iHomeLab – Schweizer Denkfabrik
Forschungslabor für Gebäudeintelligenz

Im iHomeLab an der Hochschule Luzern er­-forscht und präsentiert man Szenarien und Anwendungen zum Thema Gebäudeintelligenz und prüft sie auf ihre Tauglichkeit. Das iHomeLab der Hochschule Luzern verfügt über eine große Forschungskompetenz auf dem Gebiet der Gebäudeintelligenz. Unter der Leitung von Professor Alexander Klapp­roth erforscht ein Team mit 15 Informatik- und Elektroingenieuren den Einsatz neuster Tech­-nologien wie Wireless Sensor Networks, Inter­net of Things und Ambient Intelligence für mehr Energieeffizienz, Komfort und Sicher­heit in Gebäuden. Bei letzterem konzentriert man sich auf das Thema „Sicheres Wohnen bis ins hohe Alter“. Die Forschungsprojekte werden in enger Zusammenarbeit mit ver­schiedenen Wirtschafts- und Industriepartnern durchgeführt und durch Fördermittel mit­-finanziert. Das iHomeLab leistet einen wichtigen Beitrag zur Dachstrategie „Das Gebäude als System“ der Hochschule Luzern.

Ein Gebäude, das mitdenkt

Heute werden in der Schweiz rund 50 % der gesamten Energie in Gebäuden verbraucht – für Heizung, Klimatisierung und Warmwasser, für Elektrizität und Unterhalt. Die Senkung des Energieverbrauchs, oder positiv formuliert: die Steigerung der Energieeffizienz, ist einer der wich­tigsten Treiber für das Thema Gebäude­intelligenz. Die Wissenschaftler des iHomeLab verfolgen zwei Ansätze: Wahrnehmungsfähige Gebäude und Visualisierung des Energieverbrauchs.


Das Gebäude nimmt seine Bewohner wahr

Intelligente Gebäudetechnik bedeutet, dass sich das Gebäude den Bedürfnissen und Gewohnheiten des Benutzers anpasst und nicht umgekehrt. Die Voraussetzung dafür liegt in der Vernetzung. Sei es die Klima- oder die Multimediaanlage – dank Vernetzung können diese Geräte miteinander kommunizieren von überall gesteuert und überwacht werden.

Im intelligenten Gebäude werden gewisse Funktionen wie Heizen und Kühlen, abgestimmt auf das Verhalten von Nutzerinnen und Nutzern, automatisiert. Intelligente Gebäude werden ihrem Namen nur dann gerecht, wenn sie die verschiedenen Bedürfnisse und Interessen der Benutzer situativ mitberücksichtigen. Dazu braucht es Gebäude­intelligenz mit Wahrnehmungsfähigkeit der Raumumgebung.

Lokalisierungsverfahren zur genauen ­Positionsbestimmung von Raumautomationsgeräten zu erforschen, ist einer der For­schungs­schwerpunkte am iHomeLab. Solche Geräte sollen in Zukunft in grosser Zahl in Bürogebäuden, Einkaufszentren, Krankenhäusern, Flughäfen etc. zur Steuerung z. B. von Klima, Beleuchtung, Zutrittskontrolle oder Alarmierung eingesetzt werden. Raumautomationsgeräte könnten sich bei Kenntnis ihrer Position und des räumlichen Kontexts weitgehend automatisch ins System einbinden und konfigurieren. Dadurch würden die Kosten für Inbetriebsetzung, Konfiguration, Migration und Wartung von Gebäudeautomationssystemen deutlich reduziert. Diese Technologie soll in zukünftige Raumautomationsgeräte und Konfigurations-Werkzeuge integriert werden. Hierzu werden geeignete Verfahren und Algorithmen erforscht und Funktionsmuster entwickelt.

Wie sinnvoll und komfortabel wäre es, wenn beim Schlafengehen der Nachtmodus, beim Verlassen des Hauses der Abwesenheits­modus und beim Start in die Ferien der Ferienmodus aktiviert würde? Das System würde alle nötigen Abschaltungen und Netzablösungen einleiten, intelligent und selbständig. Wie geht das? Geräte, Boden, Licht, Aussenhülle sind miteinander verbunden und werden auf einem zentralen Steuerungssystem programmiert. Die Daten können über verschie­­den Kanäle übertragen werden, z. B. über Wireless, das Stromnetz oder Datenkabel. Temperatur, Licht, Standby werden automatisch gesteuert.

Energievisualisierung als Schlüssel zu einer neuen Energiepolitik

Niemand hat einen Überblick, wann er wie viel Energie verbraucht, wenn man hingegen unmittelbar sehen kann, wo Energiefresser sind, kann man reagieren.

Am iHomeLab forscht man an Technologien für ein erweitertes Smart Metering mit dem Ziel, den Energieverbrauch verschiede­ner Geräte und Systeme detailliert und unmittelbar zu er­mit­teln, zu analysieren und auf einfach verständliche Art darzustellen. Zusätzlich gibt das System konkrete Empfehlun­gen zum Stromsparen, indem es z. B. die Einsparungsmöglichkeiten beim Einsatz von Strom sparenden Leuchtmitteln aufzeigt. Die Konsumenten können so tarifabhängig entscheiden, wann sie Strom beziehen und erfahren, welches die Stromfresser sind. Dies wiederum erlaubt den Energieversorgern, die Produktion und die Netze zu optimieren.

Nach der Katastrophe in Fukushima und der daraus entstandenen Debatte um den Atomausstieg steht die Energiepolitik in Europa zurzeit am Scheideweg. Die Politik diskutiert nun aufgrund ambitionierter Klimaziele neue Versorgungskonzepte und ist bemüht, die Konsumenten in Sachen Energieverbrauch und Mobilität umzuerziehen.

Anstelle von Atomstrom soll zukünftig die Energieversorgung mit CO2-neutralen Methoden wie Wasserkraft, Windenergie, Biogas, Erdwärme oder Sonne sichergestellt werden. Die Herausforderungen bestehen darin, dass diese Quellen zum Teil noch erschlossen und ausgebaut werden müssen. Dazu kommt, dass ein Teil dieser Energieträger nicht kontinuierlich verfügbar ist und elektrische Energie nach wie vor schwierig zu speichern ist. Die daraus resultierenden Versorgungsengpässe und Dynamik des Energieangebots machen intelligente Energieeffizienz zum Imperativ.

Um dies zu ermöglichen, benötigt Europa eine intelligente Stromversorgung – auf der ganzen Linie, von jedem Erzeuger bis zu jedem Verbraucher. Mit dem Smart Grid, dem intelligenten Stromnetz der Zukunft, kann diese Herausforderung gemeistert werden. Dabei geht das Stromnetz eine Symbiose mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien ein, womit die dynamische Angebots- und Nachfragesituation jederzeit ausgehandelt werden kann.

Um das Smart Grid mit Informationen zu versorgen, werden intelligente Gebäude, so genannte Smart Buildings benötigt, die Informationen erzeugen, sammeln, auswerten und über intelligente Stromzähler, so genan­nte Smart Meters,mit dem Netz kommunizieren.

Ohne bauliche Massnahmen, allein durch automatisierte Regulierung und durch Sensibilisierung der Nutzer für Energieschleudern – vom Standby bis zum offenen Fenster – ließe sich bis zu 25 % Energie sparen.

Altersgerechte Assistenzsysteme für ein gesundes und unabhängiges Leben

Smart Buildings sollen in Zukunft auch älter­en Menschen helfen, sei es bei Vergesslichkeit oder zur Sicherheit. Es hilft bei der Schlüsselsuche, kontrolliert ob der Herd ausgeschaltet ist und alarmiert den Rettunsdienst, wenn die Bewohnerin nach einem Sturz verletzt liegen bleibt.

Der demografische Wandel wird in den kommenden Jahrzehnten dazu führen, dass rund ein Drittel aller in Europa lebenden Menschen 65 Jahre oder älter sein werden. Um die Lebensqualität und Unabhängigkeit dieser Menschen zu verbessern, müssen innovative Produkte und Dienstleistungen hervorgebracht werden. Thematisch nennt sich dieses Forschungsgebiet AMBIENT ASSISTED LIVING, kurz AAL.

Ziel der AAL-Forschung ist es, älteren ­Men­schen zu ermöglichen, länger in ihrer gewohnten Umgebung selbstbestimmt, autonom und mobil zu leben. Dank neuer Kom­munikationsmittel können ältere Menschen in Zukunft nicht nur sicherer wohnen, sie können diese auch nutzen um mit ihrem Umfeld in Kontakt zu bleiben. Damit soll künftig z.B. das Internet als Informations- und Kommunikationsplattform genutzt werden, um die soziale Isolation von älteren Menschen zu verhindern. So könnte das System auf den Skat-Nachmittag hinweisen oder zum Spaziergang mit den Nachbarn anregen.

AAL bietet zusätzlich zu mehr Lebensqualität auch ökonomische Vorteile. Wer länger zu Hause wohnen bleiben kann, verursacht dem Gesundheitswesen weniger Kosten. Dies wird auch von der öffentlichen Hand begrüßt. Faktoren wie der Steuerwettbewerb und die Finanzkrise haben dazu geführt, dass die Budgets von Städten und Gemeinden knapper ausfallen. Davon betroffen sind auch Pflegeeinrichtungen. AAL ist deshalb inte­ressant, weil die Betreuung zu Hause erwiesenermaßen die kosteneffizienteste Form darstellt. Für viele ältere, pflegebedürftige Menschen ist der Umzug in eine Pflegeeinrichtung ein schwieriger Schritt. Mit Hilfe neuer Technologien kann ihre Unabhängigkeit in den eigenen vier Wänden länger als bisher gewährleistet werden.

Was heute noch für viele abstrakt klingt, wird in Luzern bereits eingesetzt. Verschiedene Prototyplösungen haben die Forscher des iHomeLab bereits entwickelt, zum Beispiel einen Sturzsensor, der via Homeserver einen Notruf verschickt, wenn sein Träger stürzt. Um älteren Menschen das Tragen des Sensors zu erleichtern, könnte dieser in ein Hörgerät integriert werden, das viele Senioren ohnehin benutzen. Für die Umsetzung solcher weiterführenden Ideen arbeitet das iHomeLab eng mit Firmen aus der Industrie und dem Gesundheitswesen zusammen. ­Zusätzlich zu den sicherheitstechnischen Aspekten wird im Projekt AAL auch daran geforscht, wie soziale Isolation verhindert werden kann: Über moderne, altersgerechte Kommunikationsmittel können ältere Menschen mit ihrem Umfeld in Kontakt bleiben.

In unserer Tätigkeit stossen wir ständig auf neue Herausforderungen: Wie kann die Sicherheit der Technik im Hinblick auf Datenschutz und Störungen gewährleistet werden? Wie lassen sich die Entwicklungen für eine breite Masse nutzbar machen? Wie lässt sich eine sinnvolle Vernetzung des Wohnbereichs erreichen, so dass sich Menschen zwar aufgehoben, aber nicht überwacht fühlen? Und wie können die Forscher dazu beitragen, dass der Mensch trotz aller Technologisierung im Vordergrund steht? Um diese Themen und weitere spannende Fragen im Zusammenhang mit Gebäudeintelligenz zu beantworten, forscht man am iHomeLab weiter.


Forschungsprojekte im iHomeLab, NIALM – Non Intrusive Appliance Load Monitoring

In Schweizer Haushalten lassen sich zwischen 5 und 15 % an elektrischer Energie sparen, vorausgesetzt die Konsumenten werden über ihren eigenen Energiekonsum informiert.

Durch den Einsatz von NIALM ist es möglich, den gesamten Energieverbrauch aufzuschlüsseln. NIALM kann nicht nur einzelne Verbraucher erkennen, es kann auch Verbraucherkategorien bilden. So können beispielsweise alte Glühbirnen von neuen LED Lampen unterschieden werden. Der Benutzer kann so seinen eigenen Energiekonsum besser kontrollieren und gezielt Einfluss darauf nehmen.

Wie ist das möglich? Jedes elektrische Gerät hat ein eigenes, dem Gerätetyp entsprechendes Energieprofil. Dieses unterscheidet sich zu anderen Geräten wie der Fingerabdruck eines Menschen zu einem andern. Werden diese Fingerabdrücke erkannt, sind die Geräte identifiziert. Auf diese Weise kann der gesamte Energieverbrauch in Gebäuden den unterschiedlichen Geräten zugewiesen werden. Eine Datenbank speichert die Fingerabdrücke. Dadurch wird es möglich, den Energieverbrauch von Geräten miteinander zu vergleichen. So werden Geräte, die nicht energiesparend sind einfach erkannt und entsprechende Massnahmen können eingeleitet werden.


LoReMA – Load Recognizing Meter and Actor, Intelligente Energie-Mess-Steckdose

Studien haben gezeigt, dass sich durch Systeme, die den Bewohnern gezielt ein Feedback zu ihrem persönlichen Energieverbrauch geben, im Durchschnitt zwischen 5 und 15  % Energie einsparen lassen. LoReMA hilft, dieses Potential auszuschöpfen. Es hat zum Ziel, lückenlos jede einzelne elektrische Last im Haushalt zu messen und deren Verbrauch unmittelbar anzuzeigen. Die Energiemessung erfolgt direkt in der Steckdose und wird über ZigBee-Funk an die Anzeige übermittelt. Damit wie gewohnt mehrere Geräte an eine Steckdose angeschlossen werden dürfen und die Verbraucher trotzdem einzeln erfasst werden können, ist eine Lastaufschlüsselung mit NIALM-Algorithmen vorgesehen. Die Schalt-Funktionalität der Steckdose ermöglicht zusätzlich Automatisierungsfunktionen und hilft, den Standby-Verbrauch zu minimieren. Das Projekt wird durch das Bundesamt für Energie BFE unterstützt und mit einem spannenden Konsortium bestehend aus zwei EVUs und drei Industriepartnern durchgeführt.


MIRACO Middleware für kostensensitive Raumautomationskontroller

MIRACO erforscht eine Middleware für die Kontroller eines neuartigen Raumautomationssystems. Die Middleware basiert auf einem Komponentenmodell (verteilte Peripherie und Applikationskomponenten) und wird mit optimierten Technologien aus dem IT-Umfeld realisiert. Durch die Komponentenarchitektur werden die Ab­läufe beim Engineering und Commissioning über den gesamten Lebenszyklus erheblich vereinfacht und so Kosten gespart. Die Verwendung von IT-Standards verbessert die Interoperabilität von Teilsystemen, vereinfacht die Inte­gration in übergeordne­te Gebäudenetzwerke bzw. IT-Systeme und spart Material- und Betriebskosten durch die Verwendung vorhandener IT-Infrastrukturen. Zudem erlaubt Middleware die Realisierung von neuen, ge­werkeübergreifenden Anwendungen, wie den energieeffizienten Betrieb von Räumen.


IMPACT, IP Mechanisms for PLC and over the Air Communication Technologies

Infrastruktur, um persönliche Energiemana­gement- (PEM) Anwendungen wie Energieverbrauchsvisualisierung, Laststeuerung und Einbindung von erneuerbaren Energiequellen zu erforschen und zu entwickeln.  Diese Infrastruktur wird auf dem IPv6 Protokoll basieren und energiesparende Funk- sowie Powerline-Kommunikation nahtlos integrieren. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen zahlreiche technische Herausfor­derungen auf verschiedenen Kommunikationsebenen gelöst werden. Die Projektergebnisse werden durch Prototyptests im Smarthome und durch Feldtests in Mehr­familienhäusern validiert.

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