Fondation Louis Vuitton, Paris/FR

Architektur des Luxus
Fondation Louis Vuitton, Paris/FR

Für die Kollektion der Fondation Louis Vuitton pour la création wünschte sich Bernard Arnault ein außergewöhnliches Gebäude. Deshalb beauftragte er niemand geringeren als Frank Gehry mit dem Entwurf eines passenden Gebäudes für den Jardin d‘acclimatation im Bois de Boulogne im Westen des Stadtzentrums von Paris.

Bernard Arnault - der reichste Mann Frankreichs - ist  Aufsichtsratspräsident und Vorstandsvorsitzender der börsennotierten, französische Aktiengesellschaft  LVMH,  Mäzen und Sammler zeitgenössischer Kunstwerke.

Moët Hennessy–Louis Vuitton ist weltweiter Branchenführer in der Luxusgüterindustrie und besitzt die Mehrheitsrechte an über 60 verschiedenen Luxusmarken, wie unter anderem dem Lederartikel-Hersteller Louis Vuitton, den Champagner-Fabrikanten Moët & Chandon, dem Cognac-Hersteller Hennessy, Christian Dior und nicht zuletzt Givenchy.

2001 entstand bei einem Treffen zwischen Bernard Arnault und Frank Gehry die Idee zum Bau der Fondation Louis Vuitton. Nach der offiziellen Gründung der Fondation im Oktober 2006 und der Projektpräsentation vor dem Kulturminister Frankreichs und dem Pariser Bürgermeister, begann die Idee konkrete Formen anzunehmen. Die Stadt Paris schloss mit der Fondation im darauffolgenden Dezember einen Vertrag zur Nutzung einer 1ha großen Parzelle im Jardin d'acclimatation über einen Zeitraum von 55 Jahren ab.
Eine erste Baugenehmigung für das Projekt wurde im August 2007 erteilt, wodurch der Bau im März 2008 mit der Aushebung der Baugrube und den Fundamentarbeiten beginnen konnte. Kurz vor der Fertigstellung des Rohbaus 2011 wurde die erste Baugenehmigung durch das Verwaltungsgericht aufgehoben, wodurch der Bau zwischenzeitlich zum Stillstand kam. Nach einer  Intervention seitens verschiedener Politiker und der Erteilung einer zweiten Baugenehmigung konnte das Projekt mit den Arbeiten  am Stahlgerüst der „Eisberge“ fortgesetzt werden. Nach der Fertigstellung der Schalen der Eisberge und der Ummantlung mit den Ductal®-Platten begannen 2012 die Arbeiten an der Konstruktion der „Glassegel“.

Entwurfsidee

Frank Gehry hat ein Gebäude entworfen, das durch seine Ausstrahlung und Einzigartigkeit schon ein Kunstwerk darstellt.
An der Avenue Mahatma Gandhi gelegen, markiert das Gebäude den Übergang zwischen dem Wald und dem Park „Jardin d'Acclimatation“, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts angelegt wurde. Aufgrund seiner einzigartigen Lage musste die Architektur und die Materialverwendung eine Beziehung zum historischen Baumbestand und zum Park herstellen.
Frank Gehry ließ sich in seinem Entwurf von zwei Grundideen leiten: zum einen hatte er die vom Wind prall gefüllten Segel einer amerikanischen „Class J“-Jacht vor Augen. Zum anderen ließ er sich von der leichten, transparenten Pariser Glasarchitektur des ausgehenden 19. Jahrhunderts, wie dem Grand Palais, dem Palais d'Hiver und dem Palmarium im  Jardin d'Acclimatation selbst inspirieren.
Aus diesen beiden Leitideen und nach unzähligen Modellstudien entstand ein Art Schiff, das aus einem soliden Inneren, den sogenannten „Eisbergen“, und einer halbtransparenten Hülle aus Glaselemente, den „Glassegeln“ besteht.

Eisberge und Segel

Das Gebäude entwickelt sich auf einer Gesamtnutzfläche von 8 637m². In insgesamt 11 Sälen werden in Zukunft die Kunstwerke der Sammlung von LVMH ausgestellt, sowie in temporäre Ausstellungen die Werke zeitgenössischer Künstler präsentiert. Zusammen mit dem 350 Sitzplätze umfassenden Auditorium stehen der Museumsgestaltung 3 850m² zur Verfügung.
Die Bauvorschriften erlaubten an dieser sensiblen Stelle ein Bauwerk, dass auf der einen Seite die Größe des alten Gebäudes von 4 000 m² nicht überschreiten durfte und auf der anderen Seite nicht mehr als ein Obergeschoss mit Mezzanin besitzen durfte. Um die geforderten Ausstellungs- und Funktionsräume unterbringen zu können, war die effiziente Nutzung der Untergeschosse unumgänglich.
Das 2. Untergeschoss wird mehrheitlich von den verschiedenen Technikräumen eingenommen. Daneben finden man auf diesem Geschoss noch Ateliers, Lager, Archive, Garderoben, Wartungsräume und nicht zuletzt die Technik für die Unterkonstruktion der flexibel zu organisierenden Sitzreihen des Auditoriums.
Im Stockwerk darüber, dem 1. Untergeschoss, wurden bereits erste Ausstellungsräume, sowie das 350 Sitzplätze fassende Auditorium situiert. Die großen Geschosshöhen erlaubten die Anordnung von Zwischengeschossen an den Gebäuderändern für Büro- und Konferenzräume sowie Toiletten. 
Auch im Erdgeschoss, dessen Ausstellungsräume eine durchschnittlich Deckenhöhe von 5,50m besitzen, wurden laterale Zwischengeschosse für die Personal-, Künstler-, Lager- und VIP-Räume eingezogen. Auf dieser Ebene befinden sich neben dem Haupteingang des Museums auch das Besucherfoyer, der Museumsshop und ein Café.
Die darüberliegenden, in ihren Höhen versetzten, ersten Obergeschosse sind neben diversen Technikräumen den Ausstellungen vorbehalten. Durch die Höhenversprünge, die unterschiedlichen Deckenhöhen der Säle, die von 6,40m bis 9,00m reichen und die turmartigen Erhöhungen der Ausstellungsräume bis zu 17m, entstand darüber eine begehbare und zum Teil begrünte Dachterrassenlandschaft, die den Besuchern weite Ausblicke auf Paris und La Défense erlauben. Am höchsten Aussichtspunkt befindet sich der Besucher rund 32m über dem Straßenniveau.

Sechs Bauabschnitte

Die Bauarbeiten begannen mit dem Abriss des bestehenden Gebäudes und dem Ausheben von etwa 100.000m³ Erde um eine 15m tiefen Baugrube zu schaffen. In diese Baugrube wurde in einem ersten Bauabschnitt eine 2,60m hohen und rund 4 100m² große, stark bewährte und auf 17 Punktfundamenten auflagerte Stahlbetonplatte (175kg/m³) gegossen. Die Verwendung hochfesten Betons (C25/30) war notwendig um die punktuell angreifenden Lasten und Bewegungen des Hochbaus aufnehmen zu können und die Toleranzen unter 2cm zu halten. Auf dieser Stahlbetonplatte wurde daraufhin das Technikgeschoss errichtet, das mit dem 20cm tiefen Wasserbassin, in dem das Gebäude zu stehen scheint,  abschließt.
Während des zweiten Bauabschnitts  wurde - von Westen nach Osten -  die primäre Tragstruktur aus Stahlfachwerken und Stahl- bzw. Stahlbetondecken errichtet. Während der dritten Bauetappe wurden auf diese Primärtragstruktur im Kern des Bauwerks die verschiedenen, schrägen Träger und Stützen für die Errichtung der Glassegel montiert. Diese durchbrechen die sekundäre Tragstruktur, bestehend aus den tragenden und mit Ductal®-Platten aus hochfestem, faserverstärktem Beton verkleideten Außenwände, die im vierten Bauabschnitt realisiert wurde.
Um die tragenden, vorgefertigten Wände der „Eisberge“ bauen zu können wurden sie als transportfähige Einzelsegmente mit einer maximalen Länge von 14m und einer maximalen Breite von 2,50m entworfen. Die mehrfach gekrümmten Sandwichpaneele bestehen aus einem Stahlfachwerk, dass außenseitig mit einer 3mm starken Metallplatte überzogen ist. Die darüberliegende 17cm dicke Steinwollisolierung ist wiederum mit einer Aluminiumfolie und mit EPDM-Dichtungsbahnen abgedeckt. Nach der Fertigstellung der Eisberge, wurden die Aluminiumhalterungen für die etwa 19 000 Ductal®-Platten fixiert.
Im fünften Abschnitt wurden die Stahl- und Holzbalken für die Unterkonstruktion der 12 „Glassegel“ fixiert. Die letzte Etappe bestand schließlich aus der Montage der Glasflächen nach einem streng vorgeschriebenen und bis ins Detail ausgearbeiteten Montageplans.
 
Am 18. Dezember 2013 wurde der letzte Stein gelegt und das Gebäude am 28. Februar 2014 offiziell an den Eigentümer übergeben. Bis zur geplanten Eröffnung im Oktober 2014 müssen noch die Ausstellungsräumlichkeiten und verschiedene Landschaftselemente fertiggestellt werden.
 
Die Bedeutung und Tragweite des Bauwerks, sowohl auf architektonischer als auch technischer Ebene kann unter wohl daran gemessen werden, dass die Architekturfakultät der Harvard Universität die Fondation bereits in ihr Studienprogramm aufgenommen hat. Sicher ist, dass alleine das Gebäude der Fondation Louis Vuitton ein neuer architektonischer Highlight der französischen Hauptstadt werden wird.

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