Schweger & Partner bauen für ThyssenKrupp

Der Wettbewerb um das umstrittene Konzernprojekt mitten in Berlin ist entschieden

Vor gar nicht so vielen Jahren wurde der Industriekonzern ThyssenKrupp mit drei weiteren Konzernen von der EU Kommission wegen illegaler Preisabsprachen ordentlich zur Kasse gebeten; Anfang dieses Jahres wurde die Strafzahlung von 479,67 Mio. € auf „nur“ noch 319,78 Mio. gesenkt, der Konzern hatte hier erfolgreich wegen falscher Anklage prozessiert. Es ist damit also Geld übrig, mitten in Berlin eine Art Vertretung zu bauen, für welche ein paar Architekturbüros ihre Vorschläge einreichten; Ende November wurde aus der Runde der letzten sieben der Sieger gekürt (siehe weiter unten).

Das wäre vielleicht alles nicht sonderlich berichtenswert, ginge es bei der neuen Adresse nicht um einen Bauplatz, den es eigentlich nur als eine Art Gespenst im Planwerk Berlins seit 1999 gibt: Für das „ThyssenKrupp Haus Berlin“ konnte der Konzern die Adresse „Schlossplatz 2“ kaufen, ein 737 m² großes Grundstück, das sich direkt vor dem ehemaligen Staatsratsgebäude dem Schlossbauplatz gegenüber befindet. Keine 20 m liegen dann zwischen den unterschiedlich (?) hohen Gebäuden, der noch Schlossplatz wird zur Straße, die sich, von der Schleusenbrücke kommend dann um den beinahe quadratischen Bauplatz biegen wird. Von Norden gesehen verdeckt der Neubau mit erlaubten 5 000 m² BGF den Westflügel des ehemaligen Sitzes Walter Ulbrichts (heute eine private Management-Schule). „Zweite Reihe“ heißt das einmal wieder für die Zeugnisse der deutsch-deutschen Vergangenheit.

Gekauft hat ThyssenKrupp das Grundstück für eher symbolische 1,56 Mio. €. Symbolisch auch deswegen, weil der Konzern die Kosten der Baureifstellung des Grundstücks mit dem Kaufpreis verrechnen konnte. Damit flossen letztendlich stattliche 3700 € in die Landeskasse!

Der Architekturwettbewerb für die Konzernrepräsentanz ist jetzt entschieden, für das neue Haus wurde der Entwurf des Büros Schweger & Partner aus Hamburg ausgewählt. Das Preisgericht habe dies nach ganztägiger Sitzung in Berlin einstimmig entschieden, gab der Essener Industriekonzern am 29.11.2011 bekannt. Wie das Gebäude konkret aussehen soll, wurde nicht mitgeteilt. „Wir werden alle vom Preisgericht prämierten Arbeiten im Januar in einer Ausstellung in Berlin öffentlich präsentieren“, so eine Sprecherin des Konzerns. Bis dahin werde man keine Bilder herausgeben und auch keine Details verraten.

Der Siegerentwurf, so wurde ganz allgemein mitgelteilt, sei der Platzsituation angemessen, die Zentrale werde mit einem öffentlich zugänglichen Café im Erdgeschoss ein Angebot an alle Berliner bereithalten; was mehr wäre, als die Bertelsmänner das gleich gegenüber machten, ihr Haus ist der Öffentlichkeit verschlossen. Über dem Café der Thyssianer liegen die Büros der neuen Berlin-Repräsentanz, im zweiten OG soll eine offene Terrasse Ausblick auf das Schloss bieten.

An dem offenen Bewerbungsverfahren hatten sich insgesamt 258 Architekten beteiligt, aus denen 30 zur Bearbeitung der Aufgabe ausgewählt wurden. Neben dem Siegerentwurf zeichnete die Jury noch die Projekte von drei weiteren Architekten gleichrangig mit zweiten Preisen aus: Chaix & Morel aus Paris mit JSWD aus Köln, Grüntuch Ernst aus Berlin und Kaspar Kraemer Architekten aus Köln.

"Die Gestaltung und das Nutzungskonzept“, so ThyssenKrupp, seien „Teil seiner gesellschaftlichen Verantwortung“; mit Blick auf die Geheimniskrämerrei und das am Anfang Geschriebene kann das durchaus Sorgen machen. Be. K.

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