Kompaktes Haus mit kurzen Wegen
Staatliche Realschule Memmingen

Mit ihrem Entwurf für den Schulcampus in Memmingen zeigen Schulz&Schulz Architekten Mut zur klaren Linie. Auch das Energiekonzept des Fraunhofer Instituts für Bauphysik folgt diesem Leitgedanken.

In ihrem Wettbewerbsbeitrag für die Neuordnung eines ehemaligen Schlachthof-Areals im Memmingen positionierten Schulz & Schulz Architekten aus Leipzig drei Baukörper so zueinander, dass ein Campus mit differenzierten Außenräumen entsteht. Zwei Schulen und das Baumdach einer Stellplatzfläche rahmen einen Vorplatz, der den Übergang vom Stadtraum zum Schulcampus formuliert. Beiden Schulgebäuden sind jeweils eigene Pausenflächen zugeordnet, ruhige Innenhöfe wechseln sich mit überdachten Bereichen und offenen Bewegungsflächen ab. Zur Bahnlinie hin wird der Campus von Sporthalle und Sportplätzen abgeriegelt.

Das Gebäude der vierzügigen Staatlichen Realschule ist ein kompaktes Schulhaus mit kurzen Wegen und klarem Orientierungskonzept. Die Offenheit von Eingangsbereich und Pausentrakt wird über einen großen Luftraum in die beiden Obergeschosse fortgeführt. Die großzügige Haupttreppe dient als Ort der Begegnung und Kommunikation und ist das funktionale und symbolische Herzstück der Schule. Über einen Lichtschacht dringt Tageslicht tief in das Gebäude hinein und bringt Sonnenschein direkt ins Erdgeschoss. Die Unterrichtsräume umschließen einen großen Innenhof, der sich unter dem aufgeständerten Klassentrakt hindurch zu den Pausenflächen vor der Schule ausdehnt.

Das Gebäude ist als Stahlbetonskelett errichtet, die Innenwände sind nicht tragend und in Trockenbauweise erstellt. Die Sichtbetonfassade aus Fertigteilen mit speziellen Zuschlägen und feingewaschenen Oberflächen schließt den mehrschichtigen Aufbau von Betonwand und Wärmedämmung nach außen ab. Die klare Gebäudestruktur setzt sich auch auf der Fassade fort: Die liegenden Fensterbänder werden durch eloxierte Aluminiumschwerter vertikal gegliedert und von Fassadenelementen aus Betonfertigteilen bzw. Brüstungspaneelen aus Aluminium gefasst.

Bei dem Schulbau wurde auf eine hochwärmegedämmte Gebäudehülle mit minimierten Wärmebrücken und den Einsatz effizienter Anlagentechnik geachtet. Für die raumhohen Fensterbänder wurde Dreifach-Wärmeschutzverglasung in einen Aluminiumrahmen eingesetzt, darunter geschlossene Brüstungspaneele aus innenseitigen Aluminiumblech, einem Vakuumdämmpaneel als Dämmkern und einer Außenschale aus Einscheibensicherheitsglas.

Die Wärmeübertragung erfolgt im Wesentlichen über Fußbodenheizung. Die Raumtemperatur wird über eine zentrale Einzelraumregelung gesteuert. Als Wärmequelle für die vier Gasabsorptionswärmepumpen dient Grundwasser, das aus einem Saugbrunnen entnommen und nach dem Wärmeentzug über einen Schluckbrunnen zurückgeführt wird. Zwei Pufferspeicher konservieren die gewonnene Energie. Die Abdeckung der Lastspitzen übernimmt ein Gas-Brennwertkessel. Die Außenluft für die Belüftung des Gebäudes wird über einen Erdwärmetauscher angesaugt und für den Heiz- oder Kühlfall vorkonditioniert. Bei Bedarf temperieren Warmwasser-Lufterhitzer die Zuluft, die aus den Pufferspeichern versorgt werden.

Künstliche Beleuchtung und die Steuerung der Außenjalousien werden bedarfsgerecht über ein separates EIB-Bussystem gesteuert. Mit diesem werden Systembausteine wie die Wetterstation, der Dämmerungssensor, die Präsenzmelder und weitere Komponenten vernetzt. Über das obere Drittel der Jalousien gelangt via Lichtumlenkung auch in geschlossenem Zustand viel Tageslicht in die Räume, so dass die Einschaltung von Kunstlicht so weit wie möglich eingeschränkt wird.

Der Primärenergiebedarf für Beheizung und Belüftung liegt mit 44,4 kWh/m²a geringfügig über dem angestrebten Ziel, das energetische Niveau eines KfW-40-Hauses mit 40 kWh/m²a zu erreichen. Die Überschreitung ist der Bauausführung geschuldet, weil in einigen Bereichen auf die konsequente Einhaltung der Planung zugunsten der Einhaltung der Baukosten verzichtet werden musste. Mit einem Gesamtprimärenergiebedarf von rund 56 kWh/m²a bleibt das Gebäude jedoch trotzdem weit unter den bei der Planung gültigen Vorgaben der EnEV 2007 von 132,1 kWh/m²a.

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