Mehr Honorar bei Bauzeitverlängerung

OLG Köln, Urteil vom 15.01.2021 - 19 U 15/20; BGH, Beschluss vom 04.05.2022 - VII ZR 87/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Einen Anspruch auf Mehrhonorar durchzusetzen, weil sich die Bauzeit verlängert hat, ist ein dickes Brett, was ein Architekt/Ingenieur bohren muss, um tatsächlich erfolgreich zu sein. Ohne eine ausdrückliche Regelung im Vertrag ist ein Anspruch auf Honorarerhöhung meistens nur durch den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu erreichen. Die Anforderungen daran sind allerdings hoch.
 
Im folgenden vom Oberlandesgericht Köln (OLG Köln) entschiedenen Fall hatte ein Auftraggeber den Architekten mit den Leistungen der Objektüberwachung - Leistungsphase 8 der HOAI - beauftragt. Der Vertrag sah in der Präambel die Einhaltung von konkreten Vertragsterminen, insbesondere den Übergabetermin vor. Die Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 7 wurden von einem anderen Architekten erbracht. Diese Planung wies nachgewiesene Mängel auf, sodass sich die Bauzeit um ca. 18 Monate verlängerte. Der bauüberwachende Architekt verlangte vom Auftraggeber eine entsprechende Honoraranpassung, da er in diesem Verlängerungszeitraum ebenfalls ununterbrochen die Bauarbeiten überwachen musste.
 
Mit Erfolg! Das OLG Köln sah einen Anspruch des Architekten aus § 313 BGB gegeben (Wegfall der Geschäftsgrundlage). Maßgeblich hierfür waren die von den Parteien getroffene Risikoverteilung sowie die dafür getroffene Pauschalpreisabrede.
 
Der Architekt hatte ein konkretes Stundenkontingent für die Vertragslaufzeit kalkuliert, was bereits innerhalb der Vertragslaufzeit erheblich überschritten war. Ferner durfte er bei der Kalkulation davon ausgehen, vom Auftraggeber eine mangelfreie Planung vorgelegt zu bekommen. Das Gericht sah bei 18-monatiger Bauzeit – und damit auch Bauüberwachungszeitverlängerung – die Zumutbarkeitsschwelle für den Architekten, in der er aufgrund des Pauschalpreises Mehraufwand hinnehmen muss, überschritten. Der Architekt konnte daher den tatsächlichen Mehraufwand gegen den Auftraggeber geltend machen.
 
Im Ergebnis hatte dem Architekten geholfen, dass im Vertrag ein Leistungszeitraum definiert war, dieser aufgrund der mangelhaften Planung, dessen Übergabe der Auftraggeber schuldete, erheblich überschritten war und auch zur Erheblichkeitsschwelle eine Regelung im Vertrag (drei Monate Mehraufwand) aufgenommen wurde.
 
Eine im Ergebnis korrekte und wichtige Entscheidung des OLG Köln. Architekten und auch Auftraggebern ist es trotzdem zu empfehlen, konkrete Regelungen in Verträgen aufzunehmen, ab wann und in welcher Höhe der Architekt eine Mehrvergütung für Bauzeitverlängerungen beanspruchen kann.

Autor:
Jochen Mittenzwey, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Gesellschafter bei MO45LEGAL Rechtsanwälte und Notare

www.mo45.de

mittenzwey@mo45.de

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