Bauhaus 2019: Ausstellungsprojekt oder was?

Wenn in 2019 das Bauhaus seinen hundertsten Geburtstag feiert soll gleich die ganze Welt mitfeiern. Das jedenfalls muss man glauben, schaut man auf die Website. Allerdings sollte man schon sehr genau hinschauen, um dort nicht den Über- und damit auch den Durchblick zu verlieren über das, was die Planer als (ich schreibe das nicht gerne) „Mega-Event“ planen. Dabei sind dessen Macher tatsächlich schon seit Monaten aktiv, erste Projekte des „100 jahre bauhaus“ (heisst es nicht „Bauhaus 100“?) sind die „Bauhaus Agenten“, die seit Mitte 2016 und noch bis 2020 „innovative Bildungsformate“ an Schulen entwickeln wollen. Im vergangenen Jahr 2017 gab es in Weimar, Dessau und Berlin drei große Ausstellungen, die uns alle auf das Bauhaus-Jubiläum 2019 vorbereiten und auch einstimmen sollen.

In diesem Jahr startet als einer der zentralen Programmpunkte das internationale Ausstellungsprojekt „Migrant Bauhaus“. Hier machen einzelne Ausstellungskapitel der drei großen, oben schon genannten Ausstellungen bis 2019 auf fünf Kontinenten Station: „Um gemeinsam mit Kulturschaffenden vor Ort den globalen Verflechtungen und der aktuellen Relevanz der Bauhaus-Ideen nachzuspüren“ (Website). Zum großen Finale 2019 – noch gibt es nur Hinweise auf dessen Eröffnungswoche im Januar 2019 in der Akademie der Künste am Hanseatenweg – kehrt „Migrant Bauhaus“ dann mit den Ergebnissen der Spurensuche in Indien, Japan, China, Russland und Brasilien nach Deutschland zurück und wird … ja was eigentlich?

Organisation. Eine Kuratoriumsvorsitzrotation z. B.

Doch von Anfang an. Um das international ausgerichtete, mit drei nationalen Schwerpunkten zentrierte Ausstellungs- und Feierprojekt „Bauhaus 100“ organisatorisch stemmen zu können, wurde der Bauhaus Verbund 2019 ins Leben gerufen. Hier arbeiten die drei sammlungsführenden Bauhaus-Institutionen in Berlin, Dessau und Weimar, der Bund, vertreten durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie die Kulturstiftung des Bundes und bisher elf Bundesländer in enger Abstimmung zusammen: Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Der Verbund ist für den Beitritt weiterer Bundesländer offen. Die Verbundmitglieder treffen sich zweimal im Jahr, um die Jubiläumsfeier in 2019 vorzubereiten, finanziell abzusichern und in grundsätzlichen Angelegenheiten miteinander abzustimmen. Das zentrale Entscheidungsgremium des Verbunds ist das Kuratorium. Dessen Vorsitz wird alternierend von den Ländern Berlin, Sachsen-Anhalt und Thüringen für jeweils ein Jahr übernommen, den stellvertretenden Vorsitz hat der Bund. Die Geschäftsstelle des Bauhaus Verbunds wurde zum 1. Juli 2016 in Weimar eingerichtet. Sie bereitet federführend die überregionalen Höhepunkte des Programms vor, steuert die Programmdramaturgie und Gesamtkommunikation und ist erster Ansprechpartner bei allen Fragen rund um das Jubiläum.

Der Extrakt des Bauhaus Verbundes ist die Bauhaus Kooperation. Die ist ein Zusammenschluss der drei schon genannten Bauhaus-Institutionen. Im Auftrag des Bauhaus Verbunds übernimmt sie in Form einer gGmbH die Trägerschaft des Bauhaus Jubiläums 2019 und unterhält zu diesem Zweck die Geschäftsstelle. Die Bauhaus Kooperation wird auch über das Jahr 2019 hinaus als gemeinnützige Gesellschaft institutionsübergreifende Projekte durchführen.

Doch das ist lediglich der organisatorische Überbau, der die drei Bauhaus-Institutionen: die Klassik Stiftung Weimar, die Stiftung Bauhaus Dessau und das Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung in Berlin, zusammenhalten soll. Drei Häuser, die es in der Vergangenheit nicht hinbekamen, das gemeinsame große Erbe gemeinschaftlich zu verwalten, zu erschließen und zu finanzieren … auf Augenhöhe, wie man gerne schreibt, als Partner eben. Aber schon der Blick auf die Kuratoriumsvorsitzkonstruktion zeigt, dass hier keiner dem anderen mehr gönnt als sich selbst. Und über allem schwebt – als „höchste Instanz“ – der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung. Hier der Ausschuss für Kultur und Medien sowie der Haushaltsausschuss. Die geben das meiste Geld. Also wir alle. Wieviel insgesamt? Dazu gibt es noch keine Zahl, abzüglich der Kosten für die drei Neubauten in Berlin, Weimar und Dessau wird das ein hoher zweistelliger Millionenbetrag werden.

Zu viel, zu undurchsichtig ambitioniert

Wenn Sie hier noch durchsteigen: bravo! Nun könnte ich in den Kalender auf der Website schauen und aus ihm die „überregionalen Höhepunkte“ derart destilieren, dass Sie als Leser auch etwas von diesem Beitrag haben: Veranstaltungstipps für 2018/2019 beispielsweise. Doch wer in die kommenden Monate 2018/2019 schaut, muss sich hier mit dem alleinigen und in seiner Wiederholung lapidaren Eintrag „Führungen durch das Bauhausgebäude (Dessau-Roßlau, Stiftung Bauhaus Dessau)“ zufrieden geben. „Eröffnungsfestival“ oder „Grand Tour der Moderne“ sind hier nicht zu finden, ebensowenig Hinweise auf die Hochschul- und Residenzprogramme, in welchen „akademisches Wissen durch kollektives Lernen, Lehren und Forschen ersetzt“ werden soll. Und dann gibt es ja auch noch das „projekt bauhaus“, eine Art bewusstseinserweiternde Aktion weniger Akteure, die einen ganz anderen Blick auf das Phänomen Bauhaus richten und – möglicherweise – ganz neue Fragen stellen. Auch hier eine Website, die alles mögliche zeigen will, am Ende dann aber doch nur dem Stöbern Raum lässt.

So stellt sich der Eindruck ein: das Bauhaus werde, 100 Jahre nach seinem ersten Erscheinen, nun endgültig begraben. Unter Informationen und Initiativen und didaktisch modelierten Projekten. Den Otto-Normal-Verbraucher, der mit „Bauhaus“ möglicherweise eine Baumarktkette assoziiert, wird man mit solch wild buntem Feuerwerk wohl nicht die Augen öffnen. Aber ist das überhaupt gewollt? Be. K.

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