Bitsch + Bienstein Architekten

Bürogebäude am Kaiser-Friedrich-Ring, Wiesbaden

Nachdem eine Tankstelle an der Ecke Kaiser-Friedrich-Ring/Biebricher Allee in Wiesbaden in den 1990er-Jahren abgerissen worden war, lag das Grundstück lange brach – umspült vom Verkehr, belegt mit Anforderungen der Denkmalpflege zudem nur rund 600 m² groß. Bitsch + Bienstein Architekten entwickelten ein Konzept für ein Bürogebäude, das auch neue Räumlichkeiten für das eigene Büro bieten sollte. Zudem sollte es nachhaltig sein und ohne Wärmedämmverbundsystem auskommen.

Am Anfang der Planung stand die Frage, wie ein zeitgemäßes Bürogebäude in einem Umfeld von Gründerzeitvillen aussieht. Von der Antwort auf diese Frage war die Baugenehmigung abhängig, denn als Teil der denkmalgeschützten Villeninsel und aufgrund seiner prägnanten städtebaulichen Lage stellte die Stadt besondere Anforderungen an die architektonische Gestaltung und die städtebauliche Einbindung. Das realisierte Gebäude ist genau auf das Grundstück zugeschnitten: Der monolithische Baukörper mit regelmäßig angeordneten Fenstern übernimmt die Proportionen der benachbarten Villen, ihre Dachform, ihre Sockel und markanten Erker – jedoch in zeitgemäßer Art und Weise. Durch die moderne Fortführung des „Erkerthemas“ der benachbarten Villen wurde eine, der prägnanten städtebaulichen Lage angemessene Eckbetonung erreicht.

Im Inneren befinden sich vier Büroetagen mit einer flexiblen Aufteilung über einer offenen Tiefgarage. Die Außenwände sowie das Treppenhaus mit Aufzug und der Sanitärkern sind tragend, ansonsten gibt es nur vier Sichtbetonstützen, sodass jede Etage nach den individuellen Wünschen der Mieter unterteilt werden kann – von Einzelbüros bis zur offenen Bürolandschaft ist alles möglich. Die hohen Sichtbetondecken erzeugen in Kombination mit den zum Teil sichtbaren Leitungen einen Werkstattcharakter, die Loggien zum begrünten rückwärtigen Grundstück schaffen vom Verkehr auf dem Ring abgeschirmte Pausenbereiche.

Die Außenwände bestehen aus einem speziellen Hochlochziegel, der bei einer üblichen Wandstärke von 36 - 42 cm nicht nur die heutigen Wärmedämmanforderungen sondern auch die statischen und schallschutztechnischen Anforderungen an diesem Standort erfüllt. Zum Heizen und Kühlen wurde eine  Bauteilaktivierung gewählt. Dabei werden die Betondecken mit warmem oder kühlem Wasser durchspült, sodass die Temperatur großflächig an die Raumluft übertragen wird. Auf diese Weise werden Zugerscheinungen vermieden und es entsteht ein sehr angenehmes Raumklima. Eine Lüftungsanlage verbessert die am Ring belastete Luftqualität und wird zusätzlich unterstützend zum Heizen und Kühlen eingesetzt. Je nach Bedarf hält der lenkbare, außenliegende Sonnenschutz die Sonneneinstrahlung aus dem Gebäude heraus oder bringt diese – in kühleren Zeiten – blendfrei zur passiven Energienutzung ein. Zudem gleichen die unverkleideten Betondecken mit ihrer Speichermasse hohe und niedrige Innenraumtemperaturspitzen aus.

Projektdaten

Standort: Kaiser-Friedrich-Ring, Wiesbaden
Bauherren: Bauherrengemeinschaft KFR79 (Dr. Brigitta Bienstein, Burkhard Bienstein, Peter Bitsch)
Fertigstellung: 2018
Größe: 1.395 qm BGF
Leistungen:
LP 1-7
Besonderheiten: Bürohaus mit 13 Tiefgaragenstellplätzen

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