Lederer Ragnarsdóttir Oei

Projekt der Zusammenlegung der Diözesankurie und Erweiterung des Archivs am Bischöflichen Palais in Rottenburg demnächst eröffnet

Die Stuttgarter haben viel zu tun im Augenblick. Preise entgegen nehmen, Projekte in den Gebrauch entlassen. Gerade letzteres hat in den vergangenen Monaten eine derartige Dynamik entwickelt, dass es schon mal vorkommen kann, dieses oder jenes Projekte mit jenem oder diesem im Detail zu vermischen. An den Details liegt das nicht, wenngleich in jeder Arbeit von LRO immerwiederkehrende Elemente die Handschrift erkennbar machen (Treppenhäuser beispielsweise, Parabelschwünge auf der Fassade, enge Staffelungen sich wiederholender Elemente etc.).

In Rottenburg am Nekar, also mal wieder nicht sehr weit entfernt der Büroadresse von LRO, wird in den kommenden Tagen ein Projekt übergeben, dessen bauliche wie historische Komplexität dazu rät, die Bauaufgabe - Zusammenführung der Kurie und Erweiterung des Diözesanarchivs sowie die Sanierung des historischen Bestands - ausschließlich von vor Ort zu begutachten. Hier, im beschaulichen Rottenburg stolpert man dann - vorausgesetzt, man schaut hin - über Details und eine aufwendig zurückhaltende Gestaltung, die in diesem Online-Format kaum abbildbar ist (offizielle Einweihung ist am 12. Juli 2013).

Als Entwurfgrundlage des Ensembles diente den Architekten der barocke Lageplan. Von hier ausgehende reagierten sie auf das uneinheitliche räumliche Stückwerk, welches der Abriss der Kirche St. Joseph Ende des 18. Jh. hinterlassen hatte. Vom neuen Ensemble - der großen Halle und der körperhaften Mauer - soll, so LRO, "eine ähnliche Klarheit ausgehen, wie wir sie in den Plänen von 1774 und 1659 vorgefunden haben." So orientiert sich der zentrale Baukörper mit seinem Volumen an der St. Josephskirche. Seine Südfassade erinnert an die Komposition des plastisch geformten Kirchenbaus. Die große von oben belichtete Halle, die für unterschiedliche Veranstaltungen der Diözese zu nutzen ist, öffnet sich zur Stadt. Sie ist Auftakt und Gelenk, das alle Einrichtungen und Abteilungen der gesamten Anlage miteinander verbindet und kann bei besonderen Anlässen bis in den Hof und den anschließenden Straßen- und Platzraum der Oberen Gasse, erweitert werden. Zur Nordseite hin verbindet ein langer Büroriegel, im gleichen Abstand wie einst die Stadtmauer, alle Teile der Gesamtanlage. Die schier nicht enden wollende Länge dieser Mauer reduzierten die Architekten optisch mit einem Rhythmus, welcher die Enden gesondert behandelt und der in Zickzackform entworfenen Fensterbänder. Der gerade frisch gestaltete - aber dadurch nicht wesentlich schöner gewordene - Platz vor dem Bischöflichen Palais nimmt die ehemalige Raumkante zur Oberen Gasse wieder auf.

Der Dachkörper der zentralen Halle, eine kleine Erinnerung an den barocken Vorgänger, beherbergt die Plansammlung. Der Umgang mit der Geschichte wird an vielen Stellen deutlich. So auch bei der Wiederherstellung des historischen Eingangsportals des Palais zur Königstraße, durch das Einsetzen der noch erhalten Originaltüren. Bei der Materialwahl wurden hauptsächlich Beton, Ziegelstein, Holz, Kupfer und Naturstein verwendet. Auch in der vorgehängten Fassade aus Sichtmauerwerk des Neubaus ist durch Beimischen von Altziegeln ein Verweis auf den geschichtlichen Kontext des Ortes zu erkennen. Rottenburg am Neckar? Aber ja, das ist doch das Städtchen mit dem Bau von LRO ... Be. K.

Diözese Rottenburg
Eugen-Bolz-Platz 1, 72108 Rottenburg
Bauherr: Bischöfliches Ordinat
Architekten: LedererRagnarsdóttir Oei Stuttgart Projektsteuerung: WPM Projektmanagement GmbH
Tragwerksplanung: Breinlinger Ingenieure
HLS Planung: Ingenieurbüro Grammer
HLS-Technik Archiv: Eckert Planungsgesellschaft mbH
Brandschutz: Ingenieur Riesener
Bauphysik: Bayer Bauphysik Fellbach
SIGeKo: Ingenieurbüro Thomas Ille
Aufmass Bestand: IB Köpf Stuttgart
Vermessung: Ingenieurbüro Wellhäuser
Geotechnik: MPA Universität Stuttgart
Projektdaten
Wettbewerb: 2002 - 3. Preis
Baubeginn: Dezember 2010
Fertigstellung: Frühjahr / Sommer 2013
BGF: Altbauten 10190 qm / Neubauten 12290 qm
Baumaßnahmen gesamt 22480 qm
Standort: Eugen-Bolz-Platz 1 / Obere Gasse 6 und 8
2008-2013

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