Vorsicht: Großformatfliesen auf Calciumsulfatestrich!

Sie stehen bei Bauherren nach wie vor ganz oben auf der Wunschliste: großformatige Fliesen. Der Verlegeuntergrund ist dabei häufig ein Calciumsulfat-Fließestrich (CAF). Dies stellt besondere Herausforderungen an den Planer, denn die Verlegung von großformatigen Platten (ab 0,3 m²) auf gipshaltigen Untergründen (z. B. CAF, CA, Gipsfaser-Fertigteilestrich) ist nicht ganz unproblematisch. Der Teufel steckt hier im Detail: Sich sammelnde Feuchtigkeit unter den Platten kann leicht zu Schäden am Estrich führen. Was muss der Planer wissen, um Mehraufwand, Kosten und schlimmstenfalls Schäden zu vermeiden?

Gründe für den zunehmenden Einsatz von Calciumsulfat-Fließestrichen sind die enorme Arbeitserleichterung beim Einbau und die wesentlich größeren Flächenleistungen, verbunden mit einem reduzierten Personaleinsatz. Darüber hinaus weisen die Flächen in der Regel eine hohe Ebenheit auf, was vor allem bei immer größer werdenden Plattenformaten als vorteilhaft bewertet wird.

Im Vergleich zu konventionellen Zementestrichen zeichnen sich Calciumsulfat-Fließestriche u. a. durch folgende Vorteile aus:

– kaum Schwund beim Trocknen

– große, fugenlose Flächen

– kein Aufschüsseln

– keine Randabsenkungen und Fugenabrisse

– Heizestriche können eher aufgeheizt werden

Allerdings gibt es auch Nachteile:

– insbesondere bei unbeheizten Flächen in größerer Dicke (ab ca. 55 mm Estrichstärke) muss i. d. R. mit deutlich längeren Trocknungszeiten gerechnet werden

– alle Calciumsulfatestriche sind feuchteempfindlich

– für eine ausreichende Oberflächenfestigkeit ist der Feuchtegrenzwert für die
Belegereife (0,5 CM-% unbeheizt und
0,3 CM-% beheizt) streng einzuhalten.

Schadensfälle vorprogrammiert

Gerade bei großformatigen Fliesen kann dies zu kritischen Aufbauten und Schäden führen. Bedingt durch den geringen Fugenanteil der Belagsfläche und den Mehreinsatz an Verlegemörtel aufgrund der größeren Zahnung und des Buttering-Floating-Verfahrens, bei dem der Dünnbettmörtel sowohl auf den Untergrund als auch auf den Fliesenrücken aufgebracht wird, verbleibt nach der Verlegung relativ viel freies Anmachwasser unter den Platten − der Mörtel trocknet daher langsamer ab. Diese Feuchtigkeit kann, verstärkt durch die sehr lange Einwirkzeit, in die obere Estrichrandzone einwirken und dadurch die Oberflächenfestigkeit des Estrichs reduzieren. Kommt es dann temperaturbedingt zu Spannungen, ist ein Abscheren des Belags an der geschwächten Randzone kaum zu verhindern. Das typische Schadensbild ist eine Ablösung der Fliesen mit dem anhaftenden Dünnbettmörtel und einer feinen EstrichSchicht (Abb. 2 und 3).

Verhalten von calciumsulfatgebundenen Estrichen in Verbindung mit Feuchtigkeit
Zur Herstellung von Calciumsulfatestrichen werden unterschiedliche Arten von Calciumsulfat-Modifikationen als Bindemittel eingesetzt. Solche Calciumsulfat-Bindemittel werden allein oder in Abmischungen unter-einander verwendet. Sie bilden zusammen mit Zusatzstoffen und Zusatzmitteln den Calciumsulfat-Binder. Die Bindemittel können sich sehr stark in der Geschwindigkeit der Wasseraufnahme und in ihrem Hydratationsgrad unterscheiden (Tabelle 1).

In einer Versuchsreihe der codex Anwendungstechnik wurde 2014 der Feuchtigkeitseintrag aus dem Verlegemörtel in den Calciumsulfat-Fließestrichen bei Verwendung unterschiedlicher Grundierungen mittels CM-Messung ermittelt. Hierbei wurde auch der Feuchteeinfluss auf die Haftzugfestigkeit ermittelt. Abhängig von der Art der Grundierung konnte ein erheblicher Unterschied im Feuchte­eintrag in den Untergrund festgestellt werden. Die Untersuchungen zeigen auch, dass eine Feuchtigkeitserhöhung im Calciumsulfat-Fließestrich zu einer deutlichen Abnahme seiner Festigkeit führt − konzentriert in der oberen Estrichrandzone. Die Verbundhaftung reduziert sich entsprechend und das Schadensrisiko nimmt erheblich zu. Die Untersuchung wurde bei idealen Klimabedingungen durchgeführt. Bei den ungünstigen Klimabedingungen auf der Baustelle können diese Effekte durchaus zu einer weiteren Verschlechterung führen. Hinzu kommen Unsicherheiten durch mögliche Abweichungen von den Verarbeitungsvorschriften. Allgemein bestätigen die Ergebnisse, dass Calciumsulfat-Fließestriche speziell bei der Belegung mit großformatigen Platten materialspezifisch besondere vorbereitende Maßnahmen erfordern.

Stand der Technik zur sicheren Verlegung großformatiger Fliesen auf calciumsulfatgebundenen Estrichen

Wenn großformatige Fliesen auf einen Calciumsulfatestrich verlegt werden sollen, muss sich die Ausführung nach den aktuellen Normen richten. Im Entwurf der überarbeiteten DIN 18157 ist hierzu folgendes beschrieben: „Bei der Verlegung von großformatigen Fliesen und Platten ist die Oberfläche des Calciumsulfatestrichs vor eindringender Feuchtigkeit aus dem Dünnbettmörtel zu schützen.” Dazu sind Dispersionsgrundierun­gen in der Regel nicht in der Lage. Ähnlich lautet auch die Empfehlung des ZDB-Merkblatts „Beläge auf Calciumsulfatestrichen“. Das BEB-Hinweisblatt „Hinweise zur Verlegung großformatiger Fliesen und Platten [...] auf calciumsulfatgebundenen Estrichen“ vom Dez. 2011 wird zum Einsatz von Dispersionsgrundierungen noch konkreter: „Üblicherweise kommen Dispersionsgrundierungen auf calciumsulfatgebundenen Estrichen zum Einsatz. Diese Vorgehensweise kann bei großformatigen Belagsmaterialien in Verbindung mit normal erhärtenden Verlegemörteln den Haftverbund nachhaltig stören. [...] Zu bevorzugen ist die Verwendung einer Reaktionsharzgrundierung in Verbindung mit einem schnell erhärtenden und schnell trocknenden Mörtel-system. Die Reaktionsharzgrundierung muss einen ausreichenden Schutz vor der einwirkenden Feuchtigkeit aus dem Verlegemörtel und Spachtelmasse bieten.“

So können Großformat-Fliesen schadensfrei auf Calciumsulfatestrichen verlegt werden

Die Normen machen deutlich: Die sicherste Vorbereitung vor der Verklebung von großformatigen Fliesen ist das Aufbringen einer wasserabsperrenden Reaktionsharzgrundierung. Erfolgt dies auf Basis einer 2K-Epoxidharz-Grundierung, bringt dies eine relativ lange Trocknungszeit mit sich. Durch neueste Entwicklungen absperrender Systeme mit perfekt aufeinander abgestimmten Systemkomponenten (1K-Polyurethan-Sperrgrundierung mit Dispersions-Carbongrundierung) lässt sich dieser Anwendungsnachteil jedoch überwinden.

Fazit

Es gehört zu den Aufgaben des Planers, in der Planungsphase in Abstimmung mit dem Auftraggeber die verbindlichen Vorgaben für die Raumnutzung und damit auch für die Estrichkonstruktion festzulegen. Steht zum Zeitpunkt des Estricheinbaus die Art des Oberbelags noch nicht fest, kann dies zu zusätzlichen Anforderungen und Kosten führen. Der Einsatz von Spezialprodukten ist oft unumgänglich, um z. B. ein Verlegen von großformatigen Fliesen auf dafür problematischen Untergründen zu ermöglichen. Planer sind daher gut beraten, für den gewählten Belag rechtzeitig den richtigen Untergrund einzuplanen, um Schadensfälle auszuschließen. Nur wenn in der Ausschreibung entsprechende Bedarfs- oder Alternativpositionen vorgesehen wurden, können kostenintensive Nachträge weitgehend vermieden werden.

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