Ein zweites Leben für Designarmaturen

Für sein neues, nachhaltiges Geschäftsmodell Dornbracht ReCrafted nimmt der Iserlohner Armaturenhersteller ausrangierte Armaturen – beispielsweise aus Hotels – zurück, bereitet sie auf und bringt sie wieder in den Marktkreislauf. Das schont wertvolle Ressourcen, spart CO2-Emissionen ein und vermeidet aufwendige Entsorgungsprozesse, schreibt CEO Stefan Gesing in seinem Gastbeitrag.

Der Prozess, den eine ReCrafted-Armatur durchläuft, ist geprägt durch handwerkliches Arbeiten und die Expertise der Fachkräfte: Im ersten Schritt wird das Produkt in seine Einzelteile zerlegt
Foto: Dornbracht

Der Prozess, den eine ReCrafted-Armatur durchläuft, ist geprägt durch handwerkliches Arbeiten und die Expertise der Fachkräfte: Im ersten Schritt wird das Produkt in seine Einzelteile zerlegt
Foto: Dornbracht

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ein Hotel saniert seine Zimmer nach zehn Jahren, um seinen Gästen weiterhin ein zeitgemäßes Ambiente zu bieten. Auch das Bad wird erneuert. Dabei werden sämtliche Armaturen demontiert und entsorgt – auch wenn sie noch voll funktionsfähig sind, nur minimale Gebrauchsspuren aufweisen und ihre Dienste viele weitere Jahre verrichten könnten.

Bauwirtschaft verursacht ökologische Kosten

Auch unsere Dornbracht-Armaturen werden viel zu oft einfach verschrottet – lange, bevor ihre eigentliche Lebensdauer vorüber ist. Das ist in mehrfacher Hinsicht bedauerlich: Unsere Produkte bestehen aus hochwertigen Materialien, sind aufwendig und präzise verarbeitet, ihr Design ist zeitlos. Sie sind darauf ausgerichtet, Jahrzehnte zu überdauern. Ihre vorzeitige Entsorgung kommt folglich einer Wertvernichtung gleich.


Zuletzt wird das Produkt gemeinsam mit dem Dornbracht ReCrafted-Zertifikat in einer ökologischen Versandkartonage verpackt
Foto: Dornbracht

Zuletzt wird das Produkt gemeinsam mit dem Dornbracht ReCrafted-Zertifikat in einer ökologischen Versandkartonage verpackt
Foto: Dornbracht

Angesichts der Notwendigkeit, Ressourcen zu schonen, ist dieser Umstand inakzeptabel. Der menschengemachte Klimawandel und seine gravierenden Folgen sind schließlich für uns alle längst spürbar. Wir wissen, dass wir erst am Anfang einer Entwicklung stehen, die uns noch Jahrzehnte lang beschäftigen wird. Wenn meine Kinder einmal so alt sind wie ich, werden sie eine stark veränderte Welt vorfinden. Mit unserer heutigen Art zu wirtschaften, entscheiden wir maßgeblich mit, wie unsere Kinder, Enkel und Urenkel einmal leben werden. Diese generatio­nenübergreifende Dimension der Klimakrise erfordert entschlossenes Handeln von uns allen. Entsprechend liegt es an uns, Verantwortung zu übernehmen.

Das gilt besonders für die Industrie, deren Rolle bei der Entstehung von CO2-Emissionen und dem Verbrauch begrenzter Ressourcen hinlänglich bekannt ist. Die Bauwirtschaft beispielsweise verursacht jährlich immense ökologische Kosten – unter anderem wegen der Millionen Tonnen von Abfällen, die bei Bau und Abriss entstehen. Die Recyclingprozesse, die es braucht, um diese Umweltbelastung zu minimieren und die verbrauchten Ressourcen wieder nutzbar zu machen, gehen noch nicht weit genug.


Nach der Demontage der zurückgenommenen Armatur erfolgt die elektrolytische Entschichtung. Oberflächenrohstoffe, wie beispielsweise Gold, werden dabei zurückgewonnen
Foto: Dornbracht

Nach der Demontage der zurückgenommenen Armatur erfolgt die elektrolytische Entschichtung. Oberflächenrohstoffe, wie beispielsweise Gold, werden dabei zurückgewonnen
Foto: Dornbracht
 

Ein zirkuläres Modell

Das bringt uns zurück zur Herausforderung der frühzeitig entsorgten Armaturen – und damit zu Dornbracht. Als wir gemeinsam im Unternehmen darüber diskutierten, kam mir ein im Grunde simpler Gedanke: Warum holen wir diese gebrauchten Armaturen nicht einfach zurück und bereiten sie wieder auf? Die Idee fand schnell Zustimmung, denn sie steht für eine klare Vision: Wir schenken unseren Armaturen ein zweites Leben. Und schaffen so Produkte, die wie neu sind, dabei aber ihre ganz eigene Geschichte haben.

So entstand nach intensiver Entwicklungsarbeit unser neues Geschäftsmodell Dornbracht ReCrafted. Seit Februar dieses Jahres nehmen wir – als erster Hersteller der Sanitärbranche weltweit – unsere ausrangierten Badarmaturen zurück, unterziehen sie einer sorgfältigen Rundumerneuerung und machen sie anschließend wieder dem Markt zugänglich. Dazu werden die Modelle vor Ort ausgebaut und zurück ins Werk nach Iserlohn transportiert. Dort werden sie in Einzelteile zerlegt, gesichtet und bewertet. Brauchbare Komponenten werden wiederverwertet, Verschleißteile dem Recyclingkreislauf über regionale Partner zugeführt. Der Weg, den eine ReCrafted-Armatur nun nimmt, ist geprägt von handwerklichem Arbeiten und der Expertise unserer Teammitglieder vor Ort: Das reicht vom Entschichten über das Schleifen und Neuveredeln der Armaturenkörper bis hin zum Lasern, Montieren und Verpacken. Das fertige Produkt können Endkundinnen und -kunden schließlich in unserem Webshop (dornbracht-recrafted.shop) erwerben.


Im nächsten Arbeitsschritt wird die Oberfläche der Armatur beim Schleifen, Polieren und Bürsten in Handarbeit aufbereitet
Foto: Dornbracht

Im nächsten Arbeitsschritt wird die Oberfläche der Armatur beim Schleifen, Polieren und Bürsten in Handarbeit aufbereitet
Foto: Dornbracht

Der hohe Anteil an manuellen Arbeitsschritten ermöglicht es uns, den gesamten Prozess unkompliziert in unsere bestehenden Produktionsabläufe einzubinden. Hier können wir übrigens auf reichhaltige Erfahrungswerte zurückgreifen, denn die Wiederaufbereitung gehört seit über 70 Jahren zum Angebot unseres x-tra Services. Mit dem neuen Geschäftsmodell machen wir diese Kompetenz nun einem breiteren Publikum zugänglich.

Entscheidende Vorteile für die Umwelt

Das Unterfangen zahlt sich aus in Sachen Nachhaltigkeit: Im Vergleich zu einem Neuprodukt werden pro aufbereiteter Armatur rund 40 Prozent an CO2-Emissionen eingespart, wie der TÜV Rheinland errechnet hat. Das Wiederverwerten und Aufbereiten gebrauchter Armaturen sorgt zudem für eine erhebliche Verringerung des Materialaufwands – es senkt das Metallschrottaufkommen und macht den aufwendigen Entsorgungsprozess überflüssig. Unabhängig davon bewahrt der Prozess aber auch immaterielle Werte: In unserem Werk in Iserlohn arbeiten Fachkräfte mit Präzision und Hingabe an unseren Armaturen. Das ist mit Handwerkskunst gleichzusetzen.


In der Galvanik wird der Armaturenkörper neu ver­edelt. Die entstehende Oberfläche zeichnet sich durch einzigartige Farbtiefe und Brillanz aus
Foto: Dornbracht

In der Galvanik wird der Armaturenkörper neu ver­edelt. Die entstehende Oberfläche zeichnet sich durch einzigartige Farbtiefe und Brillanz aus
Foto: Dornbracht

Hotellerie als Partner

Die ausrangierten Armaturen, die wir verwenden, stammen aus Ausstellungen, von Messen oder Privathaushalten – und der Hotellerie. Insbesondere bei Hotels ist die Nachfrage und das Potenzial groß: Für sie besteht ein ständiger Konflikt zwischen dem Wunsch, einerseits ein Ambiente auf Höhe der Zeit zu schaffen, andererseits aber berechtigten Nachhaltigkeitsansprüchen zu genügen. Mit Dornbracht ReCrafted bieten wir als erster Anbieter unserer Branche eine Lösung, die nachhaltiges Renovieren erleichtert. Wir setzen daher darauf, dass sich Hotelbetreibende künftig auch aktiv an uns wenden: etwa, wenn sie ihre ausrangierten Dornbracht-Armaturen an uns zurückgeben möchten. Möglich ist es aber auch, im Gegenzug ReCrafted-Armaturen einzubauen – oder sogar dieselben Produkte in wiederaufbereiteter Form erneut zu installieren.


Bei der Kommissionierung wird der Armaturenkörper um die benötigten neuen Bauteile ergänzt. Das fertige Produkt erhält dann ein ReCrafted-Zertifikat
Foto: Dornbracht

Bei der Kommissionierung wird der Armaturenkörper um die benötigten neuen Bauteile ergänzt. Das fertige Produkt erhält dann ein ReCrafted-Zertifikat
Foto: Dornbracht
 

Für eine ressourcenschonende Form des Wirtschaftens

So tragen wir dazu bei, eine emissionsarme, ressourcenschonende Art des Wirtschaftens zu etablieren, die konsequent wiederverwertet. Unser neues Geschäftsmodell ist damit wichtiger Bestandteil eines ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatzes, den wir als Unternehmen konsequent verfolgen. Dazu gehören durchflussreduzierte Armaturen, ein Lieferketten-Management, das auf kurze Transportwege ausgelegt ist, eine lokale Produktion und der Fokus auf erneuerbare Energien. Aber damit ist es längst nicht getan: Wir müssen auch in Zukunft „outside the box“ denken, kreativ werden – und konsequent Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit entwickeln. Ich bin gespannt, wie sich unsere Branche in dieser Hinsicht weiterentwickeln wird!

Autor Stefan Gesing verfügt über langjährige Erfahrungen in der Stahl- und Sanitärindustrie und übernahm im Oktober 2020 die Leitung des
Premium-Armaturenherstellers Dornbracht. Als Spezialist in den
Bereichen Steuerung von Unternehmen, Finanzierung und Transformation verfolgt er einen umfassenden Nachhaltigkeitsansatz.
www.dornbracht.com
Foto: Dornbracht/Michael May

Autor Stefan Gesing verfügt über langjährige Erfahrungen in der Stahl- und Sanitärindustrie und übernahm im Oktober 2020 die Leitung des
Premium-Armaturenherstellers Dornbracht. Als Spezialist in den
Bereichen Steuerung von Unternehmen, Finanzierung und Transformation verfolgt er einen umfassenden Nachhaltigkeitsansatz.
www.dornbracht.com
Foto: Dornbracht/Michael May


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