Der Weg zur schnellen Baugenehmigung

Der digitale Bauantrag

Wie einfach könnte es doch sein: rund um die Uhr und auf Knopfdruck für seinen Bauherrn den Bauantrag abgeben, anstatt aktenweise Papier ins Bauordnungsamt zu tragen. Und nach wenigen Tagen blinkt die Baugenehmigung am Bildschirm auf.

Die meisten Planungsprozesse sind schon seit langem digital. Die Digitalisierung endet aber oft im Genehmigungsverfahren, weil die meisten Behörden noch nicht entsprechend aufgestellt sind. Was bislang als digitaler Bauantrag gilt, ist meist ein hybrides System: Die Unterlagen werden ­digital eingereicht, müssen aber aufgrund der Schrifterfordernis zusätzlich in Papier abgegeben werden. Einige Bauämter bieten immerhin „Ampelsysteme“, die erkennen lassen, in welcher Bearbeitungsstufe sich der Antrag befindet. Ein durchgängiger digitaler Workflow sieht anders aus.

Die gute Baukonjunktur, eine seit Jahren ausgedünnte Personaldecke und die Komplexität des Bauordnungsrechts führen zudem dazu, dass Auftraggeber oft viel zu lang auf die Baugenehmigung für ihr Projekt warten müssen. Architektinnen und Architekten beklagen unisono, dass die vorgesehenen Bearbeitungsfristen oftmals nicht eingehalten werden können.

Verwaltungsleistungen bis 2022 digital

Das soll sich nun ändern: Das Onlinezugangs­gesetz (OZG) des Bundes verpflichtet die Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen, alle Verwaltungsleistungen bis zum Jahr 2022 auch online anzubieten. Mit zunehmender Geschwindigkeit stellen sich die Länder auf diese Herausforderung ein, in verschiedenen Modellregionen und Modellkommunen wird die digitale Transformation von Bauämtern erprobt. Ein beim Bundesinnenministerium angesiedeltes „Digitalisierungslabor“ setzte erste Meilensteine, um den durchgängigen digitalen Bauantrag zu fördern. Nordrhein-Westfalen will über Bauportal.NRW Anfang 2020 zunächst die Online-Abwicklung des einfachen Baugenehmigungsverfahrens verfügbar machen. Das Saarland verspricht mit dem Arbeitstitel „BauCloud“ sogar ein „KI-gestütztes“ Verfahren.

Arbeitsgruppe Digitaler Bauantrag

Die Bundesarchitektenkammer hat sehr schnell auf diese Entwicklungen reagiert und eine ­Arbeitsgruppe zum digitalen Bauantrag unter ­Federführung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen gegründet. Die AG kooperiert eng mit einer weiteren Arbeitsgruppe, die sich unter Leitung der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen um die „Kammerseitige Datenbankstruktur mit Schlüsselstelle zu Bauaufsichtsbehörden“ kümmert. Sehr rasch wurde ein „Referenzprozess für den digitalen Bauantrag aus Sicht des Entwurfsverfassers“ erarbeitet und mit dem Vorstand der Bundesarchitektenkammer abgestimmt. Er orientiert sich an einem Referenzprozess des bundesweiten „OZG-Labors“ und kann bei Bedarf an weitere aktuelle Entwicklungen angepasst werden.

Beide Kammern verstehen sich als die zentralen Ansprechpartner von Ministerien, Behörden, Institutionen und der Leitstelle für XPlanung/XBau sowie für Kammern, Verbände und Softwareentwickler.

Referenzprozess des digitalen Bauantrags

Der Referenzprozess geht davon aus, dass im Rahmen des digitalen Bauantragsverfahrens eine weitgehende Annäherung an die bisherigen Formen der Zusammenarbeit von Bauherrschaft,
Architektinnen und Architekten sowie Bauaufsicht unter den bisherigen analogen Bedingungen des Informations- und Datenaustausches angestrebt werden soll. Denn auch beim digitalen Bauantrag bleibt der Architekt als Entwurfsverfasser der Systemführer. Der Referenzprozess soll den Länder­architektenkammern, insbesondere aber auch den Bundesländern, eine Orientierung bieten und vermeiden, dass sich unterschiedliche landes­spezifische oder sogar kommunale Insellösungen herausbilden, was zu einer heterogenen und unübersichtlichen Struktur des digitalen Bauantragswesens führen würde. In diesem Fall bestünde die Gefahr, dass sich Architektinnen und Architekten auf einer Vielzahl von kommunalen Portalen jeweils pro Antragstellung registrieren müssen; Entwurfsverfasser, die in mehreren Kommunen oder verschiedenen Bundesländern tätig sind, müssten sich immer wieder in neue Systeme hineindenken.

Der Referenzprozess will eine solche digitale Zersplitterung vermeiden. Er soll zudem eine Qualitätssicherung auf der Planerseite enthalten, indem festgestellt wird, dass der einreichende Planer bzw. die Planerin zum Zeitpunkt der Antragsstellung und der Genehmigung des Bauantrags über eine gültige Eintragung bei einer
Architektenkammer verfügt.


Der digitale Bauantrag fördert schnelles und kostengünstiges Bauen

Die Bauminister der Länder sehen im digitalen Bauantrag einen Baustein für das kostengünstigere und schnellere Bauen von der Planung bis zur Fertigstellung. So wurde Mitte November 2019 der Entwurf für eine Änderung der Musterbauordnung veröffentlicht. In den Bauordnungen der Länder formulierte Regelungen werden als Hemmnis für die digitale Datenverarbeitung angesehen. Die digitale Signatur hat sich bis heute nicht durchgesetzt und bietet sich nach Auffassung der Bauminister nicht als wirksame ­Lösung an. Für durchgängig digitale Prozesse will man daher die in der Papierform unproblematischen Unterschriftserfordernisse auf den zwingend erforderlichen Umfang reduzieren. Abzulehnen ist jedoch der Vorschlag, künftig auf die durchgängige bauaufsichtliche Prüfung der Bauvorlageberechtigung des Entwurfsverfassers zu verzichten. Denn damit wäre der bisherige „Architektenstempel“ im digitalen Verfahren nicht mehr vorgesehen.

Architektenstempel wird durch Datenabgleich ersetzt

Die damit fehlende Bestätigung der Kammermitgliedschaft soll nach den Vorstellungen der Architektenkammern ein Verzeichnis ersetzen, auf das im

digitalen Verfahren über eine Schnittstelle zugegriffen werden kann. Die Schnittstelle soll lediglich die Eintragung in ein Berufsverzeichnis im jeweiligen Bundesland bestätigen. Es ist nicht beabsichtigt, spezifische Differenzierungen des Bauordnungsrechts abzubilden, wie die Doppeleintragungspflicht in Hamburg oder die differenzierten Regelungen zur Bauvorlageberechtigung von Innenarchitekten. Zu einem späteren Zeitpunkt soll die Schnittstelle auch anderweitige öffentlich-rechtliche Nachweis- und Prüfberechtigungen abrufbar machen, beispiels­weise aus den Sachgebieten Schallschutz, Wärmeschutz, Brandschutz oder Tragwerksplanung.

Die vorgesehene Schnittstelle zwischen dem ­digitalen Bauantrag und den Berufsverzeichnissen stärkt die Selbstverwaltungsautonomie der Architektenkammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts. Diese haben die gesetzliche Aufgabe, jeweils ein Berufsverzeichnis zu führen. An den Eintrag in das jeweilige Berufsverzeichnis knüpfen die Landesbauordnungen mit den Regeln zur Bauvorlageberechtigung an. Die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen zur Bauvorlageberechtigung setzen jeweils sachkundige und erfahrene Entwurfsverfassende voraus. Die erforderliche Sachkunde und Erfahrung ergibt sich damit auch in digitalen Zeiten aus der Eintragung in das Berufsverzeichnis.

Der digitale Bauantrag wird kommen: Mit diesem Angebot werden die Kammern einen wesentlichen Schritt in die digitale Zukunft gehen!

Der Beitrag wird auch in der Januarausgabe der DBZ erscheinen. Das Titelthema wird „Digitalisierung“ sein.

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