Volkwin Marg wird 80!

Der Architekt Volkwin Marg schaut auf ein bewegtes Leben. Als drittes von fünf Kindern am 15. Oktober 1936 in Königsberg geboren, wuchs er in Danzig auf. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges flüchtete die Familie nach Thüringen und zog 1949 nach Grabow in Mecklenburg. Dort besuchte Marg die Schule, bis er auf dem Goethe-Gymnasium in Ludwigslust das Abitur machte.

Sein Studienwunsch war Germanistik und Philosophie, er wurde aber (wie viele Pfarrerskinder in der DDR, denen man fast automatisch Distanz oder Gegnerschaft zum Regime unterstellte, was im Falle Margs wohl auch zutraf) nicht zum Studium zugelassen. Das führte zu einer weiteren Flucht, über die damals noch offene Grenze nach Westberlin. Nachdem er dort 1956 sein Abitur zum zweiten Mal bestanden hatte, begann er das Studium der Architektur an der Technischen Universität, wobei eigentlich (später in vielen Beispielen realisiert) der Schutz des gebauten Erbes das Studienziel war. Dort traf er erstmals mit Meinhard von Gerkan zusammen, der ein ähnliches Schicksal hatte als mehrfach zur Flucht gezwungener Jugendlicher. Nach dem Bau der Mauer in Berlin 1961 zogen die beiden nach Braunschweig, das damals einen ausgezeichneten Ruf mit Professoren wie Friedrich Wilhelm Kraemer, Dieter Oesterlen und Walter Henn genoss.

Während des Studiums hatten Marg und von Gerkan bereits als „U-Boote“ (so der Studentenjargon) für andere Büros Wettbewerbe „geschrubbt“. Das offizielle Werkverzeichnis verzeichnet sogar schon für 1959 die erste „offizielle“ Arbeit Margs, die ihm gleich einen 2. Preis im Wettbewerb für ein Kreishaus in Niebüll einbrachte. Praktisch gleich nach dem Diplom 1964 gründeten von Gerkan und Marg ihr bis heute bestehendes, gemeinsames Architekturbüro gmp von Gerkan, Marg und Partner. Gleich im ersten Jahr 1965 gewannen sie nicht nur den Wettbewerb für den Bau des Flughafens Tegel, sondern erhielten auch den Auftrag zur Realisierung. In diesem ersten Jahr der Existenz des Büros, 1965, gewannen sie weitere Wettbewerbe, denen Aufträge folgten.

Die Liste der entworfenen und realisierten Gebäude sind lang – kein Wunder, wenn jemand seit 57 Jahren baut. Auf der einen Seite die Entwicklung eines neuen Bürohaustypus (Zürichhaus), mit dem die Tradition des Hamburger Kontorhauses schöpferisch weitergeführt wird. Der Wiederaufbau der „Fabrik“ oder der Restaurierung von Karl Schneiders Haus Michaelsen. Die vielleicht größte Leistung für seine Stadt Hamburg bestand wohl in dem Vorschlag zur Konversion eines ganzen Hafenareals, das heute als „HafenCity“ schrittweise verwirklicht wird. Margs Umwandlung des ehemaligen „Kesselhauses“ zum Informationszentrum, seine zweistöckigen Brückenlösung („Kibbelsteg“) oder das Parkhaus im Zuge der historischen Speicherstadt zeigen, wie man mit dem historischen Erbe des Ortes kreativ umgehen sollte: Eben nicht als Anregung für formale Spielereien, sondern als disziplinierte Auseinandersetzung mit dem Vorhandenen und dessen schöpferischer Weiterentwicklung.

Zum anderen findet man bei Volkwin Marg eine zunehmende „Lust am Technischen“, eine Lust an der Verbindung von Form und Konstruktion. Zahlreiche Stadionbauten sind in den letzten Jahren entstanden, ebenso Messebauten, die Neuen Messe Leipzig (1996).

Marg versteht seinen Beruf nicht in erster Linie als „Erfinder von Formen“, sondern als jemanden, die für eine Gesellschaft einen angemessenen Ort schaffen will. Er versteht sich zuerst und vor allem als Mensch mit einer Gesamtverantwortung, nicht als Nur-Architekt. Seine Zeit als Professor an der RWTH Aachen prägt ihn.

Gerne arbeitet Marg im Team. Er ist begierig darauf, von anderen zu lernen, um mit diesen (und hier sind vor allem der Konstrukteur Jörg Schlaich oder der Landschaftsplaner Hinnerk Wehberg zu nennen) etwas zu schaffen, was als Gesamtkunstwerk gelten kann.

Auf weitere Gesamtkunstwerke. Die DBZ gratuliert.

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