Spurensuche
Schaden bei einer Bodenbeschichtung

Zusammenfassung

Eine neue Bodenbeschichtung in einem Auto­haus wies gut sichtbare Unebenheiten sowie nicht entfernbare Spuren von den Reifen ausgestellter Fahrzeuge auf.

Es ergab sich, dass die Ebenheitstoleranzen im Bereich der Unebenheiten eingehalten waren. Dennoch stellen diese eine nicht hinnehmbare optische Beeinträchtigung dar, die bei Verwendung einer anderen Versiegelung voraussichtlich vermeidbar gewesen wäre.

Die „Reifenspuren“ in der Beschichtung resultieren aus einer chemischen Reaktion („Weichmacherwanderung“) zwischen Reifen und Beschichtung. Das Schadensbild wäre bei Einsatz geeigneter Komponenten des Beschichtungssystems nicht aufgetreten.

Sachverhalt

Im Ausstellungsraum eines Autohauses war auf einen bestehenden Bodenbelag eine Beschichtung aufgebracht worden. Bereits nach kurzer Zeit wurden durch den Eigentümer Mängel an der Beschichtung gerügt.

Das optische Erscheinungsbild entsprach nicht den Erwartungen. Zudem zeichneten sich Spuren der Fahrzeugreifen in der Beschichtung ab.

Im Rahmen einer Begutachtung sollte geklärt werden, auf welche Ursachen die gerüg­ten Erscheinungsbilder zurückzuführen waren und inwieweit die Bodenbeschichtung technisch mangelhaft war.

Feststellungen

Die Bodenbeschichtung wies einen dunklen Farbton sowie eine weiße Einstreuung auf. Dadurch ergab sich ein optisches Erscheinungs­bild ähnlich einem Granitbelag (Bild 1). Die Oberfläche besaß einen hohen Glanzgrad, der zu deutlichen Lichtreflektionen führte. Nach Auskunft der Beteiligten war die Beschichtung auf einen bestehenden Fliesenbelag aufgebracht worden.

Im gesamten Bereich des Ausstellungsraums waren aus üblichen Betrachtungs­­­­­­­-
po­sitionen Unebenheiten in der Bodenbe­schichtung gut sichtbar. Dabei war zu berücksichtigen, dass aufgrund der großen Schaufenster der Blick vielfach gegen das Licht gerichtet war (Bild 2). Aus niedrigeren – das heißt, unüblichen – Betrachtungspositionen waren die Unebenheiten besonders auffällig (Bild 3).

Zur Quantifizierung der Unebenheiten des Bodens wurden an mehreren Stellen im Bereich des Ausstellungsraums stichprobenartig Ebenheitsmessungen vorgenommen. Die Messungen erfolgten mittels Wasserwaage und Messkeil (Bild 4), wobei jeweils das Stichmaß sowie der zugehörige Messpunktabstand ermittelt wurden. Im Regelfall lagen die Stichmaße der Unebenheiten zwischen 0,5 mm und 1,0 mm bei Messpunktabständen zwischen 0,4 m und 1,0 m. Die größte ermittelte Unebenheit wies ein Stichmaß von 2 mm bei einem Messpunktabstand von 0,4 m auf.

Über die Unebenheiten hinaus waren „Reifenspuren“ in der Beschichtung – verur­sacht durch die ausgestellten Fahrzeuge – aus üblichen Betrachtungspositionen gut sichtbar (Bild 5). Die Beschichtung war jeweils im Bereich der Standfläche des Reifens schwarz verfärbt, wobei das Reifenprofil deutlich erkennbar war (Bild 6).

Nach Auskunft des Eigentümers wurde die Bodenfläche üblicherweise manuell mittels Wasser und haushaltsüblicher Reinigungsmittel gereinigt. Da sich die „Reifenspuren“ so nicht entfernen ließen, seien bereits Reinigungsversuche mit aggressiven Reinigungsmitteln bis hin zu säurehaltigen Reinigern sowie Verdünnung vorgenommen worden. Dies sei jedoch ohne Erfolg geblieben.

Zur Prüfung des Beschichtungsaufbaus wurden aus dem Bodenbelag zwei Proben entnommen. Dazu erfolgte jeweils eine Kernbohrung bis zum Klebemörtel des vormals bestehenden Fliesenbelags (Bild 7). Die Proben bestanden somit aus der Bestandsfliese mit aufgebrachtem Beschichtungssystem.

Bei den Proben war oberhalb der Fliese mit weißer Glasur jeweils eine Grundierung ersichtlich. Darüber befand sich mit einer Schichtdicke von etwa 2,5 mm die Beschichtung. Den oberen Abschluss des Beschichtungssystems bildete eine Versiegelung, die aufgrund der geringen Schichtdicke jedoch ohne Mikroskop nur eingeschränkt sichtbar war (Bild 8).

Bewertung

Die Unebenheiten in der Bodenbeschichtung sind in zweierlei Hinsicht zu beurteilen. Einerseits müssen die Grenzwerte für Ebenheitsabweichungen eingehalten werden. Andererseits ist eine Bewertung hinsichtlich des optischen Erscheinungsbildes erforderlich.

Die Grenzwerte für Ebenheitsabweichun­gen sind in der DIN 18202 festgelegt. Demnach sind bereits bei Zugrundelegung erhöhter Anforderungen für flächenfertige Böden Un­ebenheiten mit einem Stichmaß von maximal 1 mm bei einem Messpunktabstand bis zu 0,1 m und mit einem Stichmaß von maximal 3 mm bei einem Messpunktabstand bis zu 1,0 m zulässig. Die gemessenen Werte liegen insofern mit Ausnahme der größten ermittelten Unebenheit unterhalb der zulässigen Grenzwerte. Damit stellen die im Flächenbereich des Ausstellungsraums vorhandenen Unebenheiten keinen technischen Mangel im Sinne einer Überschreitung der Ebenheitsto­leranzen dar.

Die Bewertung des optischen Erscheinungs­bildes kann auf Grundlage einer in [2] beschriebenen Bewertungsmatrix erfolgen. Die Matrix unterscheidet verschiedene Grade der optischen Beeinträchtigung unter Berücksichtigung verschiedener Gewichtungen des optischen Erscheinungsbildes. Aus einer gebrauchsüblichen – das heißt, aufrecht stehenden – Position waren die Unebenheiten gut sichtbar. Die Blickrichtung gegen das Licht, die die optische Störwirkung der Unebenheiten unterstreicht, ist wegen der großen Schaufenster und der Geometrie des Ausstellungsraums als gebrauchsüblich zu bewerten. Dem Raum kommt aufgrund der Nutzung als Verkaufs- und Ausstellungsfläche zur Präsentation der Fahrzeuge eine gehobene repräsentative Bedeutung zu. Das Gewicht des optischen Erscheinungsbildes ist somit als wichtig bis sehr wichtig zu beurteilen. Damit sind die Unebenheiten gemäß [2] als nicht hinnehmbar zu bewerten. Dies bedeutet letztlich, dass eine Nacharbeit vorzunehmen ist, obwohl die Anforderungen hinsichtlich der Ebenheitstoleranzen erfüllt sind.

In diesem Zusammenhang spielt zusätzlich eine Rolle, dass die vorgefundene Versiegelung der Bodenbeschichtung nicht dem ausgeschriebenen Produkt entsprach; hierauf wird im Folgenden noch näher eingegangen. Das ausgeschriebene Produkt hätte zu einer Mattierung der Oberfläche geführt, wodurch Lichtreflektionen deutlich reduziert worden wären. Damit wäre bei Verwendung der ausgeschriebenen Versiegelung auch der Grad der optischen Beeinträchtigung geringer ausgefallen und die Unebenheiten wären damit gegebenenfalls hinnehmbar gewesen.

Zur Bewertung der „Reifenspuren“ in der Beschichtung wurde eine der entnommenen Proben zur Analyse in ein Labor gegeben. Die Untersuchung hatte zum Ergebnis, dass es sich bei der Grundierung und der Verlaufsbeschichtung um die ausgeschriebenen Produkte handelte. Für die Versiegelung war jedoch anstelle des ausgeschriebenen Produkts ein Material eines anderen Herstellers verwendet worden. Der Systemaufbau der Bodenbeschichtung entspricht somit weder der Ausschreibung, noch den Herstelleranforderungen.

Die „Reifenspuren“ bzw. die schwarzen Verfärbungen in der Bodenbeschichtung sind durch eine chemische Reaktion zwischen den Reifen und der Beschichtung verursacht. Bei dieser Reaktion migrieren sogenannte Weichmacher von einem Material – hier den Reifen – in ein anderes Material – hier die Bodenbeschichtung. Um das vorgefundene Schadensbild zu vermeiden, ist der Einsatz geeigneter Produkte mit ausreichender Chemikalienbeständigkeit bzw. „Reifenfestigkeit“ erforderlich.

Die ausgeschriebene und verwendete Verlaufsbeschichtung war zwar beständig gegenüber einigen Chemikalien; jedoch war diese Beschichtung nicht ausdrücklich durch den Hersteller als „reifenfest“ ausgewiesen. Stattdessen lag der Schwerpunkt bei der Verlaufsbeschichtung in der Erfüllung besonderer dekorativer Anforderungen. Insofern ist die ausgeschriebene und verwendete Verlaufs­beschichtung für den Einsatz im Ausstellungsraum eines Autohauses nur bedingt geeignet.

Die verwendete Versiegelung entsprach nicht dem ausgeschriebenen Produkt. Die Eigenschaften des verwendeten Produkts sind daher unbekannt. Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass die verwendete Versiegelung sich nachteilig ausgewirkt oder die Entstehung des Schadensbildes überhaupt erst ermöglicht hat.

Im Resultat wurde bei der Ausschreibung der Bodenbeschichtung der Fehler begangen, die technische Eignung nicht ausreichend zu überprüfen oder hinter die dekorativen Anforderungen zurück zu stellen. Bei der Ausführung wurde der Fehler begangen, für die Versiegelung ein nicht ausgeschriebenes und nicht systemkonformes Produkt zu verwenden. Dies wirkt sich aufgrund des hohen Glanzgrades einerseits in optischer Hinsicht negativ aus. Andererseits ist aufgrund der unbekannten Produkteigenschaften nicht aus­­zuschließen, dass die verwendete Versiegelung nicht ausreichend chemikalienbeständig und somit technisch ungeeignet ist. Insofern liegen Planungs- und insbesondere Ausführungsfehler vor.

Instandsetzung

Eine Instandsetzung ist einerseits zur Besei­tigung der optischen Beeinträchtigung durch die Unebenheiten und andererseits zur Herstellung eines systemkonformen und technisch geeigneten Beschichtungsaufbaus erforderlich. Um das letztgenannte Ziel sicher zu erreichen, muss ein vollständiger Neuaufbau der Bodenbeschichtung erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass

­– der vorbereitete Untergrund für das Beschichtungssystem geeignet ist,
– für die Grundierung, Beschichtung und Versiegelung systemkonforme Produkte möglichst eines Herstellers verwendet werden,
– die verwendeten Produkte eine ausreichen­de Chemikalienbeständigkeit bzw. „Reifenfestigkeit“ aufweisen und
– die Versiegelung möglichst zu einer Mattierung der Oberfläche führt, um die optische Störwirkung unvermeidbarer Unebenhei­ten – auch bei erhöhten Ebenheitsanforderungen – im hier ebenso unvermeidbaren Gegenlicht zu minimieren.

Der vollständige Neuaufbau des Beschichtungssystems ist mit einem erheblichen Aufwand und einer deutlichen Nutzungseinschränkung für den Ausstellungsraum verbunden. Daher ist aus wirtschaftlicher Sicht auch eine alternative Instandsetzung denkbar, die mit einem wesentlich geringeren Aufwand verbunden ist. Es wäre dann lediglich die vorhandene Versiegelung durch Anschleifen zu entfernen und anschließend in Abstimmung mit dem Systemhersteller eine geeignete matte Versiegelung aufzubringen. Zur Beseitigung der „Reifenspuren“ wäre darüber hinaus eine farbliche Einstellung der Versiegelung erforderlich. Das ursprüngliche Erscheinungsbild der Beschichtung würde hierdurch demnach verändert.


Literatur
[1] DIN 18202:2013-04 „Toleranzen im Hochbau – Bau- werke“
[2] Oswald, R., Abel, R.: „Hinzunehmende Unregel-
mäßigkeiten bei Gebäuden“, 3. Auflage, Vieweg- Verlag, 2005
[3] Benedix, R,: „Bauchemie – Einführung in die Chemie für Bauingenieure und Architekten“, 5. Auflage, Vieweg+Teubner Verlag, 2011
x

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