Vorbildliche Musterschule Fachoberschule und Berufsoberschule, Erding

Der Schulneubau für die FOS/BOS Erding setzt als Passivhaus mit einem extrem niedrigen Primärenergiebedarf Standards für die Energieeffizienz im Schulbau und gilt schon jetzt als Vorbild für zukünftige Schulgebäude.

Die FOS/BOS Erding bildet mit der bestehenden Berufsschule und der Kreismusikschule einen städtebaulich zusammenhängenden Komplex als Berufsschulzentrum
Erding. Die Architekten der kplan AG setzten auf eine sehr zurückhaltende und einfache Formensprache. Zwei parallele Riegel werden über eine transparente Eingangshalle miteinander verbunden, die mehrere Aufgaben erfüllt. Sie nimmt eine städtebauliche Achse auf und dient der Schule als zentraler Verteiler und als Kommunikationszentrum. Darüber hinaus fungiert das gläserne
Atrium im Energiekonzept der Schule als Klimapufferzone. Der Grundriss ist mit einer einfachen Struktur gut organisiert. Die Flure der beiden Hauptbaukörper legen sich an die 500 m² große Halle an und leiten die Schüler direkt zu den 25 Klassenräumen bzw. Fachkabinetten und Mehrzweckräumen. Wegen des offenen Atriums wurden die Fluchtwege über eine vorgestellte, wärmebrückenminimierte Stahlkonstruktion mit Fluchtbalkonen gesichert. Sie prägen das Fassadenbild, das mit Fensterbändern und weiß lackierter Fichtenschalung sachlich gestaltet ist.

Die Entscheidung für den Passivhausstandard bedingt eine kompakte Bauweise, hohen Dämmstandard, die durch einen Blower-Door-Test nachzuweisende Gebäudedichtigkeit und eine flächendeckende Lüftung mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung. Die mechanische Lüftungsanlage unterstützt eine gleichbleibend gute Luftqualität und damit die bessere Konzentrationsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Die Inkaufnahme von Zugerscheinungen und Wärmeverlusten durch Fensterlüftung gehört damit der Vergangenheit an. Der massive Betonbau sorgt mit der Speichermasse seiner freiliegenden Stahlbetondecken in den Klassenräumen für eine ausgeglichenes Raumklima und die Abmilderung von Temperaturspitzen. Für den geringen Heizwärmebedarf bei Spitzenlasten wird das Gebäude an den Rücklauf der geothermiebasierten Fernwärmeversorgung der Nachbarschule angedockt.

Die großen Verglasungsanteile im Atrium sorgen für passive Solargewinne und eine hohe Tageslichtausbeute bis ins Untergeschoss sowie für die zweiseitige Belichtung der Klassenräume. Tageslichtsimulationen ergaben, dass bereits 30 % der Dachfläche des Atriums für die Tageslichtversorgung ausreichen, ausgeführt wurde eine 60 % opake Verglasung im Dachbereich. Im Sommer werden erhöhte Temperaturen in den Schulräumen mit geringem Aufwand und sehr niedrigem Energieeinsatz über eine mechanisch unterstützte Nachtlüftung herabgesenkt. Der Materialeinsatz der Haustechnik sollte im Gebäude möglichst gering gehalten werden. So strömt die Luft von den Klassenräumen ins Atrium über, das als Abluftplenum genutzt wird. Hier wird die verbrauchte Luft an wenigen Stellen abgesogen – das Abluftrohrnetz beginnt erst bei der Absaugöffnung in der Nähe des Atriumdaches und ist somit gegenüber einer konventionellen Luftführung stark reduziert.

Mit einem baubegleitenden energetischen Controlling wurde von Anfang an ein integraler Planungsprozess gewährleistet. Eine detaillierte Lebenszyklus-Analyse überprüfte sämtliche Materialien für den Bauprozess auf Nachhaltigkeit. Neben dem nutzungsinduzierten Energiebedarf wurde auch der zur Herstellung und Erzeugung der Baukonstruktion und der haustechnischen Anlagen notwendige Energiebedarf und Schadstoffausstoß rechnerisch genau erfasst. Somit konnte gewährleistet werden, dass sich das Gebäude bei Betrachtung des gesamten Lebenszyklus um mindestens 30 % besser als vergleichbare Standardgebäude darstellt.

Die Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung e. V. (ZAE Bayern) führt an der FOS/BOS ein mehrjähriges Monitoring durch. Im Rahmen des Monitorings werden u.a. die Raumluftqualität und die Lichtverhältnisse untersucht. Nutzerverhalten/ Nutzerzufriedenheit und gesundheitliche Aspekte stehen bei einer Befragung von 750 Schülern und ihrer 70 Lehrer im Fokus. Durch das gewonnene Datenmaterial sollen Referenzdaten für die aktuell anstehenden Zertifizierungsprozesse für Schulen generiert werden. Auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) setzt mit der Förderung des Projektes auf Erfahrungsgewinne für den Schulbau der Zukunft.

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