Materialcheck: Faserzement für die Gebäudehülle

Fassaden sind permanent Wind und Wetter ausgesetzt. An die Baustoffe für die Bekleidung der Gebäudehülle werden daher höchste Ansprüche gestellt. Wegen seiner robusten Produkteigenschaften ist Faserzement als Fassadenmaterial weit verbreitet. Der Beitrag versucht zu klären, warum dies so ist.

Das Wort Fassade kommt aus dem Lateinischen und meint „die äußere Erscheinung, das Aussehen“. In der Architektur beschreibt der Begriff die nach außen hin sichtbaren Wandflächen eines Bauwerks. Waren dies zunächst massive, festungsartige Bauteile, die allein schon durch ihre wehrhafte Optik jeden Fremden vor dem Eindringen warnten, so vollzog sich bereits im Mittelalter die Entwicklung von der massiven Wand hin zur filigranen Gebäudehülle, wie etwa der Vergleich zwischen einer romanischen Basilika und einer gotischen Kathedrale zeigt. In der Folgezeit entwickelt sich die Fassade zum Gesicht eines Gebäudes. Vor allem auf der Hauptansichtsseite reich mit Säulen, Türmchen oder Statuen geschmückt und prachtvoll verziert, übernimmt sie repräsentative Aufgaben und gibt Auskunft über die Bedeutung des Gebäudes oder seiner Besitzer.

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts entstehen zunächst in Chicago – zu Beginn des 20. Jahrhunderts aber auch in Europa – Gebäude, deren Außenwände zu einem skelettartigen Tragwerk aufgelöst wurden. Wie ein Vorhang wird die äußere Gebäudehülle vor das tragende Skelett montiert (curtain wall) und übernimmt statt der ursprünglich statischen Funktion andere Aufgaben wie etwa die der Wärmedämmung.

Fassaden mit vielen Funktionen

Geblieben ist die Funktion der Fassade als Visitenkarte eines Gebäudes und seiner Eigentümer bzw. Bewohner. Sie ist der erste optische Eindruck, den der Betrachter wahrnimmt. Architekten dient sie oft als Projektionsfläche, um die persönliche Lebensphilosophie von Bauherren und Hauseigentümern optisch in Szene zu setzen. Unternehmen nutzen sie häufig für das Corporate Design, um auf ihre Leistungen aufmerksam zu machen. Städte untermauern durch moderne Gebäude mit architektonisch aufwendig gestalteten Fassaden ihren Anspruch auf globale Bedeutung. Gleichgültig ob Einfamilienhaus, Industriellenvilla, Gewerbebau oder Skyscraper eines weltweit operierenden Konzerns – die äußere Gestaltung eines Gebäudes soll etwas hermachen. Dabei geht es nicht nur darum, mit einem prägnanten Look für einen Eyecatcher im Stadtquartier zu sorgen. Vielmehr übernimmt die Fassade wichtige Funktionen und muss deutlich mehr leisten, als einfach nur gut auszusehen. Wie eine schützende Haut legt sie sich um den Bau und bewahrt ihn vor Schäden. Sie ist der entscheidende Faktor für trockene, warme und gemütliche Innenräume und schirmt nicht zuletzt auch den Lärm ab.

Kaum ein Bauteil aber ist permanent so starken Belastungen ausgesetzt wie die Gebäudehülle. Wind und Regen, immer häufiger auch Stark­regen oder Hagel, wirken genauso ungehindert auf die Oberfläche ein wie die Hitze im Sommer oder der Frost im Winter. Dazu kommen Schadstoffe aus der Umwelt und UV-Strahlung. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an Anstriche oder Fassadenbekleidungen. Sie müssen – fachgerechte Verarbeitung vorausgesetzt – von ihrer Materialbeschaffenheit her jeder Form von extremen Witterungseinflüssen, auch starken Temperaturschwankungen oder Schadstoffbelastungen sowie Sonneneinstrahlungen, gewachsen sein.

Viele Materialien scheitern an dieser Herausforderung. So werden zum Beispiel Anstriche mit Dispersions- oder Siliconharzbindemitteln im Laufe der Jahre unter UV-Einfluss spröde und es entstehen Risse. Mineralfarben sind zwar UV-stabil, altern jedoch durch einen kontinuierlichen Schichtdickenverlust. Putze fangen mit der Zeit an zu bröckeln und sehen dann nicht mehr gut aus. Fliesen, Platten und auch Fugenmörtel oder Dichtmassen reagieren empfindlich auf die Luftverschmutzung. Holzfassaden neigen bei starker Beanspruchung infolge von Bewitterung zu Rissbildungen und Verwerfungen. Andere Oberflächenmaterialien halten den ständigen, hohen und auch schnellen Temperaturwechseln – bei Hitze sind Oberflächentemperaturen von 80 – 90 °C durchaus normal – nicht stand. Durch ein rasches Abkühlen etwa kommt es hier zum Aufbau von Spannungen.

Nachhaltigkeit schon in der Produktion

Vor diesem Hintergrund ist der weltweite Erfolg der gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten Faserzementplatten zu sehen. Sie besitzen eine große Festigkeit und sind feuer-, hitze- sowie säurebeständig. Hergestellt werden sie auf der Basis von Zement, dem Armierungsfasern zugefügt werden, um die Biege-, Zug- und Druckfestigkeit zu erhöhen. Mit Wasser, verschiedenen Zuschlagstoffen zur Optimierung der Produkteigenschaften sowie unter Zugabe von Luft wird das Gemisch zu einer homogenen Masse verrührt und ist Grundlage für diverse Bauprodukte. Einige Anbieter setzen heute zur Armierung organische, synthetische Kunstfasern oder Glasfasern bzw. Kohlenstoff ein. Hersteller James Hardie, Produzent von Fassadenbekleidungen aus Faserzement, der in den 1880er-Jahren das erste James Hardie® Faserzementprodukt in Australien und in den USA auf den Markt brachte, verwendet hochwertigen Portland-Zement, Sand und Zellulosefasern aus Plantagenholz. Die Herstellung erfolgt dank des Einsatzes modernster Technologien in umweltfreundlichen und nachhaltigen Prozessen. Der Schweizer Verein eco-bau hat die Umweltfreundlichkeit von HardiePlank® und HardiePanel® Fassadenbekleidungen mit der Bewertungsstufe eco-1, das ist die höchste Klassifizierung der dreistufigen Bewertungsskala, zertifiziert.

Schützende Materialeigenschaften

Ursprünglich auf der Suche nach einer feuersicheren Außenwandbekleidung für die damals weit verbreitete Holzbauweise entwickelt – Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit, wie der Brand in einem 14-geschossigen Wohnhochhaus in London zeigen, wie aktuell das Thema auch heute noch ist – erwies sich schnell, dass die neuen Platten vielfältig eingesetzt werden können. Aufgrund ihrer speziellen Materialeigenschaften eigneten sie sich jedoch besonders für die Bekleidung von Außenwänden. Es stellte sich schnell heraus, dass dieser neue Verbundwerkstoff tatsächlich den erwarteten zuverlässigen Brandschutz bietet. HardiePlank® und HardiePanel® Fassadenbekleidungen z. B. erfüllen die Anforderungen der Baustoffklasse A2-s1, d0 entsprechend der EN 13501-1 und sind somit gemäß internationaler Klassifizierung nicht brennbar. Und mehr noch: Im Vergleich zu anderen mineralischen Baustoffen für die Fassade bewährte sich Faserzement als sehr wirtschaftliche Lösung, die neben dem hohen Feuerschutz auch Schutz vor Feuchtigkeit bietet und daher nicht anfällig für Schimmel ist. Nässe und Frost sowie große Hitze können den Platten genauso wenig anhaben wie Insekten oder andere Schädlinge. Hinzu kommen eine einfache Installation, große Gestaltungsfreiheit und eine längere Lebensdauer. James Hardie zum Beispiel gewährt auf seine Faserzementprodukte eine 15-jährige Garantie.

Klimagerechte Produktentwicklung

Kontinuierliche Weiterentwicklungen und Optimierungen sorgen dafür, dass sich die Verwendung des Baustoffs Faserzement im Markt etabliert hat. So gelang es etwa James Hardie in jahrzehntelanger Entwicklungsarbeit mit eigenen Forschungs- und Produktentwicklungsteams, dem Markt mit HardiePlank® und HardiePanel® Fassadenbekleidungen zur Verfügung zu stellen, die mit 8 mm sehr schlank und trotzdem besonders stabil und stoßfest sind, die nicht schrumpfen oder quellen und die auch bei jahrelangem Einsatz unter extremsten Klimabedingungen nicht rissig werden.

Diese Witterungsfestigkeit ist das Ergebnis der sogenannten HardieZone™ Technologie. Dahinter verbirgt sich eine klimaspezifische Faserzementtechnologie, die auf Basis von Untersuchungen der langfristigen Einflüsse verschiedener Klimata auf Fassadenbekleidungen entwickelt wurde. Damit wird sichergestellt, dass die Kunden in den unterschiedlichen klimatischen Zonen der Welt ein jeweils auf die Bedingungen ihrer Region abgestimmtes Produkt erhalten. Das heißt, es wird durch die Kombination von individuellen klimatischen Variablen die langfristige Leistung der Außenbekleidungen auf die verschiedenen Klimazonen der Welt angepasst. So sind die Platten für den deutschen und europäischen Markt zum Beispiel mit der HZ5 TM-Technologie ausgestattet, die speziell auf das europäische Klima mit seinen Frost-/Tau-Zyklen, extremen jahreszeitlichen Temperaturschwankungen sowie dem Regen-/Sonne-Wechsel im Sommer abgestimmt wurde. HZ10 TM-Produkte dagegen schützen z. B. vor Hitze, Feuchtigkeit oder glühender Sonne.

Optimierter Farbauftrag

Parallel wird auch an einer optimalen Farbhaftung gearbeitet. Zunächst wurde eine Grundierung entwickelt, die sicherstellt, dass die Farbe richtig haftet und perfekt deckt. Eine neue Oberflächenhaftungstechnologie gewährleistete im nächsten Schritt eine wartungsarme Fassadenbekleidung, die nicht reißt und deren Farbe nicht verblasst oder abblättert. In über vierjähriger Entwicklungszeit und nach mehr als 2 000 Testformulierungen wurde eine neue Beschichtungs- und Auftragsmethode entwickelt, die sogenannte ColourPlus™-Technologie. Dies ist eine spezielle Oberflächenbehandlung, bei der die Farbe in kontrollierter Umgebung im Werk in mehreren Schichten aufgetragen und eingebrannt wird. Damit ist die Grundlage für ein langlebiges, strapazierfähiges, pflegeleichtes und lichtbeständigeres Finish gelegt, das auch härtesten Witterungsbedingungen standhalten kann. Durch die neue Technologie ist die Farbe flexibel genug, um sich den Konturen des Bretts anzupassen, ohne dabei an Haftfähigkeit zu verlieren. Die Farbe wird so besonders widerstandsfähig. Der Farbauftrag ist besser vor Verblassen durch starke UV-Strahlung geschützt. Auch bei Verschmutzung ist ein Nachstreichen der Fassade nicht erforderlich. Sie kann bei Bedarf mit Wasser und einem milden, lösungsmittelfreien Haushaltsreiniger ganz einfach gesäubert werden. Und als angenehmer Nebeneffekt müssen auf Grund der besonderen Produkteigenschaften und der im Werk aufgetragenen Farbe teure, wetterbedingte Verzögerungen während der Bauphase nicht mit einkalkuliert werden.

Moderne Farb- und Formensprache

Insgesamt bieten die Faserzementplatten-Hersteller eine breite Palette an attraktiven Farben an. Die Zeiten der langweiligen weißen oder grauen Putzfassaden sind definitiv vorbei. Farben, die aktuellen Styles entsprechen, beherrschen die Szene. Die Hersteller haben erkannt, wie wichtig ein moderner Look für die Fassade ist. So hat z. B. James Hardie seine aktuelle Farbpalette in Kooperation mit Trend-Experten entwickelt – wie dem kürzlich verstorbenen britischen Professor Will Alsop. Der bekannte Architekt und CEO von aLL Design war berühmt für seine phantasievolle Verwendung von Farben. Alsop forschte intensiv speziell über Farbtrends im Wohnsektor. In Deutschland wurde er unter anderem bekannt durch den Entwurf des 17-geschossigen Coloriums im Düsseldorfer Medienhafen, das mit einer bunten Fassade aus 2 200 farbig bedruckten Glaspaneelen beeindruckt.

Zusätzliche Möglichkeiten ergeben sich durch die Kombination von verschiedenen Oberflächentexturen (glatte Oberfläche für modernes Design bzw. täuschend echt anmutende Holzstruktur für den klassischen Look) sowie durch die Wahl zwischen zwei Plattenformaten (HardiePlank® Dicke 8 mm, Länge 3 600 mm, Breite 180 mm bzw. den großformatigen HardiePanel® Fassadenbekleidungen 3 050 x 1 220 mm), zumal die Bekleidungen horizontal und vertikal montiert werden und individuell zugeschnitten werden können. Ebenso passen die Platten perfekt zu anderen Oberflächensystemen wie Putz- oder Klinkerfassaden. Gerade durch die Kombination mit anderen Materialien gelingen besonders ausdrucksstarke Gestaltungen. Ein perfekt abgestimmtes System inklusive eines umfangreichen Zubehörprogramms runden das Spektrum ab. Die Montage ist sowohl auf Massivbau- als auch auf Leichtbauwänden in Form einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade möglich. Die Befestigung erfolgt mit einem Nagelschussgerät oder Schrauben. Die großformatigen Paneele können auch mit Niet befestigt werden.

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