Dokumentationspflicht: Wer schreibt, der bleibt!

Aus dem Architektenvertrag ergeben sich umfangreiche Dokumentationspflichten. Darüber hinaus ist dem Architekten bzw. Ingenieur im Rahmen der Transparenz und zur Vorbeugung von Honorarstreitigkeiten eine über die übliche Leistungspflicht hinausgehende Dokumentation seiner Leistungen sowie seiner Beauftragung zu empfehlen.

1.Dokumentation als Leistungspflicht

Das Anfertigen einer Dokumentation gehört zu den alltäglichen Aufgaben des Architekten und Ingenieurs. Sie stellt z. B. in der Leistungsphase 8 HOAI der Gebäudeplanung sogar eine Leistungspflicht dar. Zwar folgen die Dokumentationspflichten direkt aus dem Architektenvertrag, die HOAI enthält insoweit keine eigenständigen Leis­tungspflichten. Sie ist lediglich Preisrecht. Jedoch wird die HOAI in Architektenverträgen zulässigerweise zur Bestimmung der Leistungspflichten herangezogen und entsprechend auf sie Bezug genommen.

Im Rahmen der Leistungsphase 8 HOAI hat der Architekt die Gliederung und Aufstellung der von ihm erstellten Planungs- und weiterer Unterlagen sowie den von ihm überwachten Prozess des Bauens im Rahmen einer Dokumentation zusammenzustellen. Diese Pflicht wird als systematische Zusammenstellung der Dokumentationen, zeichnerischen Darstellungen und rechnerischen Ergebnisse des Objekts definiert. Hintergrund dieser Dokumentationspflicht ist die Übergabe einer lückenlosen Dokumentation über das Bauwerk an den Bauherrn, damit eine ordnungsgemäße Nutzung sowie Pflege und Wartung des Gebäudes ermöglicht werden kann. Grundsätzlich hängt der Umfang der Dokumentationspflicht von der Art des Gebäudes und dem Umfang der gesamten Baumaßnahme ab. So sind geringere Anforderungen an den Umfang der Dokumentationspflichten bei dem Bau eines einfachen Einfamilienhauses zu stellen als bei der Errichtung bspw. eines Flughafens. Der Zeitpunkt, wann welche Dokumentationsteile dem Auftraggeber übergeben werden, sollte mit diesem abgestimmt bzw. auch vertraglich festgehalten werden. Üblich ist es, dass Teile der Dokumentationen, wie z. B. der Abschluss der Entwurfsplanung oder die Vergabeunterlagen schon zu einem früheren Zeitpunkt als dem Abschluss des Bauvorhabens an den Auftraggeber übergeben werden.

Hier muss der Architekt bzw. Ingenieur ein geeignetes Dokumentationssystem schaffen, so dass am Ende eines Bauvorhabens dem Auftraggeber eine lückenlose Dokumentation überreicht werden kann. Für den Fall, dass der Architekt bzw. Ingenieur nur mit einzelnen Leistungsstufen, also einzelnen Leistungen oder Leistungsphasen, beauftragt wurde, muss er diese regelmäßig dokumentieren. Wurde er (nur) mit der Bauüberwachung beauftragt, muss er die Planungsleistungen und Unterlagen auch der jeweils anderen Planer für den Auftraggeber zusammenstellen. Gemäß Vertrag kann auch die Übergabe weiterer Unterlagen Bestandteil der Leistungspflichten sein. Für die Vertragsgestaltung sollte genau darauf geachtet werden, um welche Unterlagen und gegebenenfalls, um welches Format es sich dabei handelt. Da hiermit ein hoher personeller und organisatorischer Aufwand im Planungsbüro verursacht wird, sollte hierfür ein entsprechendes Honorar vereinbart werden. Oftmals stellt die Erstellung solcher Unterlagen eine besondere Leis­tung dar.

Aus den einzelnen Planungsphasen müssen insbesondere folgende Dokumente in die Dokumentation einbezogen werden:

– zeichnerische Darstellungen (Lagepläne, Grundrisse, Schnitte, Ansichten)

– Flächenberechnungen

– öffentlich-rechtliche Bescheinigungen sowie Genehmigungen

– bautechnische Nachweise nach Landesbauordnung

– Energieausweis nach Energieeinsparverordnung

Hinzu kommen folgende Unterlagen aus der Leis­tungsphase Objektüberwachung:

– sämtliche Qualitätsnachweise und Überwachungsprotokolle

– Prüfprotokolle, Abnahmebescheinigungen, technische Unterlagen zu Baustoffen, Bauteilen, Pflege- und Bedienungsanleitungen, ggf. auch Wartungsanleitungen

– Auflistung der Gewährleistungspflichten

– Bautagebuch bzw. ähnliche Dokumentationen zum Bauablauf

– Kostenfeststellungen

Darüber hinaus hat der Objektüberwacher im Rahmen seiner Dokumentationspflichten auch Unterlagen der weiteren am Bau fachlich Beteiligten miteinzubeziehen. Hierbei handelt es sich um:

– Berechnungen und Dimensionierungen

– Auflistungen aller technischen Anlagen mit Überwachungs- und Wartungsfristen

– Prüfbücher mit dem Ergebnis der vor der Inbetriebnahme durchgeführten Abnahmeprüfungen

– Betriebsanweisungen, einschließlich Bedienungs- und Instandhaltungsanleitungen der Anlagenhersteller

– Anlagen und Funktionsbeschreibungen

– Montage bzw. Bestandspläne der Auftragnehmer

Nach der HOAI 2013 ist gemäß Anlage 10 nicht mehr explizit ein Bautagebuch gefordert, sondern die „Dokumentation des Bauablaufs (zum Beispiel Bautagebuch)“. Die Anforderungen an die Dokumentation dürften sich damit nicht geändert haben, hier ist lediglich die Form variabel und berücksichtigt die fortschreitende Digitalisierung am Bau.

Mit der HOAI 2013 wurde auch die Dokumentationspflicht der Ergebnisse der Leistungsphasen 1 – 3 HOAI eingeführt. Dies wurde durch die Rechtsprechung im Wege der Vertragsauslegung teilweise auch schon vorher gefordert. Bereits in diesen frühen Leistungsphasen sollten die Planer nämlich angehalten werden, eine projektgerechte Dokumentation zu erbringen. Hierdurch sollten auch spätere Streitigkeiten um nicht erbrachte Leistungen im Rahmen von Honorarforderungen vermieden werden. Nach der amtlichen Begründung zur Dokumenta­tionspflicht in den Leistungsphasen 1 – 3 soll es sich um einen fortlaufenden, die Leistungsphasen begleitenden Prozess handeln.

Folge einer unterlassenen, obwohl geschuldeten Dokumentation ist eine unvollständige, mangelhafte Werkleistung. Kann dann eine Dokumentation nicht mehr erbracht werden – wie so oft in der Praxis – besteht ein Anspruch des Auftraggebers auf Minderung des Architektenhonorars oder gar auf Schadensersatz. Es empfiehlt sich also, dieser Aufgabe mit größter Akribie nachzukommen.

2. Wo darüber hinaus eine Dokumentation angezeigt ist

Es gibt neben den genannten, auf die Leistungsphasen bezogenen Dokumentationspflichten weitere „Pflichten beider Vertragsparteien“. So zum Beispiel, wenn eine Honorarvereinbarung nach § 7 HOAI getroffen werden soll. Diese ist nur gültig, wenn sie schriftlich vereinbart wurde. Hierauf zu achten gilt umso mehr, wenn ein Berufen auf die HOAI Mindestsätze nach § 7 Abs. 5 HOAI nach dem noch dieses Jahr zu erwartenden EuGH-Urteil eventuell nicht mehr möglich sein sollte (siehe dazu unser Artikel aus DBZ 4 | 2019). Es liegt daher im besten Interesse des Architekten bzw. Ingenieurs, eine schriftliche Honorarvereinbarung zu schließen. Es gibt darüber hinaus weitere Regelungen, in denen die Schriftform zur Voraussetzung gemacht wird, sodass es dem Architekten/Ingenieur anzuraten ist, diese einzuhalten und Absprachen, Gespräche etc. genauestens zu dokumentieren.

Die Beauftragung und den jeweiligen Vertragsschluss schriftlich zu dokumentieren, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein ...!

3. Ergebnis

Zusammenfassend kann man es kurz auf den Punkt bringen: Wer schreibt, der bleibt! Dieses alte Sprichwort hat gerade im Bau- und Planungsprozess eine immer wieder unterschätzte Relevanz.

Nicht nur die aus den Leistungsphasen folgenden Dokumentationspflichten sollten sorgfältig eingehalten werden. Im eigenen Interesse eines jeden Architekten bzw. Ingenieurs sollte bereits in der Vertragsanbahnungsphase sowie bei der Vertragsdurchführung bis zum Abschluss des Projekts (bis zum Ablauf der Verjährungsfristen der eigenen geschuldeten Leistungen) jeder Schritt dokumentiert werden. Denn es gilt: Lieber zu viel als zu wenig!

Axel Wunschel und Jochen Mittenzwey sind Rechtsanwälte bei Wollmann & Partner Rechtsanwälte mbB, Berlin, www.wollmann.de

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