent van Duysen. Das Lichtplanungsbüro Licht Kunst Licht war von Anfang an dabei und hat die Beleuchtung für die verschiedenen Departments geplant sowie die Realisierung begleitet. Eine der großen Herausforderungen bestand darin, die unterschiedlichen Anforderungen mit einem ganzheitlichen und zugleich auf das jeweilige Interior Design abgestimmten Lichtkonzept zu erfüllen.

Shop-in-Shops und offene Marktstände

Die minimalistische Innenarchitektur im 4 200 m2 großen Erdgeschoss, das von John Pawson gestaltet wurde, zeichnet sich durch geradlinige Geometrien sowie helle und klare Farben aus, wodurch es mit seiner Vielzahl an unterschiedlichen Marken im Bereich Kosmetik sowie Uhren und Schmuck übersichtlich und einladend wirkt. Das Beleuchtungskonzept folgt der Idee, die Charakteristik des ­innenarchitektonischen Designs durch eine differenzierte Lichtlösung zu unterstützen. Seitlich angeordnete Shop-in-Shops werden durch ein Ras-ter von gruppiert angeordneten, schwenkbaren Deckeneinbauleuchten ­akzentuiert beleuchtet. Die aufgehellten Rückwände in den Shops wie auch die vor den Shop-Eingängen durchlaufende Deckenvoute umrahmen das Erdgeschoss und bilden einen freundlichen und attraktiven Hintergrund für die Marktplätze. Die einzelnen Verkaufsflächen werden von exakt gleich großen, dimmbaren Lichtdecken überspannt. Das suggeriert Frische und Leichtigkeit und das Gefühl, auf einer Piazza zu stehen. Die Lichtdeckenfelder sind von deckenbündigen Kanälen umrahmt, in die neben schwenkbaren Leuchten auch Sprinkler und Lautsprecher integriert wurden. Einige dieser Felder sind motorisch verfahrbar und dienen als Revisionsöffnungen für die darüberliegenden Lüftungsgeräte. Parallel zu den Lichtdecken verlaufen Vouten mit einer weichen ­Indirektbeleuchtung sowie integrierten, schwenkbaren Strahlern. Sie erzeugen zusammen mit den Strahlern in den Kanälen ein druckvolles und brillantes Licht, das im Zusammenspiel mit dem diffusen Licht aus den homogen leuchtenden Lichtdecken einen wirkungsvollen Kontrast auf den exklusiven Waren bildet.


Im vorderen Teil der 1. Etage des Oberpollinger befindet sich eine Art Pavillon in Anlehnung an das Bauhaus-Design. Seine Grundbeleuchtung wird mit schwenkbaren ­Einbauleuchten realisiert, die sich in den schwarzen Decken zwischen den rötlichen Deckenstegen befinden
Foto: Isabel Sternkopf / Licht Kunst Licht

Im vorderen Teil der 1. Etage des Oberpollinger befindet sich eine Art Pavillon in Anlehnung an das Bauhaus-Design. Seine Grundbeleuchtung wird mit schwenkbaren ­Einbauleuchten realisiert, die sich in den schwarzen Decken zwischen den rötlichen Deckenstegen befinden
Foto: Isabel Sternkopf / Licht Kunst Licht


Einkaufswelten kontrastreich beleuchtet

Das Men‘s Designer Department im 1. Obergeschoss wurde vom belgischen Architekten und Designer Vincent van Duysen gestaltet. Die Innenarchitektur zeichnet sich durch eine klare Formensprache mit sorgfältig aufeinander abgestimmten Materialien und Farben aus. Ähnlich wie im Erdgeschoss werden die Seiten von Shop-in-Shops flankiert, während auf den zentralen Flächen drei thematisch unterschiedliche Zonen durch einen Loop miteinander verbunden sind.

Paarweise angeordnete, schwenkbare Deckeneinbauleuchten in den Shop-in-Shops bilden einen ruhigen Hintergrund für die unterschiedlichen Marken und setzen deren Produkte gezielt in Szene. Die sogenannte „Classic Area“ in der Mittelzone im hinteren Bereich der Ebene ist in einzelne Ver-kaufsinseln unterteilt, die sich durch Deckensegel aus gebürstetem Metall, Fußböden aus Riffelblech sowie eingestellte Wandscheiben mit einer Marmor- oder Holzverkleidung vom Loop abgrenzen. Halbtransparente Vorhänge aus gewebtem Edelstahl separieren die Bereiche zusätzlich. Stromschienen sind so in die Deckensegel integriert, dass von der Unterseite lediglich minimalistische Schlitze als Öffnung für den Einsatz der Stromschienenstrahler sichtbar sind. Die Strahlerbeleuchtung akzentuiert sowohl die Waren als auch die Strukturen und Oberflächen der unterschiedlichen Materialien und erzeugt eine kontrastreiche, aber trotzdem ausgewogene Atmosphäre. 


Ein funktionales Raster aus 60 cm langen Stromschienensegmenten zieht sich konsequent über die gesamte Verkaufsfläche des Urbanwear-Departments im Untergeschoss hinweg und kreiert einen Industrial-Look
Foto: Roman Thomas

Ein funktionales Raster aus 60 cm langen Stromschienensegmenten zieht sich konsequent über die gesamte Verkaufsfläche des Urbanwear-Departments im Untergeschoss hinweg und kreiert einen Industrial-Look
Foto: Roman Thomas


Im vorderen Teil der Etage befindet sich eine Art Pavillon in Anlehnung an das Bauhaus-Design, der sich durch eine markante Kassettendecke mit integrierten, diffusen Lichtlinien vom Loop abhebt. Die Grundbeleuchtung wird mit schwenkbaren Einbauleuchten realisiert, die sich in den schwarzen Decken zwischen den rötlichen Deckenstegen befinden. Ergänzt wird dieser Bereich durch klassische Möbel sowie einzelne Tisch- und Stehleuchten im Bauhaus-Stil. Unsichtbar in die Regale ­integrierte Lichtlinien vervollständigen die nuancierte Atmosphäre. Die sogenannte „Con-
tem­porary Area“ verbindet beide Verkaufsflächen. Sie ist durch ein kontrastreiches Erscheinungsbild mit einer schwarzen Lamellendecke, einem hellen Terrazzoboden und Warenträgern aus gebürs-tetem oder schwarzem Metall sowie Holzakzenten charakterisiert. Zwischen den Lamellen angeordnete, schwarze Stromschienenstrahler beleuchten den Bereich eindrucksvoll und verstärken das spannungsvolle Erscheinungsbild.

Sinnliches Einkaufserlebnis

Die vom Mailänder Architekten Andrea Tognon entworfene Innenarchitektur für das neue Women‘s Fashion Department im 2. Obergeschoss ist von minimalistischer Modernität und emotionaler Verspieltheit geprägt. Verschiedene Grautöne an Boden, Decke und Wänden, gepaart mit durchdachten Details aus Messing und Holz, schaffen einen ruhigen und eleganten Hintergrund für die Präsentation der erstklassigen Waren. Möbel in puristischen Formen aus Holz, Beton und in Pastelltönen setzen stilvolle Akzente.

Das Beleuchtungskonzept auf der ca. 5 000 m2 großen Etage bedient sich eines ausgeklügelten und auf technische Einbauten optimierten Ras­ters aus ca. 2 000 schwenkbaren Deckeneinbaudownlights im Abstand von 1,60 x 1,60 m. Die minimalistischen Leuchten für die Grund- und Akzentbeleuchtung haben einen Output von ­ca. 2 200 lm. Sie wurden im gleichen Grauton wie die Decke ausgeführt und fügen sich somit unaufdringlich und fast unsichtbar in die Gestaltung ein. In drei essentiellen Bereichen im Raum wurden zur Inszenierung der präsentierten Waren der Luxury Brands Balmain, Max Mara, Jil Sander, Miu Miu und Moncler Stromschienen in gold­farbene Rundrohre integriert, die mit den im gleichen Goldton ausgeführten Stromschienenstrahlern Akzente setzen und gleichzeitig eine Verbindung zu den architek­tonischen Messingelementen herstellen. Auf ­insgesamt 1 400 m Länge goldfarbener Stromschiene sind 290 breitstrahlende und 220 mittelbreitstrahlende Strahler positioniert und schaffen eine differenzierte und angemessene Ausleuchtung der Luxuswaren.

Urbaner Industrial-Look

Im Untergeschoss hat das Architekturbüro Gonzalez Haase AAS eine urbane Atmosphäre kreiert. Charakteristisch ist die raue, teils offen gehaltene Deckengestaltung. Ein funktionales Raster aus Stromschienensegmenten zieht sich konsequent über die gesamte Verkaufsfläche hinweg und kreiert einen Industrial-Look. Hier können für die Allgemein- und Akzentbeleuchtung Stromschienenstrahler angebunden werden, die eine ausgewogene Mischung aus horizontalen und vertikalen Beleuchtungsstärken schaffen. Bewusst unterschiedlich gewählte Lichtfarben helfen, den Raum zu zonieren und thematisch zu gliedern.

Autorin: Isabel Sternkopf
Projektleiterin Licht Kunst Licht
www.lichtkunstlicht.com
Foto: Licht Kunst Licht

Autorin: Isabel Sternkopf
Projektleiterin Licht Kunst Licht
www.lichtkunstlicht.com
Foto: Licht Kunst Licht

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