Nichts Neues vom Evangelischen Kirchbautag in Köln

Wer Aufbruch oder gar Revolution erwartet hatte … Aber das hatte keiner. Der seit 1949 in loser Reihe stattfindende Evangelische Kirchbautag, der vom 9. bis 11. September in Köln Platz hatte, kam vor allem zu dem einen Schluss: Man müsse wirtschaftlich und verantwortlich denken und handeln, ohne dabei den zentralen Beitrag der Kirchenbauten aus den Augen zu verlieren: Mut-Raum sein und Identifikationspunkt im Leben wie aber auch mit deutlicher Präsenz im Stadtraum.

Der 30. Kirchbautag 2022, ein Fachkongress mit rund 500 Teilnehmer:innen bot Vorträge und 20 Exkursionen, Diskussionspanel und 24 Workshops und stand unter dem Motto „Mut baut Zukunft“. Man wollte über den kreativen Um- und Neubau kirchlicher Gebäude diskutieren. „Gott braucht kein Haus. Weder um darin zu wohnen, noch um zu uns zu reden. Aber wir brauchen Gotteshäuser, Kirchen“, so Präses Dr. Thorsten Latzel. Vor dem Hintergrund sinkender Mitgliederzahlen und steigender Kosten konsolidieren viele Gemeinden seit Jahren schon ihren Gebäudebestand, meist verkleinern sie ihn, führen ihn neuen, auch hybriden Nutzungen zu.

Dabei zeige sich, so die Veranstalter:innen, dass Bauen auch Gemeindeaufbau sein und zur Quartiersentwicklung beitragen kann. Kommunikative Drehscheibe zwischen Theo­log:in­nen und Architekt:innen solle der Kirchbautag sein – Zusammenhänge zwischen inhaltlichen Gemeindekonzepten und baulicher Ausprägung sollen dargestellt und besprochen werden. Der Kirchbautag zeige, wie notwendiger Rückbau eine Chance für neue Gestaltungen biete, die dem Bedeutungsverlust der Kirchen – hier ist auch die katholische Kirche angesprochen – mit der räumlichen Präsenz Wesentliches entgegensetzen.

Markus Zimmermann, stellvertretender Stadt­superintendent in Köln: „Weniger ist auch hier mehr. Der Kirchbautag zeigt an konkreten Beispielen und Erfahrungen auf, wie Gemeinden sich auf weniger Gebäude konzentrieren und nicht mehr benötigte Grundstücke so verwenden können, dass sie langfristige Einnahmen für die Gemeindearbeit als ihren Kernauftrag erzielen.“ So vor Jahren bei der Christuskirchen-Gemeinde in Köln anschaulich geschehen.

Wenn man ein Signal ausmachen wollte, das vom 30. Evangelischen Kirchbautag mitzunehmen war, dann, dass es Zeit wird, zu handeln. Das Problem zahlreicher und voranschreitender Leerstände kirchlicher Bauten wie gleichzeitig der Rückzug der Kirchen insgesamt aus dem öffentlichen Leben muss heute bewältigt werden. Dabei kann das Vorhandene – der Bestand – für andere Funktionen genutzt werden bzw. kann eine nüchterne Immo­biliensicht auf das ehemals Heilige oder dem Heiligen Dienstbare die zentrale Funktion der Kirchen – den Schwachen Halt geben – wegen einer stabileren Einnahmesituation am Leben halten. Aufgeben war nicht das Thema, aber ob Mut alleine ausreicht, Zukunft zu gestalten? Es werden noch Kirchbautage kommen, es gibt noch Möglichkeiten. Be. K.

www.kirchbautag.de
x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 09/2008

Muslimin plant für St. Nicolai Drei Hochschulen beteiligen sich an Entwurfsprojekt

Für die 22-jährige Muslimin Nalan Cicek war die Begegnung mit St. Nicolai in Dortmund auch die erste intensive Erfahrung mit einer protestantischen Kirche. Ihr Entwurf für das neue evangelische...

mehr
Ausgabe 07/2014

Termine in DBZ 07 2014

Weiterbildung Noch bis 23.11.2014 Venedig Fundamentals. Die 14. Internationale Architekturbiennale Venedig?www.labiennale.org Die alle zwei Jahre in Venedig stattfindende größte internationale...

mehr
Ausgabe 10/2019

In Zukunft mit Kirchen? Noch definieren Kirchenbauten unsere Städträume

Gerne berufen sich Populisten apodiktisch auf die allein christlichen Wurzeln unserer Werte- und Kulturgesellschaft. Doch was das genau meint, wird in großzügig absichtsvoller Weise verunklart oder...

mehr

Evangelische Christuskirche in Köln fertig

Eine Vorabbesichtigung mit den Architekten und Kirchenvertretern

Im so genannten Belgischen Viertel in Köln steht seit dem Ende des 19. Jahrhunderts die evangelische Christuskirche. Mit ihrem 77 m hohen Turm ist sie – mit deutlichem Abstand aber immerhin – die...

mehr
Ausgabe 7/8/2022

Neue Nutzungen für Kirchen

Wie kann mit den vielerorts leerstehenden oder kaum genutzten Kirchenräumen umgegangen werden? Wie können Kirchengemeinden sich weiter der Gesellschaft öffnen? Welche alternativen Nutzungen sind...

mehr