Standpunkt I 
Dipl.-Ing. Ernst Giselbrecht zum Thema „Fassade“

Jeder Tag ist ein neues Abenteuer, jeder Tag zeigt eine neue Fassade. Schon immer waren die Fassaden unserer Bauwerke ein viel diskutierter Teil der Gesamtarchitektur. Waren es in der Geschichte die subtilen Ausdrucksformen in Putz und Stein, welche das Ansehen beziehungsweise die Stellung des Bauherrn transportieren sollten, so hat in der jüngeren Zeit die Hinwendung zur Fassade abgenommen. Gerasterte Lochfassaden zeigten die industrielle Fertigung und wurden in jüngster Zeit durch Gitter- und Netz- bzw. Lochblechkonstruktionen ersetzt, welche als Hüllen die Baukörper herausarbeiten, jedoch das Leben hinter der Fassade negieren.

Vor nicht allzu langer Zeit gab es bei Bürobauten genaue Anordnungen, wie viele Achsen für einen Direktor vorzusehen waren und wie viele für die einfachen Mitarbeiter. Durch die Einführung von Fensterbändern wurden diese Hierarchien aufgelöst. Heute ist es möglich, die Außenwand transparent zu realisieren. Gerade diese Transparenz signalisiert Modernität und Offenheit – Attribute, welche heute sehr gerne in Firmenphilosophien ihren Niederschlag und somit auch als Thema der Firmenarchitektur Ausdruck finden. Gleichzeitig nehmen die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter zu und sollen mit dem Wunsch nach Behaglichkeit in Übereinstimmung gebracht werden.

So gesehen bekommt die Fassade eine neue Bedeutung, sie ist ein Interface zwischen dem öffentlichen und dem privaten Raum mit den Möglichkeiten der Kommunikation. Dies ist der Grund, warum wir uns seit längerer Zeit mit dynamischen Fassaden beschäftigen, die nicht nur auf die physikalischen Bedingungen wie Kälte oder Sonne reagieren, sondern auch individuell gesteuert werden, und damit ein ständig neues Bild der Fassade zeigen.

Diese neuen dynamischen Fassaden entsprangen dem Gedanken, Energie zu sparen und Nachhaltigkeit zu zeigen. Sie sind aber auch eine Antwort der Architektur auf die ausgeprägte Stellung des Individuums in unserer Gesellschaft, welche sich in fast allen Bereichen manifestiert.

Eine dieser neuen dynamischen Fassaden haben wir beim Projekt „Showroom der Firma Kiefer technic“ erstmalig realisiert (hier im Heft S. 50ff.). Die Firma Kiefer technic ist bekannt für ihre hochwertigen Hightech-Produkte, vor allem im Krankenhausbereich. Aus diesem Grund war sie prädestiniert dafür, dass ihr Showroom mit einer derartigen Fassade die Kompetenz der Firma signalhaft aufzeigt.

Wir können davon ausgehen, dass die Gebäude in naher Zukunft untereinander kommunizieren werden, ähnlich den Programmen, welche von der Fahrzeugindustrie für die Sicherheit im Straßenverkehr entwickelt werden. Damit wird unser urbaner Raum eine neue dynamische Komponente erhalten, welche ihm nicht nur die 4. Dimension hinzufügt, sondern ihn mit neuer Spannung auflädt und permanent neu definiert. Für die Eröffnung haben wir eine Choreographie für die „Kiefer technic“-Fassade geschrieben, die Sie auf www.youtube.de betrachten können (Stichwort: „Giselbrecht“).

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