Die Seele des Bestandes erhalten

Im Vorfeld dieser DBZ-Ausgabe trafen wir uns mit unserem Heftpaten Sergei Tchoban, Architekt, Sammler von Architekturzeichnungen und selbst leidenschaftlicher Zeichner, um mit ihm über unser Heftthema „Bauen im Bestand“ zu sprechen. Wie stellt er sich den Aufgaben im Bestand, wie analysiert er sie und mit welchen architektonischen Mitteln lässt er im Zusammenspiel von Altem und Neuen etwas Besonderes entstehen?

Treffpunkt war sein Büro in den Hackeschen Höfen, Berlin. „Ich liebe hier die Räume“, sagt er, „auch die dichte städtische Struktur mit der Verbindung von Architektur und Textur der Fassade. Ich versuche, in der zeitgenössischen Architektur so etwas umzusetzen, von dem Erbe der Architekten zu lernen und aus ganz kleinen Details sehr viel Haptisches herauszuziehen.“

Bei der Betrachtung der Projekte aus dem Büro zeigt sich ein breites Spektrum an Architektur, eigentlich keine Spezialisierung. Er widerspricht dem. „Doch“, sagt er, „es gibt schon eine Spezialisierung, nicht in einer Typologie, aber Projekte in dichter, städtischer Umgebung reizen mich. Das Bauen im Bestand, die Auseinandersetzung zwischen Alt und Neu, wie sich die Großstadt verdichtet und wie viel Raum das wirklich Neue in der bestehenden Stadt einnimmt, das fasziniert mich unglaublich. Bauen im Bestand heißt ja auch sanieren, umbauen, weiterbauen, revitalisieren auf der Basis des vorhandenen Alten. Für mich ist es immer wichtig, dass die architektonischen Gedanken des Bestandes weiter- oder fortgeschrieben werden. Natürlich arbeitet man mit neuen Materialien, aber alte Strukturen muss man auch im Neuen mit gestalterischen und ästhetischen Mitteln erkennen können. Was ich derzeit sehr bedauere ist, dass Architektur mit einer Gebrauchsdauer entwickelt wird, die in Bezug zur Nachhaltigkeit sehr nachdenklich macht. Was ich nicht möchte ist, dass Architektur in unseren Städten wie eine Filmkulisse wahrgenommen wird, die man für eine kurze Nutzungszeit entwickelt. Ich bin sehr gerne in einer Stadt, die wiedererkennen lässt, wie man vor 30, 50 oder 60 Jahren gelebt hat und wie sie sich städtebaulich und architektonisch weiter entwickelt hat. Das ist für mich auch ein Teil von Nachhaltigkeit.“

Sergei Tchobans Standpunkt zu dem „Dialog der Zeitschichten“ lesen Sie in dieser Ausgabe auf Seite 18, direkt vor unserer Auswahl der Projekte, die sich intensiv mit unserem Heftthema „Bauen im Bestand“ auseinandersetzen. BF

 

Das „weltbeste sanierte Gebäude“, das Dreischeibenhaus in Düsseldorf, präsentieren wir Ihnen im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe DBZ Werkgespräch am 18. Februar. Ursprünglich geplant von HPP, vor Kurzem saniert von den ebengleichen Architekten, laden wir Sie ein, gemeinsam mit uns, der Projektleiterin der Sanierung, Claudia Roggenkämper, sowie an der Sanierung beteiligten Unternehmen dieses Projekt live zu erleben. Seien Sie Gast beim DBZ Werkgespräch im Dreischeibenhaus. Die Teilnahme ist aufgrund der räumlichen Kapazitäten im Gebäude begrenzt, melden Sie sich daher schon heute an unter DBZ.de/werkgespraech.

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