ufo ufo

Gebauten Raum erforschen

Urban fragment observatory (ufo ufo) dokumentiert jene Fragmente von Städten, die einen Weg aus der Monotonie unserer gebauten Umwelt aufzeigen. An der Schnittstelle von urbaner Praxis, Architektur und Aktivismus konzentriert sich ihre Arbeit auf die gelebte Realität von Räumen.

Text: ufo ufo


Foto: urban fragment observatory

Foto: urban fragment observatory

Als künstlerisch arbeitendes Raumforschungskollektiv setzen wir uns dafür ein, die Qualitäten bestehender sozialer Architekturen in ganz Europa aufzeigen. Wir verfolgen einen situierten und transdisziplinären Ansatz. Wir nutzen dazu Medien wie Film, Feldaufnahmen, Kartierung, partizipative Forschungsmethoden und Performances. Lokale Initiativen und Bewohner:innen sehen wir als die Expert:innen für Stadt und Raum, von denen wir lernen können, wie sich unsere gebaute Umgebung in Zukunft besser gestalten lässt.

Dreharbeiten zum Film "Ivry Affaires" auf dem Place Voltaire in Ivry Sur Seine
Foto: urban fragment observatory

Dreharbeiten zum Film "Ivry Affaires" auf dem Place Voltaire in Ivry Sur Seine
Foto: urban fragment observatory

Das Team
Wir, das sind Jeanne Astrup-Chauvaux, Sebastian Díaz de León, Lena Löhnert und Florine Schüschke, lernten uns im Architekturstudium an der UdK Berlin kennen. Unsere Arbeit als Kollektiv begannen wir mit einer Ausstellung und Publikation zum Werk von Inken Baller und Hinrich Baller. Angetrieben von fragwürdigen stadtpolitischen Entwicklungen im Bezirk Schöneberg machten wir Anfang des Jahres 2023 mit einer Protest-Performance auf die Folgen von Gebäudeabrissen in Berlin aufmerksam. Wir zeigten auf, dass Abrisse die Gentrifizierung und Verdrängungen in Städten befördern und negative ökologische Auswirkungen mit sich bringen, die nicht länger toleriert werden können. Seitdem setzten wir uns aktiv für den Erhalt des Gebäudes “An der Urania 4-10” aus den 1960er -Jahren ein.

Abrissstop! Demozug auf dem Protestfest entlang der Kurfürstenstraße in Berlin-Schöneberg, vor dem Gebäude "An der Urania 4-10“, das derzeit zum Abriss steht
Foto: Constanze Flamme

Abrissstop! Demozug auf dem Protestfest entlang der Kurfürstenstraße in Berlin-Schöneberg, vor dem Gebäude "An der Urania 4-10“, das derzeit zum Abriss steht
Foto: Constanze Flamme


Projektion des Films „Macht kaputt was euch Kaputt macht“ im Freiburger Europaviertel gegen den Abriss zweier Bürohochäuser
Foto: urban fragment observatory

Projektion des Films „Macht kaputt was euch Kaputt macht“ im Freiburger Europaviertel gegen den Abriss zweier Bürohochäuser
Foto: urban fragment observatory

Unser Ansatz
Wir stehen klassischen architektonischen Ansätzen, die weiterhin auf die Dynamik von Abriss und Wachstum zu setzen, kritisch gegenüber. Stattdessen beteiligen wir uns an der Schaffung alternativer Narrative, die sich mit den kommenden Herausforderungen einer ungewissen sozialen und klimatischen Zukunft auseinandersetzen.

Bereits bestehende Beispiele qualitativen Wohnens, in denen starke soziale Interaktionen verankert sind, sehen wir als ein Gegenbeispiel zu einer profitorientierten Stadtentwicklung. Die Pflege, Reparatur und Instandhaltung dieser Lebensräume entfachen als kollektive Handlungen ein hohes Potenzial für den sozialen Zusammenhalt und sollten deswegen Teil unseres täglichen Miteinanders sein.

Mietenhai Performance auf dem Protestfest entlang der Kurfürstenstraße in Berlin Schöneberg, 2023
Foto: Constanze Flamme

Mietenhai Performance auf dem Protestfest entlang der Kurfürstenstraße in Berlin Schöneberg, 2023
Foto: Constanze Flamme

Ivry sur Seine
In den 1960er-Jahren war Ivry sur Seine bei Paris Schauplatz einer bahnbrechenden Aktion des sozialen Wohnungsbaus. Die kommunistische Stadtverwaltung beauftragte die Architektin Renée Gailhoustet mit der Ausarbeitung der städtebaulichen Pläne für zehn Gebäude, die über einen Zeitraum von 15 Jahren gebaut werden sollten und das Stadtgefüge radikal veränderten. Gemeinsam mit dem Architekten Jean Renaudie entwarf Gailhoustet eine Architektur, die tief in den sozialistischen Werten des gemeinschaftlichen Lebens und sozialer Gerechtigkeit verankert war. Die Verspieltheit und Komplexität dieser Architektur fordert noch heute unser Verständnis von Urbanität ­heraus. Das hybride Programm und die Großzügigkeit, die den städtischen Ökosystemen auf den zahlreichen Terrassen gewidmet ist, machen die Strukturen von Ivry zu einem Beispiel für eine widerstandsfähige, ökologische und vor allem zutiefst soziale Architektur.

Mapping-Workshop mit Anwohner:innen zu Erinnerungen und Raum­erfahrungen
Foto: urban fragment observatory

Mapping-Workshop mit Anwohner:innen zu Erinnerungen und Raum­erfahrungen
Foto: urban fragment observatory

Während eines dreiwöchigen Aufenthalts in Ivry sur Seine arbeiteten wir eng mit den lokalen Vereinen „Jardins a tous les étages“ und „Arch‘Ivry“ zusammen. In Workshops und Besuchen sammelten wir Erinnerungen, Geheimnisse und räumliche Erfahrungen der Bewohner:innen. Diese narrativen Fragmente verwebten wir filmisch in drei fiktiven Geschichten, die alltägliche und doch unkonventionelle Praktiken im Zusammenhang mit der Stadt darstellen. Das Ergebnis ist eine 3-Kanal-Videoinstallation, die im September und Oktober im öffentlichen Raum von Ivry und Berlin gezeigt wurde. So schafft ufo ufo eine Verbindung zwischen zwei Metropolen, die vor ähnlichen Herausforderungen im Bereich der Stadtentwicklung stehen.


ufo ufo

Team: Jeanne Astrup-Chauvaux, Sebastian Díaz de León, Lena Löhnert und Florine Schüschke

www.ufoufo.eu

insta: urban_fragment_observatory

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